Samuel Pepys lebt in London, arbeitet für den gnädigsten Herrn, macht sich beständig Gedanken über Geld und läuft von A nach B, C und D. Er läuft eigentlich ständig und meistens macht er dabei Zwischenstopps um in einem Pub etwas zu trinken, dabei hat er immer Gefährten. Er arbeitet für den gnädigen Herrn, welcher nicht Gott ist aber scheinbar auch keinen Namen hat (außer man guckt in den Companion: Es handelt sich um Edward Mountagu, Erster Graf von Sandwich.)
Das war der erste Leseeindruck vom Tagebuch selbst und dem Jahr 1660... aber natürlich passieren nicht nur die alltäglichen Dinge. General Monck marschiert mit seinen Truppen in London ein und sorgt damit dafür, das das Parlament neu gewählt werden muss. Der Weg ist frei für die Rückkehr des im Exil lebenden Königs und die Restauration. Oliver Cromwell ist tot , sein Sohn konnte das aufständische Volk nicht zusammenhalten... und als erster Sekretär des Flottenamtes und an der Seite des gnädigen Herrn geht Samuel Pepys an Bord eines der Schiffe, welche sich nach Holland aufmachen um Charles II zurück zu holen ins heimatliche England
In der Mitte des Jahres ist diese Mission erfüllt und Pepys, der sich nun Esquire nennen darf, bezieht mit seiner Frau eine neue Wohnung in die Nähe des Towers. Es geht aufwärts und die Geldsorgen lassen ein wenig nach...
Und zwischen drin passiert dem Herrn Pepys so manches oft sehr persönliches oder auch seltsames und wenn er auch über Geschäftliches oft schweigt, so schreibt er doch sehr offenherzig über allerhand sehr privates.
28. Mai 1660:
"Ich hatte in der Nacht einen seltsamen Traum, daß ich mich vollpinkeln würde, was ich auch wirklich tat. Und da ich meine Decke weggestrampelt hatte, wurde mir kalt, und morgens war ich klitschnaß und hatte große Schmerzen beim Wasserlassen, was mich sehr beunruhigte."
Ein ziemlich peinliches Ereignis, aber Pepys vertraut es seinem Tagebuch an, vielleicht auch um seine Sorge über alles was mit seiner Verdauung zu tun hat loszuwerden, denn er neigt zu Blasensteinen und hatte bereits einen schmerzhaften Eingriff. Ein privates Detail, an dem ich ablesen kann, wie dicht er uns dann doch, zwischen all dem herumlaufen und kurzen Abrissen seines Tages an seinem Alltag teilhaben lässt.
Er notiert aber auch echte Skurilitäten seine Zeit, der Kollision zwischen Aberglauben und Wissenschaft, die für seine Zeit so typisch ist.
23. Juni 1660:
"Ich blieb in Whitehall, um zu sehen wie der König den Leuten, die an Skrofeln leiden, die Hand auflegt, aber er kam nicht, weil es stark regnete, und die armen Leute waren gezwungen, den ganzen Vormittag im Garten im Regen zu stehen. Anschließend berührte er sie im Banketthaus."
Wer wissen möchte was es genauer damit auf sich hat, der kann sich hier über Skrofulose und das seltsame Ritual informieren.
In den nächsten Beiträgen werde ich wohl vermehrt auf solche amüsanten und seltsamen Fundstücke eingehen. Davon gibt es in den Tagebüchern nicht zu wenig und es ist ein interessantes Stück Zeitgeschichte um ein wenig Einblick in die Gedankenwelten vergangener Jahrhunderte zu erhalten.
Bis dahin,