Peinliche PR-Posse: Es fährt ein Boot nach nirgendwo

Immer wieder lenke ich den Blick auf das Treiben sogenannter Nichtregierungsorganisationen. Die Bezeichnung ist im Grunde ein Witz, weil NGOs in der Regel sehr wohl regierungsnah sind und sich politisch wie finanziell auf staatliche Unterstützung verlassen können. Der wesentliche Unterschied zur regierenden Politik ist, dass sie sich dem Bürger nie in demokratischen Wahlen stellen und sich auch ansonsten gegenüber niemandem so recht verantworten müssen. Neben den vielen bekannten NGOs wachsen immer wieder neue Organisationen aus dem Boden, die zumeist eher unterhalb der Wahrnehmungsschwelle agieren. Ihr Antrieb ist nicht der Wunsch, Schattenregierungen zu errichten, sondern purer Idealismus. Eine dieser jungen, idealistischen Organisationen ist “Sea Watch”, und es ist beachtlich, wie schnell das im Frühjahr gestartete Projekt die Politik erreicht hat. Der Verein, der sich der Ersthilfe für in Seenot geratene Flüchtlinge verschrieben hat, kommt Medien und Politik wie gerufen. Kein Wunder, dass einige nun gierig die sich bietende Chance zur Selbstinszenierung ergriffen haben, allen voran die frisch gewählten Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei im Bundestag, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch. Parallel zu ihrer Kür wollten beide das Blitzlichtgewitter für sich nutzen.

Mehr als 120 Personen standen am Dienstag in einem Schlauchboot, dessen Kapazität nach Angaben von “Sea Watch” nur für ein Viertel der Mitfahrenden ausgelegt war. Mit ernsten Gesichtern posierten sie für die Fotografen, die das friedlich am Ufer der wellenlosen Spree dümpelnde Boot fotografierten und filmten. “Sea Watch” wollte mit der Aktion vor allem gegen die bewaffneten Anti-Schlepper-Einsätze der Europäischen Union protestieren, an denen auf dem Mittelmeer auch fast 1000 Bundeswehrsoldaten mitwirken. Doch Medienschaffende und Politiker schrieben lieber ihre eigene Story – sehr zum Leidwesen der Initiatoren. Weil sich der abstrakte Truppeneinsatz gegen anonyme Schleuser so viel schlechter für auflagenträchtige Schlagzeilen und die eigene Vermarktung eignen, wurde der spektakuläre Protest kurzerhand als Selbsterfahrung einer gefährlichen Mittelmeerüberfahrt inszeniert. Doch da hatten die Journalisten und ihre politischen Kumpanen die Rechnung ohne den inzwischen sensibilisierten Bürger gemacht, der längst die Nase voll hat vom medialen Flüchtlings-Overkill. “Peinlich, geschmacklos und pervers” fand ein großer Teil der Internetgemeinde das in den sozialen Netzwerken zur Schau gestellte Schlauchboot-Drama.

Die gut gemeinte Aktion verpuffte, weil sich einige Selbstdarsteller der Initiative bemächtigten. Dass ausgerechnet Sahra Wagenknecht auf der Spree dafür posierte, auf die für Flüchtlinge so gefährlichen Gewässer aufmerksam zu machen, hat einen besonderen Beigeschmack. Die eifrigste Verfechterin der kommunistischen Ideologie stand dabei an jener Stelle, an der der von ihr so gerne verteidigte “DDR”-Unrechtsstaat jahrzehntelang Menschen erschießen ließ, die dem Regime entkommen wollten. Wer sich nie vom Terror einer mordenden Diktatur distanziert hat, sollte sich besser nicht als Beschützer afrikanischer Flüchtlinge inszenieren. Fragwürdig war die PR-Aktion aber noch aus einem anderen Grund: Wem nutzt es, das Leid Verfolgter nachzustellen? Und was kommt als nächstes? Werden bald auch die Enthauptungen des Islamischen Staates “nachgespielt”? Ehrenwert wäre dies womöglich, und vielleicht wäre es sogar eine gute Idee, wenn auch an dieser Selbsterfahrung die hohe Politik teilnehmen würde. Es darf jedoch bezweifelt werden, dass sie sich hierfür hergibt. Mit einer Rettungsweste ins seichte Wasser zu fallen, ist eben doch etwas anderes, als wenn einen aus Versehen die Klinge trifft. Da belässt man es lieber bei einer Kaffeefahrt auf der Spree.


Tagged: Flüchtling, Mittelmeer, Schlepper, Sea Watch, Wagenknecht

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