✰ Paulo Coelho – Aleph

✰ Paulo Coelho – AlephMein lieber Paulo Coelho,

wir kennen uns noch nicht sehr lange – und auch nicht besonders gut. Vielmehr ist diese Bekanntschaft eine sehr einseitige. Zwei Ihrer Bücher stehen bereits in meinem Regal, das eine – Der Alchemist- bereits gelesen, das andere – Schutzengel – noch ungelesen. Da flatterte mir Aleph zu. „Roman“ steht auf dem Schutzumschlag, doch schon nach den ersten Seiten weiß ich nicht mehr, ob ich das glauben kann, denn Sie selbst sind ja Erzähler und Hauptfigur in einem. Müsste es dann nicht den Zusatz „autobiografisch‘“ tragen? Oder ist es vielleicht nur ein Kunstgriff Ihrerseits um sich selbst in den Mittelpunkt zu rücken? Ist am Ende alles nur eine Geschichte, ein Produkt Ihrer Phantasie?

Wie dem auch sei – ich versuchte mich auf die Geschichte einzulassen. Las Ihr Vorwort, die ersten Kapitel, bis ich zu dem Teil gelangte, von dem im Klappentext die Rede ist. Die Begegnung mit der jungen Geigerin. Hilal, die junge Frau, die ursprünglich aus der Türkei stammt und nun in Russland lebt, steht plötzlich vor Ihnen und kündigt an, Sie auf Ihrer Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn begleiten zu werden. Sie fragt erst gar nicht, nein – sie stellt das einfach so fest. Und Sie lassen sie. Genau an diesem Punkt verstehe ich Sie nicht, Paulo, denn die junge Frau ist Ihnen und Ihrer Entourage doch ganz offensichtlich äußerst lästig. Liegt es daran, dass Sie sich trotz allem geschmeichelt fühlen von der Tatsache, dass eine junge hübsche Frau Sie anziehend findet? Ja, Sie sind verheiratet, aber erwähnen Sie nicht auch, dass Sie nicht unbedingt der treueste aller Ehemänner sind? Warum also nicht einfach einen kleinen Seitensprung wagen?

Weil es nicht geht. Weil Sie mit Ihrer Frau etwas ganz besonderes verbindet. Und weil – ja, das ist etwas das ich nun wirklich nicht verstehe – weil Sie mit Hilal zusammen ins Aleph eintreten. Das Aleph. Eine Art Paralleluniversum, in dem Sie eine Chance erkennen, wie Sie eine alte Schuld wieder gut machen können. Es tut mir leid, dass ich Sie hier gedanklich verlassen muss. Ich respektiere Ihre Spiritualität, aber meine ist sie nicht. Für mich ergehen Sie sich hier in konfusen Erläuterungen, Ausreden, verbalen und gedanklichen Fluchtversuchen um nicht mit Hilal im Bett zu landen.

Paulo, Sie werden mir zum Ende hin leider immer unsympathischer. Sie kommen mir reichlich selbstgefällig vor, wie Sie da mit einer ganzen Gefolgschaft durch Russland reisen und es scheinbar doch zu genießen, von Hilal angehimmelt zu werden. Wollten Sie sie jemals loswerden? Dass mir Hilal mit ihrer selbstbemitleidenden und ach so leidenden Art auch nicht sympathischer ist, das möchte ich hier einmal außen vor lassen, das würde zu weit führen. Und immerhin geht es in dem ganzen Roman ja auch eher um Sie selbst als um jemand anderen.

Nein, Paulo, ich denke wir werden keine Freunde werden – auch wenn ich Ihnen nicht absprechen kann, dass Sie schreiben können. Das können Sie wirklich!

Gebundene Ausgabe: 309 Seiten, erschienen bei Diogenes, Januar 2012. Aus dem Brasilianischen Maralde Meyer-Minnemann, Originaltitel: O Aleph.
ISBN: 978-257068108

✰ Paulo Coelho – Aleph

Vielen Dank an den Diogenes Verlag für die Bereitstellung von Aleph. Außerdem ein großes Dankeschön an Blogg dein Buch - für die „Vermittlung“.



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