Peri e.V. reagiert mit Befremden und Verwunderung auf die jüngste Stellungnahme des Yezidischen Forums Oldenburg und fordert die Offenlegung der Kriterien für die Vergabe von Fördergeldern für angeblich integrationsfördernde Maßnahmen.
Eine NWZ-Reportage mit dem Titel "Der einsame Weg in die Freiheit" hatte auf eindrucksvolle Art und Weise das Schicksal einer 27-jährigen yezidischen Mutter geschildert, die nach der Trennung von ihrem Ehemann eine Beziehung mit einem Deutschen eingegangen war. Sie erhielt kurz darauf Hunderte von SMS-Nachrichten, in denen sie als "Hure", "Nutte" oder "Schlampe" beschimpft wurde. Es kam auch zu offenen Drohungen sowie zu einer Entführung ihres Sohnes durch den leiblichen Vater.
Wer nun erwartet, dass das Yezidische Forum Oldenburg seine Möglichkeiten der Einflussnahme und Gestaltung verstärkt dazu nutzen würde, sich schützend vor diese Frau zu stellen, sieht sich abermals enttäuscht. Stattdessen wird einmal mehr der Beleg erbracht, dass in traditionellen und antimodernen Strukturen die Abwehr eines Rufschadens eindeutig Priorität besitzt gegenüber der Solidarisierung mit bedrohten Einzelpersonen: Der Schein einer heilen Gemeinschaft wird eben dadurch aufrechterhalten, dass eine Thematisierung von Gewalt an Frauen, Kindern und "Abweichlern" vermieden wird.
So schafft es der Vorstand des Yezidischen Forums Oldenburg, in einer Stellungnahme auf insgesamt acht Seiten das Schicksal der jungen Frau in den Hintergrund zu drängen und stattdessen darzulegen, warum seiner Meinung nach das wahre Opfer der gute Ruf der yezdischen Gemeinde sei: Es würden "... yezidische Mitbürgerinnen und Mitbürger erheblich belastet". Verharmlosend spricht man in der Stellungnahme von einem "Einzelschicksal", obwohl in der NWZ-Reportage der Leiter der Staatsanwaltschaft Oldenburg mit dem Satz zu Wort kommt: "Das ist kein Einzelfall." Die Kreisverbände der Linken und der Piratenpartei stellen sich schützend vor das Yezidische Forum Oldenburg und bezeichnen sie als "Institution, die für Dialog und ein friedliches Miteinander der Kulturen steht."
Ganz besonders aber befremdet uns, was am Ende des NWZ-Artikels zu lesen ist: Der Ex-Schwiegervater der betroffenen jungen Frau, der gegen sie gewalttätig geworden und dafür wegen Körperverletzung rechtmäßig verurteilt worden war, hatte am 8. Februar dieses Jahres einen Scheck über 150.000 Euro für das Yezidische Forum Oldenburg entgegengenommen - als Teil einer Projektförderung durch die Bundesregierung. Ironischerweise stehen im Mittelpunkt des Projektes yezidische Frauen und Mädchen.
Wir fragen uns: Wie ist es möglich, dass der Staat finanziell genau jene Strukturen großzügig unterstützt, von denen, wie im vorliegenden Fall, die Unterdrückung der Frauen und Mädchen selbst ausgeht? Die im Artikel genannte Summe ist beträchtlich und steht im argen Missverhältnis zu der Tatsache, dass jene Vereine und Initiativen, die sich tatsächlich für die Verbesserung der Lebenssituationen junger Migrantinnen einsetzen, bei Anfragen um finanzielle Unterstützung oft mit Absagen rechnen müssen. Peri e. V. spricht hier aus eigener leidvoller Erfahrung.
Wir fordern daher, dass Fördergelder mit mehr Sorgfalt und Bedacht verteilt werden und Gewalttäter der Öffentlichkeit nicht als Integrationshelfer verkauft werden. Eine größere Unterstützung jener Initiativen ist geboten, die sich wirklich für das Wohlbefinden betroffener Migrantinnen und Migranten einsetzen, und nicht für die sie beherrschenden autoritären Strukturen.
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