Pearl Jam
„Gigaton“
(Republic)
Ist das etwa undankbar? Oder anders: Was haben wir wohl erwartet, wenn Pearl Jam als die einzigen Überlebenden des Grunge der frühen 90er nach sieben Jahren noch einmal zum vermeintlich großen Wurf ansetzen? Nun, der Status dieser Band ist von einer Vitalität, dass man es fast mit der Angst zu tun bekommt – jedes ihrer bislang zehn Studioalben erreichte mindestens die Top Five der US-Charts, die Hälfte sprang sogar an die Spitze (was jetzt nicht zwingend etwas über deren Qualität aussagt, wohl aber über Erwartungshaltung und Treue der Anhängerschaft). Man darf wohl behaupten, dass Pearl Jam sowohl den Aufstieg als auch den Triumph des besagten Genres vorangetrieben haben, nicht wenige behaupten allerdings, als maßgebliche Galionsfiguren wären sie auch für die Kommerzialisierung und den Niedergang desselben verantwortlich. Zwei Schlagworte, die einem da sofort in den Sinn kommen: Cameron Crowe und Citizen Dick. Ersterer hat als Regisseur den damaligen Kinoerfolg des Grunge-Films „Singles“ zu verantworten, letzteres ist der Name der Band, in welcher Eddie Vedder, Jeff Ament und Stone Gossard, die drei maßgeblichen Pearl-Jam-Mitglieder, für den Streifen die Vorzeige-Slacker mimten. Einen Gefallen haben sie sich damit, zumindest in der Rückschau, nicht getan, die Behauptung, im Vergleich zu den ungleich kompromissloseren Nirvana wären Vedder und Kollegen nur Poser, wurde dadurch nicht wirklich entkräftet.
Vorurteile, größtenteils – sicher. Politisch integer waren Pearl Jam seit jeher, fehlende Leidenschaft konnte man ihnen (bis dato) ebenfalls kaum vorwerfen und dass eine unnachgiebige Haltung zwingend mit Selbstzerstörung – siehe Kurt Cobain – einhergehen muß, will nun auch niemand ernsthaft behaupten. Und trotzdem ist die neue Platte nicht weniger als eine Enttäuschung. Kein großer Wurf, giga sind an ihr nur die zu erwartenden Umsätze der nachfolgenden Stadiontour – was ist schiefgelaufen? Augen-(oder besser: ohren-)fällig gehen dem sonst so kraftstrotzdenden Quintett schon nach drei Songs die Wucht und die Ideen aus – „Who Ever Said“, „Superblood Wolfmoon“ und vor allem das (zugegebenermaßen) großartige „Dance Of The Clairvoyants“ starten mit viel Energie, markigen Riffs und eingeflochtenen Synth-Melodien, doch schon das folgende „Quick Escape“, ein recht konventioneller Rockfetzen, vermag dann aber das feine elektrische Gitarrensolo nicht mehr retten. Was folgt, ist müdes, nicht sonderlich inspiriertes Midtempo, mittelmäßige Americana, oldschool Bluesrock, Psychedelic, Balladen. Hier tritt einen nichts mehr in den Arsch (was doch in Zeiten wie diesen und in einem Heimatland wie dem ihren so bitter nötig gewesen wäre), Pearl Jam erscheinen vielmehr ideenlos und ob des großen Echos im Vorfeld vielleicht auch etwas selbstgefällig.
Und die Texte? Nun, auch da werden sie einerseits ihrer Rolle als Mahner, Proklamierer und politische Aktivisten gerecht. Erwartungsgemäß drehen sich die meisten Stücke um den besorgniserregenden Zustand des Planeten und die dürftige, weil verkümmerte Willensbildung daheim. Trump bekommt sein Fett weg (wenn auch in überschaubarem Maße), es wird viel gehofft und gebangt, in Frage gestellt und bezweifelt: „Focus on your focusness, don't allow for hopelessness, I've been hoping that our hope dies last. I don't know anything, I question everything, this life I love is going way too fast“ heißt es noch am Anfang, spätestens jedoch mit dem Doppel „Alright/Seven O’Clock“ kippt das Ganze in eine Art erbaulich-beschauliche Trostlosigkeit, die nur noch selten gebrochen wird, von der Wut früher Tage – Anlass genug gäbe es ja – ist nicht mehr viel zu hören. Ganz am Schluß wie zum Beweis ein paar dramatische Chöre, die sehnsüchtige Tagträumerei von „River Cross“ ergeht sich in düsteren Bildern. Gut gemeint das alles, gut gemacht ist es nicht, gefälliger Mainstream mit allzu vorhersehbaren Botschaften. Den Kampf gegen das etablierte System werden andere, jüngere ausfechten müssen, dieses Album holt niemanden von der Couch.
23.06. Frankfurt, Festhalle
25.06. Berlin, Waldbühne
07.07. Wien, Stadthalle
17.07. Zürich, Hallenstadion
„Gigaton“
(Republic)
Ist das etwa undankbar? Oder anders: Was haben wir wohl erwartet, wenn Pearl Jam als die einzigen Überlebenden des Grunge der frühen 90er nach sieben Jahren noch einmal zum vermeintlich großen Wurf ansetzen? Nun, der Status dieser Band ist von einer Vitalität, dass man es fast mit der Angst zu tun bekommt – jedes ihrer bislang zehn Studioalben erreichte mindestens die Top Five der US-Charts, die Hälfte sprang sogar an die Spitze (was jetzt nicht zwingend etwas über deren Qualität aussagt, wohl aber über Erwartungshaltung und Treue der Anhängerschaft). Man darf wohl behaupten, dass Pearl Jam sowohl den Aufstieg als auch den Triumph des besagten Genres vorangetrieben haben, nicht wenige behaupten allerdings, als maßgebliche Galionsfiguren wären sie auch für die Kommerzialisierung und den Niedergang desselben verantwortlich. Zwei Schlagworte, die einem da sofort in den Sinn kommen: Cameron Crowe und Citizen Dick. Ersterer hat als Regisseur den damaligen Kinoerfolg des Grunge-Films „Singles“ zu verantworten, letzteres ist der Name der Band, in welcher Eddie Vedder, Jeff Ament und Stone Gossard, die drei maßgeblichen Pearl-Jam-Mitglieder, für den Streifen die Vorzeige-Slacker mimten. Einen Gefallen haben sie sich damit, zumindest in der Rückschau, nicht getan, die Behauptung, im Vergleich zu den ungleich kompromissloseren Nirvana wären Vedder und Kollegen nur Poser, wurde dadurch nicht wirklich entkräftet.
Vorurteile, größtenteils – sicher. Politisch integer waren Pearl Jam seit jeher, fehlende Leidenschaft konnte man ihnen (bis dato) ebenfalls kaum vorwerfen und dass eine unnachgiebige Haltung zwingend mit Selbstzerstörung – siehe Kurt Cobain – einhergehen muß, will nun auch niemand ernsthaft behaupten. Und trotzdem ist die neue Platte nicht weniger als eine Enttäuschung. Kein großer Wurf, giga sind an ihr nur die zu erwartenden Umsätze der nachfolgenden Stadiontour – was ist schiefgelaufen? Augen-(oder besser: ohren-)fällig gehen dem sonst so kraftstrotzdenden Quintett schon nach drei Songs die Wucht und die Ideen aus – „Who Ever Said“, „Superblood Wolfmoon“ und vor allem das (zugegebenermaßen) großartige „Dance Of The Clairvoyants“ starten mit viel Energie, markigen Riffs und eingeflochtenen Synth-Melodien, doch schon das folgende „Quick Escape“, ein recht konventioneller Rockfetzen, vermag dann aber das feine elektrische Gitarrensolo nicht mehr retten. Was folgt, ist müdes, nicht sonderlich inspiriertes Midtempo, mittelmäßige Americana, oldschool Bluesrock, Psychedelic, Balladen. Hier tritt einen nichts mehr in den Arsch (was doch in Zeiten wie diesen und in einem Heimatland wie dem ihren so bitter nötig gewesen wäre), Pearl Jam erscheinen vielmehr ideenlos und ob des großen Echos im Vorfeld vielleicht auch etwas selbstgefällig.
Und die Texte? Nun, auch da werden sie einerseits ihrer Rolle als Mahner, Proklamierer und politische Aktivisten gerecht. Erwartungsgemäß drehen sich die meisten Stücke um den besorgniserregenden Zustand des Planeten und die dürftige, weil verkümmerte Willensbildung daheim. Trump bekommt sein Fett weg (wenn auch in überschaubarem Maße), es wird viel gehofft und gebangt, in Frage gestellt und bezweifelt: „Focus on your focusness, don't allow for hopelessness, I've been hoping that our hope dies last. I don't know anything, I question everything, this life I love is going way too fast“ heißt es noch am Anfang, spätestens jedoch mit dem Doppel „Alright/Seven O’Clock“ kippt das Ganze in eine Art erbaulich-beschauliche Trostlosigkeit, die nur noch selten gebrochen wird, von der Wut früher Tage – Anlass genug gäbe es ja – ist nicht mehr viel zu hören. Ganz am Schluß wie zum Beweis ein paar dramatische Chöre, die sehnsüchtige Tagträumerei von „River Cross“ ergeht sich in düsteren Bildern. Gut gemeint das alles, gut gemacht ist es nicht, gefälliger Mainstream mit allzu vorhersehbaren Botschaften. Den Kampf gegen das etablierte System werden andere, jüngere ausfechten müssen, dieses Album holt niemanden von der Couch.
23.06. Frankfurt, Festhalle
25.06. Berlin, Waldbühne
07.07. Wien, Stadthalle
17.07. Zürich, Hallenstadion