“Paywall” Ein Begriff, den Sie ab jetzt öfter hören werden

Von Politropolis @sattler59

Zaster für Online – Zeitungslektüre

Seit Mittwoch (12.12.2012) hat die Online-Ausgabe der “Welt” eine sogenannte “Paywall” eingeführt. Die deutschsprachige Online-Zeitung des Springer-Verlages setzt darauf, dass seine Artikel so begehrt sind, dass seine Leser gerne dafür bezahlen wollen. Wie das Konzept aussieht, beschreibt die Online Zeitung hier “In eigener Sache” Das Vorbild hierfür sei die New-York-Times, die ein soches “Digital Subscription System” bereits Anfang 2011 ankündigte. (1)
Es handelt sich dabei um ein neuartiges Bezahl-Modell, das man mit dem Überbegriff “Paywall” bezeichnet, also einer elektronischen Hürde, die man gegen die Entrichtung von Geld überwinden kann.

Ausgedient – Kostenpflichtige Zeitungen


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Feine Sache für die Verlage. Gewöhnen Sie sich schonmal dran, dass dieses Modell bei den größeren Verlagen Schule machen wird, denn die Einführung bei einem einzelnen Unternehmen wird voraussichtlich keinen Sinn machen, wenn die anderen nicht mitziehen.  (Das Tankstellenprinzip macht es erfolgreich vor: Wenn eine Tanke erhöht, ziehen die anderen nach. ) Aber es geht voraussichtlich im Konzert der aktuellen Diskussionen um die Macht im Internet um viel mehr, als das Geld-Verdienen: Bereits bei dem “Leistungsschutzrecht”, das die Politik auf Druck wirtschaftlich starker Medien und Verlage einführen soll, spielt der Axel-Springer-Verlag eine Vorreiterrolle. (Dazu auch dieser <Artikel>) (2)

Zaster für Zitate

Kritiker befürchten eine “per Gesetz” eingeschränkte Meinungsfreiheit und Meinungs-Monopolisierung im Internet, die darüberhinaus zu Abmahnwellen gegen kleinere, unabhängigere oder private Internet-Magazine und Blogger führen, die beim Zitieren, Quellenangaben oder Aufgreifen von Themen Formfehler machen könnten.  Perspektivisch wird die Teilnahme an der öffentlichen Diskussion in dieser Form eine Angelegenheit für die einen, die das Geld dafür zahlen, während diejenigen beim Informationsfluss und Meinungsbildungsprozess behindert oder abgeschnitten werden, denen die Mittel dafür fehlen, für ein breites Spektrum an “Qualitätsmedien” Geld zu entrichten.

Zeitgleiche Konferenz in Dubai – Zufall?

Zeitgleich mit der Reglementierungs- und Kommerzialisierungswelle der Rechteverwerter und Verlage im Internet laufen die Einflussnahme- und Überwachungs-Strategien von Staaten, Regierungen und Unternehmen, die zuletzt mit einer Konferenz am 3. Dezember dieses Jahres in Dubai für Aufregung sorgten. “Unter dem Deckmantel der Kriminalitätsbekämpfung im Netz sollen beispielsweise Internetprovider die Herkunft eines jeden Datenpaketes identifizieren, das durch ihre Leitungen fließt… “ (3) Von der Öffentlichkeit wollten die Konferenzteilnehmer bei ihren Plänen zur Überwachung des Internets nicht gestört werden.

Zauberhafte Zukunft: Marktkonforme Freiheit

Wer naiverweise glaubt, er hätte mit seinem neuen internetfähigen Smartphone, Tablet- oder mobilen PC ein uneingeschränktes Informations- und Kommunikationsmedium, wird in den nächsten Jahren aufwachen, wenn er plötzlich feststellt, dass er mit “Paywall” eine Geldruckmaschine für Verlage sein eigen nennt. Gleichzeitig werden mittels Flatrate-Verträgen Kommunikations-Konzerne finanziell bedient, die Positions- und Nutzungsdaten (natürlich per Gesetz und nur bei Verdachtsfällen) zur Überwachung und Kontrolle -an wen auch immer- weitergeben. Frau Merkel könnte dieses Konzept bald als “marktkonforme Freiheit” definieren.

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Quellen – weiterführende Links

(1) New York Times: “The Times Announces Digital Subscription Plan”
(2) politropolis: “Leistungsschutzrecht geplant”
(3) politropolis: “Stopp! Internet unter der Kontrolle von Staaten und Unternehmen geplant”
Foto: “Zeitungen” by Verena N., http://www.pixelio.de

Artikel zum Thema:
Welt-Online: “In eigener Sache”
Taz – Springer-Verlag führt Paywall ein
und: humanicum: “Springer will nun Geld….”