Gewandert wird auch dieses Wochenende nicht; ich will zuerst meine Erkältung ganz kurieren, zu der in den letzten Tagen ein terroristisches Ohrenweh gehörte. Und heute geht es ohnehin zu einer Urnenbeisetzung ins Appenzellische. Mitreisen darf der Roman meines ehemaligen Tagikollegen Daniel Suter, den ich eben knapp noch kennenlernte, bevor er 2009 einer Massenkündigung zum Opfer fiel. Ich mag eigentlich keine derart fetten, manisch bis an den Rand bedruckten Bücher; dieses hat 750 Seiten, also 900 oder so in einem normalen Umbruch. Je mehr ich lese, desto besser finde ich das Buch freilich. Erzählt wird einigermassen parallel die Geschichte zweier Frauen. Paula Ahrons kommt 1899 als Einwandererkind von Berlin nach Zürich, muss später als junge Frau ihr Studium aufgeben, weil die Familie verarmt, und wird Sekretärin. Eine überzeugte Sozialistin auch. Jenny Gass wiederum wächst behütet auf als Tochter eines Basler Privatbankiers und heiratet als junge Erwachsene einen Seidenband-Fabrikanten, der sich allerdings als gequälte Seele und Quartalstrinker herausstellt. Was beide Leben verbindet: die grossen Krisen des 20. Jahrhunderts, durch die die Figuren gehen müssen. Jetzt gerade ist - ich bin am Ende des ersten Romandrittels angelangt - der erste Weltkrieg ausgebrochen. Doch, ich kann "Die Unvergleichlichen" (edition 8) empfehlen, werde den Rest lesen und wohl auch etwas darüber schreiben.