Die Lichterkette hängt endlich im Zimmer, der zweite Advent ist schon verstrichen - Zeit, die hauseigene Weihnachtsbäckerei zu eröffnen. Dieses Jahr will ich es wissen und wage mich an Zimtsterne: DIE Königsdisziplin im winterlichen Backwahn. Die Reaktionen auf mein Vorhaben sind nahezu überall die gleichen. Exemplarisch sei dafür meine Mutter zitiert: Du bist ja völlig wahnsinnig, Kind! Aber wenn sie fertig sind, will ich gern welche haben. Je mehr ich davon erzähle, Zimtsterne zu backen, desto mehr Angst bekomme ich. Das kann doch nicht so schwer sein - oder doch? Ich starte den Versuch.
Grundlage ist das Rezept meiner Großmutter Auf ratsame Hinweise aus der Familie muss ich verzichten, niemand hat sich je getraut sie nachzubacken, also habe ich mein eigenes Rezept notiert:
Das Basis-Rezept für meine Zimtsterne
3 Eiweiß Größe M
1 Prise Salz
250 Gramm Puderzucker
300-350 Gramm gemahlene Mandeln und/oder Haselnüsse (mit Schale!)
2 Teelöffel Zimt (oder mehr, nach Belieben)
1 Esslöffel weißer Rum
Backofen auf 140 Grad Ober-Unterhitze vorgeheizt (wichtig!)
Mandeln oder Haselnüsse in die Zimtsterne?
Diese Frage stellt man sich am besten bereits beim Einkauf. Sie lässt sich relativ leicht beantworten: Auf was man eben mehr Lust hat. Ich selbst bevorzuge eine Mischung, denn die Haselnüsse bringen vollmundigeres Aroma für die Zimtsterne mit, die Mandeln machen den Teig aber erst so richtig mürbe. Man kann sich auch auf eine Sorte beschränken, wenn man muss (Allergiker) oder möchte. Wichtig dabei: Von den Haselnüssen brauche ich tendenziell eher weniger, als wenn ich ausschließlich Mandeln verwende.
Zu Hause kann es dann losgehen: Ran an den Teig, vor dem sich alle so fürchten. Die Eiweiße werden mit der Prise Salz und dem Puderzucker steif geschlagen. Schon hier scheiden sich die Backblog-Geister: Puderzucker während oder nach dem Schlagen hinzufügen? Auch das Rezept von Oma gibt keine eindeutigen Hinweise, und darum backe ich zwei Varianten und teste. Meine Empfehlung: Eiweiß mit Salz steif schlagen, anschließend den Puderzucker portionsweise in die Masse sieben und vorsichtig mit einem Schneebesen unterheben. Der Grund ist denkbar einfach: Eiweiß mit Salz erreicht sichtbar und rasch seine perfekte Konsistenz. Gebe ich gleich Zucker mit dazu, kann das ganze aufgrund des vielen Zuckers gar nicht mehr so fest werden, wie es ohne Zucker wird, und ich rühre und rühre und rühre. Das sorgt dafür, dass zu viele Luftblasen in den Schnee kommen und er den Glanz verliert - beides unerwünschte Nebeneffekte, die später die Makellosigkeit der Zimtsterne fies gefährdet. Und mal ehrlich - wenn ich mir die Mühe schon mache, sollen sie auch so aussehen wie in meiner Vorstellung.
Von dieser Eier-Salz-Zucker-Masse müssen nun ca. 6 EL abgenommen und in eine separate Schüssel beiseitegestellt werden. Sie wird später die weiße Meringue-Glasur für die Sterne.
Wann ist der Zimtstern-Teig fertig?
Noch so eine Definition im Rezept von Oma, die beim ersten Lesen ein dickes Fragezeichen hinterlässt. Der Teig sei "fertig, wenn er fast nicht mehr klebt." Einmal an den Teig rangetraut, erweist sich das als der beste Hinweis aus ihrem Rezept. Man gibt nun Zimt, Mandeln und Haselnüsse in den Teig, hebt auch diese vorsichtig unter und rührt und knetet, bis man einen Teig hat, der gut knetbar, aber eben noch nicht ganz abgebunden ist. Er soll noch minimal kleben. Perfekt ist er, wenn ich meine Hände von ihm löse und dabei kleine Igel-Stachel aus Teig entstehen. Die Menge der Mandeln und Haselnüsse ist dabei von vielen Faktoren abhängig und darum so vage angegeben. Die konkrete Grammzahl hängt von der Größe der Eier und vom Mischverhältnis zwischen Mandeln und Haselnüssen ab. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Im Zweifelsfall rate ich dazu, lieber etwas weniger als zu viele Nüsse hinzuzufügen. Sonst wird der Teig zu fest und die Zimtsterne später pappig und massig.
Nun stelle ich den Teig eine halbe Stunde kühl. Er lässt sich dann für mein Empfinden besser verarbeiten. Ein guter Zeitpunkt, den Backofen auf 140 Grad vorzuheizen!
Zimtsterne ausstechen: Wie geht man vor?
Der Teig soll kleben. Das macht das Verarbeiten zu Sternen zu einer echten Herausforderung. Ich versuche, aller potentieller Klebeproblematik aus dem Weg zu gehen. Die Arbeitsfläche beriesele ich mit Puderzucker, den Teig rolle ich aus, in dem ich ein Stück Frischhaltefolie oder Bienenwachstuch zwischen ihn und das Nudelholz lege. Ausgerollt sollte der Teig eine Höhe von ca. 0.5-0.8 cm haben. Alles darunter wird zu hart beim Backen, alles darüber innen zu teigig. Damit die Sterne nicht an den Ausstechförmchen kleben, tunke ich deren Schnittfläche auch in Puderzucker. Das Ergebnis sind saubere, scharfe Kanten, die dafür sorgen, dass die Sterne auch gebacken eine akkurate Form behalten. Die ausgestochenen Sterne löse ich mit einem großen Messer von der Arbeitsfläche und platziere sie auf dem Backblech, das ich mit einem Backpapier ausgelegt habe.
Wie bekomme ich eine gleichmäßige Glasur ohne Risse?
Nun geht's ans Eingemachte: Die Glasur der Sterne. Hier habe ich mir ein paar Kniffe erarbeitet, die das ganze geschmacklich und optisch perfektionieren.
- Unter die Eischnee-Masse gebe ich einen Esslöffel weißen Rum. Das sorgt für wesentlich bessere Streichbarkeit der Masse und gibt den Zimtsternen geschmacklich was Besonderes. Der Trick kommt von Oma - und ich wundere mich endlich nicht mehr, warum mir bei anderen Zimtsternen immer irgendwie was gefehlt hat. Wer für Kinder backt: Keine Sorge: Der Alkohol verfliegt durch das Backen.
- Pinsel; keine Spritztülle! Bei meiner ersten Ofenladung Zimtsterne hielt ich mich für clever und spritzte mit einer winzigen Spritztülle die Eischneemasse auf die Sterne. Das Ergebnis: superakkurat aufgetragen, aber eine Menge hässlicher Risse nach dem Backen. Um den Pinsel kommt man einfach nicht herum - durch das Streichen drückt man noch einmal viele Bläschen aus der Masse, die Meringue-Glasur reißt auch beim Backen nicht.
- Der Pizzaschneider ist mein Freund. Ich lege die Sterne zum Bepinseln auf die Rückseite meines Pizzaschneiders. Beim Bepinseln kann ich sie so drehen, muss mich nicht verrenken und bekomme gleichmäßig ausgepinselte Sterne.
- Von innen nach außen pinseln: In die Mitte des Zimtsterns kommt ein Klecks Eischnee-Rum-Masse, die ich mit einem Küchenpinsel von innen Richtung Zacken ziehe. Je akribischer hier gearbeitet wird, um so schöner sehen die Sterne nachher aus - die Mühe lohnt sich also zweifelsfrei!
Wie lange backen meine Zimtsterne?
Die Zimtsterne werden nun für ca. 14 Minuten bei 140 Grad Ober-Unterhitze gebacken. Es ist essentiell, dass der Backofen vorgeheizt ist - sonst verlängert sich die Backdauer unnötig und der Gargrad der Zimtsterne passt nicht. Umluft tut den Sternen übrigens gar nicht gut!
Wann sind die Zimtsterne fertig?
Zimtsterne sind, wie viele selbstgebackene Kekse, kleine Trickser und härten erst nach dem Backen aus. Ein gutes Indiz ist die Unterseite der Sterne: Die Zacken sollten erkennbar gebacken sein und sich etwas fest anfühlen, die Mitte der Unterseite soll jedoch auf jeden Fall noch weich sein. Meistens bleibt der Eischnee beim Backen weiß - aber eben nur meistens. Um sicherzugehen decke ich meine Zimtsterne nach ca. 8 Minuten mit Alufolie ab.
Die Zimtsterne zur richtigen Zeit aus dem Ofen zu holen ist eine Sache von Sekunden - kurz zu lange drin, wird der Eischnee dunkel oder die Sterne hart, ein bisschen zu kurz und sie bleiben innen roh. Das Backen ist also ein heikler Akt und von Ofen zu Ofen unterschiedlich. Am besten ihr bleibt dabei und probiert nach 12, 13, 14 Minuten und schaut, wann euch die Konsistenz am meisten zusagt.
Mein Fazit: Diese Kekse sind jeden kleinen Anflug von Verzweiflung, die während des Backens aufkamen, wert. So zart und mürbe, dass sie auf der Zunge schmelzen, dazu die knusprige Schicht aus Eischnee und der herrlich zimtige Geschmack - einfach unschlagbar! Von Mal zu Mal Backen fallen sie leichter, man bekommt ein Gefühl dafür, wie Teig und Eischnee sich anfühlen müssen und auch das mit den Rissen in der Meringue-Glasur wird von Backvorgang zu Backvorgang besser. Also: Nur Mut!