Paula Modersohn-Becker, Selbstbildnisse: noch bis 9. Februar 2020 in Bremen

Ihr Blick ist ganz unterschiedlich: mal neugierig fragend, mal selbstbewusst geradeaus und sogar stolz, oder wie hinter einer Maske verborgen. Zwischen Eindruck und Ausdruck, zwischen Selbstbefragung und Selbstgewissheit. Zum ersten Mal ist eine Ausstellung ausschließlich den Selbstbildnissen Paula Modersohn-Beckers (1876–1907) gewidmet. In elf intensiven Schaffensjahren hat sie die beachtliche Zahl von über 60 Selbstdarstellungen geschaffen, von denen zur Zeit noch, bis zum 9. Februar 2020, alle verfügbaren in der Bremer Böttcherstraße ausgestellt werden, das sind rund 50 Gemälde, Zeichnungen und Monotypien. Hinzu kommen einige Fotodokumente.

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»Und nun weiß ich garnicht wie ich mich unterschreiben soll«, schrieb Paula 1906 an ihren Freund Rainer Maria Rilke: »Ich bin nicht Modersohn und ich bin auch nicht mehr Paula Becker, Ich bin Ich und hoffe es immer mehr zu werden.« Trotz eines Restes an Unsicherheit, der daraus spricht, zeigt sie zugleich ein festes Vertrauen in ihre Entwicklungsfähigkeit. Die beiden gegensätzlichen Bildbeispiele mögen veranschaulichen, welch gewaltigen Weg sie innerhalb der wenigen Jahre gegangen ist. Auf dem ›Selbstbildnis, frontal‹ (1897/98 – am Beginn des dritten Lebensjahrsiebts) wirkt der Blick durch die leichte Neigung des Kopfes eher fragend als herausfordernd; die Augen scheinen offen für tiefergehende Eindrücke aus der Welt zu sein. Die rechte Hälfte ihres weich gezeichneten Gesichtes liegt im Schatten – erhellte Gegenwart verbindet sich mit noch im Dunkel liegender Zukunft. Ganz anders wirkt das ›Selbstbildnis, die rechte Hand am Kinn‹ (1906): In dieser Zeit haben ihre Porträts einen maskenartigen Charakter, hier noch gesteigert durch das Verfahren der Monotypie, d.h. es handelt sich um ein leicht bearbeitetes Abklatschbild. Die Augen sind in dieser Fassung praktisch nicht vorhanden, anders als in den entsprechenden gemalten Bildern, dort schauen die Augen bei leicht gedrehtem Kopf den Betrachter an; ihr Ausdruck überwiegt den Eindruck. »Ich bin Ich und hoffe es immer mehr zu werden« – sie ist es wirklich immer mehr geworden. Tatsächlich ist der Prozess der Weiterentwicklung ihrer Individualität an den Bildern dieser Ausstellung ablesbar.

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Ich empfehle den Besuch dieser Ausstellung, weil sie einen weiteren, tiefen Einblick in das Werk dieser bedeutenden Künstlerin ermöglicht.
Weitere Einzelheiten finden Sie in einem Artikel in der Zeitschrift "Die Drei", von dem dieser Blogartikel eine Kurzfassung darstellt.

Text: Dr. Helge Mücke, Hannover; die Bilder von oben nach unten: Selbstbildnis, frontal, 1897/98, Öl auf Pappe, 32 x 26,3 cm, Privatbesitz; Selbstbildnis, die rechte Hand am Kinn, Sommer 1906, Monotypie auf Zeitungspapier, teilweise übermalt, 26,3 x 19 cm, Paula-Modersohn-Becker-Stiftung, Bremen.

Paula Modersohn-Becker, Selbstbildnisse: noch Februar 2020 Bremen

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