Die Entführer. Fermor in der Mitte in deutscher Kluft. (Wikimedia Commons)
Man will in der Regel ja kein fremdes Leben und ists mit der eigenen Schlecht-und-recht-Existenz zufrieden. Ich muss aber gestehen, dass es mich stets gelüstet hat, Patrick Leigh Fermor zu sein. Nicht wegen seiner Agententätigkeit im Zweiten Weltkrieg, als er in Kreta den britischen Untergrund organisierte und in einem Stosstruppunternehmen den deutschen Generalmajor Heinrich Kreipe entführte. Die Hauruckaktion machte Fermor weltberühmt und wurde später mit Dirk Bogarde verfilmt. Eindrücklich. Aber noch viel eindrücklicher finde ich, was Fermor 1933, vor dem Krieg, anstellte. Von der Schule geflogen, weil er mit der Gärtnerstochter angebandelt hatte, wanderte er von Holland zu Fuss nach Istanbul und schrieb später darüber einen zweiteiligen Reisebericht. "Die Zeit der Gaben" und "Zwischen Wäldern und Wasser" (Dörlemann Verlag) begründeten seinen Ruf als Stilist der englischen Sprache und machten ihn zum Inbegriff des travel writer. Der Brite zu Fuss führte ein Mitteleuropa vor, das später durch den Krieg verschüttet, ruiniert, beendet wurde, ein Europa der Juden, der kleinen Adeligen, Kosmopoliten, Zigeuner, der Donau und der K&K-Herrlichkeit, der Armut und Multikulturalität, der verzahnten Lebenswelten, des Sicht-Miteinander-Arrangierens. Vor allem aber sprühten diese zwei Wanderbücher von einer unglaublichen Jugendlichkeit. Umso trauriger die Nachricht: Patrick Leigh Fermor, 2004 von der Königin geadelt, ist mit 96 gestorben.