Hedgefunds, Spekulanten und gewissenlose Lobbyisten propagieren es schon seit mehr als hundert Jahren, das unbegrenzte Wachstum, das je besser ist, je höher es ausfällt. Und trotz aller Warnungen des Club of Rome, der erst vor kurzem wieder darauf hinwies, dass die Rohstoffvorräte der Erde endlich sind, schließen sich dem neoliberalen Ausbeutungslager jetzt auch bekennende linke Nachhaltigskeitsprediger an.
Der "Freitag", von einem herzenssozialistischen Verlagserben geführt, lässt keinen Zweifel an seinem Willen, die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen zu forcieren und nachfolgende Generationen mit noch höheren Schulden zu belasten. "Wider die Wachstumsbremse" nennt das Magazin des jungen Augstein einen Text, in dem Schulden als quasi inhaltsleere Rechengröße "wichtiger wirtschaftlicher Funktion" beschrieben werden. Je mehr Schulden, desto besser, heißt es sinngemäß weiter, denn "Staatsausgaben sind immer auch Einnahmen der Unternehmen und der Privathaushalte". Macht der Staat also viele Schulden, haben Firmen und Private hohe Einnahmen. Daraus können sie höhere Steuern zahlen, daraus erzielt der Staat hohe Einnahmen, deshalb muss er weniger Schulden machen..
Beim "Freitag" kann niemand rechnen, aber sie wissen, was zählt. Der gute Eindruck, die blanke Oberfläche, das batteriebetriebene Modell eines Perpetuum Mobile. Man suche ein paar Beispiele und zimmere daraus eine steile These: "In den meisten EU-Ländern kam es vor der großen Finanzmarktkrise zu keinem exzessiven Anstieg der Staatsausgaben", heißt es da, wobei für die genauen Zahlen etwa von Frankreich, Italien und Deutschland leider kein Platz war, weil sie das Bild doch ein bisschen gestört hätten. denn weiter heißt es "folglich schrumpften die Staatsquoten – Anteil der Staatsausgaben am Sozialprodukt."
Erst der "Super-Gau der Glaspaläste" habe dann "die Schulden europaweit explodieren" lassen, weil "die Bankenrettung aus privaten Schulden im Handumdrehen öffentliche Schulden" machte. "Konjunkturprogramme und Arbeitslosigkeit leerten die öffentlichen Kassen. Die Schuldenquote des Eurolands kletterte von rund 66 Prozent auf über 85 Prozent."
Nach der Lesart des "Freitag" eigentlich eine feine Sache. Besser jedenfalls als die "Zwangsdiät für die Staatshaushalte", die Angela Merkel Europa verordnen wolle. Deren Schuldenbremse sei "in Wirklichkeit eine Wachstumsbremse". Dabei handele es sich "unter dem Deckmantel der Sparpolitik um einen Generalangriff auf Arbeitnehmer, Rentner und Arbeitslose". Die Fantasie beim "Freitag" kennt keine Grenzen: "Staatsdiener werden entlassen, Löhne, Arbeitslosengeld und Renten gekürzt, öffentliches Eigentum wird verramscht..." empfindet das linksintellektuelle Blatt schon mal vor. Das verschärfe "die soziale Schieflage in den betroffenen Nationalstaaten und spaltet den alten Kontinent".
Muss nicht, kann nicht, darf nicht. Der "Freitag" hats rausgekriegt: Besser wäre "eine neue Ordnung auf den Kapitalmärkten", eine "direkte Staatsfinanzierung durch die Notenpresse der Zentralbank und ein gesetzliches Vorrecht der staatlichen Kassenwarte, selbst zu bestimmen, wieviel Zinsen sie auf frische Kredite bezahlen wollen. Dann kann jedes Loch mit billigem Geld gestopft, jeder Kredit in alle Ewigkeit mit Krediten bedient und das zur Wohlstandswahrung notwendige Wachstum aus der Zukunft geborgt werden.