Versiegende Rohstoffvorkommen, rasant wachsende Nachfrage in Schwellenländern, steigende Umweltschutzanforderungen – all diese Faktoren sind verantwortlich für explodierende Rohstoffpreise. Ohne eine effizientere Kreislaufwirtschaft und verbessertes Recycling lässt sich die Situation nicht lösen. Forscher entwickeln neue Trenn- und Sortiertechniken für ressourcenschonendes Produzieren.
Die weltweiten Rohstoffreserven schrumpfen seit Jahren, Europa ist von dieser Entwicklung besonders betroffen: Politiker befürchten eine zunehmende Rohstoffknappheit in den EU-Ländern. 14 von der Industrie stark nachgefragte Rohstoffe hat eine Expertengruppe der EU-Kommission bereits als kritisch eingestuft. Dazu gehören beispielweise Kobalt, das für Lithium-Ionen-Akkus benötigt wird, sowie Tantal für Handys. Prognosen zufolge wird sich die Nachfrage nach vielen dieser Rohstoffe bis 2030 verdreifachen. Um Engpässen entgegenzuwirken, empfehlen EU-Experten eine Reihe von Maßnahmen, eine davon ist das effizientere Recycling von Rohstoffen. »Wir müssen handeln, damit die Versorgung unserer Industrie mit Rohstoffen nicht ins Stocken gerät. Wir brauchen faire Bedingungen auf außereuropäischen Märkten, mehr Ressourceneffizienz und mehr Recycling«, so der ehemalige EU-Kommissionsvizepräsident Günter Verheugen.
Mit dem Übermorgen-Projekt »Molecular Sorting for Ressource Efficiency« wollen Fraunhofer-Forscher konsequentes Wiederverwerten und Produzieren in Kreisläufen vorantreiben. Dabei verfolgen sie den Ansatz, ohne den Einsatz neuer Rohstoffe zu produzieren. Indem Sekundärrohstoffe in Kaskaden immer weiter verwertet und in den Produktionsprozess zurückgeführt werden, lassen sich natürliche Ressourcen in großem Umfang einsparen. An dem Projekt beteiligt sind die Fraunhofer-Institute für Chemische Technologie ICT, für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, für Silicatforschung ISC, für Keramische Technologien und Systeme IKTS, für Bauphysik IBP und für Holzforschung - Wilhelm-Klauditz-Institut WKI.
Ziel der Wissenschaftler ist es, neue Verfahren zur Stofftrennung zu entwickeln. »In der Automobilbranche etwa werden heute leichte Hochleistungswerkstoffe zu Hybridbauteilen kombiniert, Montageträger und Dachstrukturen etwa bestehen aus solchen Bauteilen. Diese werden übermorgen zum Recycling anstehen. Solche Hochleistungswerkstoffe erfordern aber auch neue Trenn- und Sortiertechniken. Mit konventionellen Recycling- und Produktionsprozessen werden sich Primärrohstoffe künftig in vielen Fällen nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll ersetzen lassen«, sagt Projektkoordinator Dr.-Ing. Jörg Woidasky vom ICT. Im Gegensatz zu bisherigen Methoden wollen die Wissenschaftler die relevanten und insbesondere die knappen Rohstoffe bereits in den Produktionsbetrieben oder im ersten Aufbereitungsschritt abtrennen und in nur wenigen Schritten aufbereiten. »Die Trennprozesse sollen nun erstmals auf der kleinsten erforderlichen – das heißt bis hinab auf die molekulare – Ebene erfolgen: Molecular sorting«, erläutert Woidasky. Dabei legen die Wissenschaftler den Fokus auf Metalle sowie auf Stoffströme aus den Bereichen mineralische, biogene, organische und silicatische Rohstoffe.
Im Visier der Forscher ist unter anderem auch Altholz, das mit rund acht Millionen Tonnen pro Jahr zu einem der größten industriell produzierten Stoffströme in Deutschland gehört. Hierzulande werden jedoch nur rund 20 Prozent der Holzabfälle für Recyclingzwecke genutzt. Die Ursache: Die Altholzverordnung schreibt vor, dass mit halogenorganischen Verbindungen beschichtetes Material oder mit Holzschutzmitteln behandeltes Holz
»In den nächsten zehn Jahren werden weitere Demonstratoren folgen, mit denen wir beispielsweise seltene Metalle aus Verbrennungsrückständen und seltene Wertstoffe aus Heißgasen zurückgewinnen. Im Laufe des Projektes werden wir einen kompletten Methodenbaukasten zur Wieder- und Weiterverwertung von Werkstoffen erarbeiten und damit unterschiedlichste Branchen ansprechen, etwa den Automobil-, Maschinen- und Anlagenbau. Denn eines steht fest: Ressourceneffizientes Produzieren wird in Deutschland künftig zum Wettbewerbsfaktor«, resümiert Woidasky.