Paula und das Entenküken: Vorlesegeschichten aus der Nachbarschaft

Von Doris

Dass Hunde bei Menschen wohnen ist für Paula ganz normal. Sie wohnt schließlich auch bei Andi und Karin, Herrchen und Frauchen. Katzen wohnen auch bei Menschen. Manchmal auch Hasen. Oder Fische. Aber seit kurzem wundert sich Paula sehr. Im Gartenteich schwimmt jetzt mehrmals täglich ein hübsches Wildentenfräulein. Regelmäßig kommen mehrere wild schnatternde Entenmänner vorbei und bemühen sich sehr um ihre Aufmerksamkeit. So richtig interessiert das die Umworbene aber gar nicht. Scheint zumindest so.

Vor ein paar Tagen hat Paula beobachtet, dass die Entin sich jetzt doch mit einem von den vielen abgibt und tatsächlich so etwas wie ein Nest baut. Huch, die werden doch nicht? Seit heute fliegt nur noch der Kerl immer wieder und wieder weg und her, weg und her…  Das Entenfräulein dagegen hat es sich im Nest bequem gemacht. In den nächsten Tagen guckt Paula immer wieder scheinbar gar nicht interessiert vorbei. Passiert ja aber auch gar nichts.

Doch am Freitag, da hört sie es ganz komische Laute. Neugierig schleicht sie sich hinter den Busch. Im Nest liegt ein großes Ei. Da drin klopft jemand. Jetzt reißt die Schale an einer Stelle ein kleines bisschen. Das Klopfen wird lauter, und irgendwann erscheint ein winzig kleiner Schnabel, gefolgt von einem Köpfchen. „Hui, was ist das denn?“ wufft Paula erschrocken. „Das ist mein Küken,“ antwortet die jetzt Enten-Mama lächelnd. „Schön, dass ihr euch so kennenlernt. Ich freu mich, wenn du mir hilfst, aufzupassen, dass dem Kleinen nichts passiert.“ „Aber klar doch, das mach ich gerne“ ruft Paula begeistert und voller Tatendrang.

Und so kommt es, dass die kleine Hundedame wie eine Tante immer dabei ist, wenn das Entenküken etwas zum ersten Mal erlebt. Von den ersten noch recht erfolglosen Versuchen, ein paar Schritte zu watscheln, über die später ebenfalls eher lustigen ersten Flugmanöver. Die sind anfangs eher zum Lachen, was Paula bei all der süßen Tollpatschigkeit auch trotz dem Versuch, es zu unterdrücken, immer wieder muss …

Und auch Paulas Wachhundqualitäten sind gefragt, muss sie das Entenjunge doch gegen immer wieder gegen unerlaubte Eindringlinge wie die Nachbarskatzen verteidigen. Manchmal hilft dem jungen Enterich da nur mitten in den Teich schwimmen und warten, bis Paula die wild fauchenden Katzentiere aus dem Garten verjagt hat.

Doch irgendwann in den Sommermonaten zieht das jetzt garnicht mehr so kleine Entenküken kühne Flugrunden, erst nur über die Nachbarsgärten, bald aber kommt der Junge Enterich überall hin. Und schon ist es Herbst – Zeit, Abschied zu nehmen. „Mach es gut, Paula, wir machen uns auf den Weg in den warmen Süden. Im Winter ist es uns hier zu kalt, aber im Frühling komm ich dich besuchen. Versprochen!“ „Oh, und dann erzählst du mir alles, was du erlebt hast, bitte? Pass gut auf dich auf und komm gesund wieder …“ sagt Paula. Und auch wenn sie heute traurig ist, sie ist jetzt schon voll Vorfreude auf das Wiedersehen.