Marije Vogelzang ist Designerin. Sie arbeitet mit Essen. Doch nein, sie ist keine Food Designerin. “Food has already been wonderfully designerd by Nature”, sagt sie gleich zu Beginn in ihrem Vortrag “Designing Shit”. Sie designt den Akt des Essens, beobachtet die Psychologie dahinter, stellt sich Fragen um unser Essensverhalten und die sozialen Ernährungsrituale, regt zum Nachdenken an.
Ich verfolge schon seit mehreren Jahren ihre Arbeit, weil ich sie einfach so wahnsinnig inspirierend, antreibend und selten zugänglich finde.
Vorgestern wurde ein kleiner Traum war: Im Rahmen der Veranstaltungsreihe “Food Sound Underground” kam die niederländische Designerin nach München und brachte ihre Pasta Sauna mit. Die Organisatoren der Platform hatten schon einige Wochen davor nach Helfern gesucht – natürlich stürzte ich mich gleich ans Telefon, sobald ich den Aufruf im Internet sah.
So kam es also dazu, dass ich meinen letzten Mittwochabend in einer plastikumhüllten Kabine auf einer Holzleiter stehend verbrachte, an einer Pastamaschine drehend, das Ganze im fluffigen weißen Super-Pasta-Suit. Unter mir blubberte ein Kochtopf mit Wasser, dessen Dampf schnell die Luft füllte und eintretende Pasta-Esser wärmstens empfing. Die Leute kamen in paaren herein (ein Schälchen Pastateig ist für zwei gedacht, wer allein kommt, der bekommt einen Pasta-Partner zugeteilt, erklärte Marije uns drei Helferinnen, Sasha, Erinn und mir). Sie reichten das Schälchen mit dem sattgelben, elastischen Teig die Leiter hinauf, und der wurde dann gewalzt, während aus der PastaMaschine die träge Melodie von “Twinkle twinkle little Star” ertönte.
Erinn, Sasha und ich kochten die frische Pasta und die Besucher konnten diese anschließend (wieder außerhalb der Kabine) mit Olivenöl, Parmesan, selbstgepflückten Kräutern und Gewürzen nach Wahl verfeinern.
Was das Ganze eigentlich soll?
Die Pasta Sauna wurde von Marije erstmals für die Performa ’09 in New York konzipiert und ist vom Futurismus inspiriert. Filippo Marinetti war der Gründer der Kunstbewegung, die sich von der Tradition entfesseln wollte und die Moderne mit seiner Schnelligkeit, Funktionalität und Energie lobpries.
1932 schrieb Marinetti das Manifest mit dem Titel “La cucina futurista”, indem er unter Anderem Nudeln anklagte, sie würde die Menschen, die sie aßen, faul und träge machen. Pasta habe keinen Ernährungswert, erklärte der Italiener: “Abolish pasta, it’s an absurd gastronomic religion!” Natürlich konnte dies in Italien nicht anders, als einen kontroversen Pasta-Krieg an jedem Mittagstisch zu erzeugen.
Auch die Idee des “Gesamtkunstwerk” entstammt den Futuristen, die oft verschiedene Disziplinen in demselben Kunstwerk kombinierten.
Die Pasta Sauna kombiniert all das: frischgekochte, hausgemachte Pasta inmitten von Dampfwolken. Nicht nur die Pasta macht den Besucher träge und faul, auch die Sauna. Die Pastamaschinen machen derweil auch ein bisschen Gutenachtlied-Musik – so erklärt Marije ihre Installation auf ihrer Homepage.
Neben diesem Mini-Video, dass die Pastamaschinen zeigt, hatte ich zwischen einer Pastasession und der nächsten auch etwas Zeit um ein paar Bilder zu machen. Naja, es wurden etwas mehr als ein paar.
Und nochmal für alle, die die Sauna am Mittwoch verpasst haben: am 14., 17. und 28. Mai gibt es wieder ein paar Pasta-Runden. Mehr Infos zur Veranstaltung gibt es hier.
