|| Von runzeligen Rüben mit fader Gesichtsfarbe & ein beliebtes Pasta-Rezept von Jamie Oliver ||
„Heute gibt es Pasta!“
Alle so: „Yeaaah!“
„Pasta mit Pastinaken!“
Alle so: —-
„Das wird lecker! Pasta mit Pastinaken!“
„Pasta mit was?“
„Mit Pastinaken.“
„Ach…“
„Ja genau.“
„Das sind doch diese neumodischen Kartoffeln? Die süßen. Die so orange innen sind.“
„Nein. Das sind Bataten.“
„Ach…“
„Pastinaken, nicht Bataten.“
„Jetzt weiß ich es! Es ist das Gelbe. Dieses Körnige. Stimmts?“
„Du meinst Polenta.“
„Ach ja, jetzt wo du es sagst…“
„Ist das französisch?“
„Was?“
„Na Pastinaken!“
„Nein, warum?“
„Na, weil der komische Kram meist aus Frankreich kommt. Ich sage nur: Froschschenkel!“
„Pastinaken sind ein Gemüse.“
„Ach…“
„Wer will jetzt eine Portion?“
„Du, gerade ist ganz schlecht. Ich muss weg. Und ich hab auch gar keinen Hunger mehr. Tut mir furchtbar leid. Wirklich. Ein anderes Mal gerne. Du kennst mich, jederzeit! Nur heute passt es nicht…“
So oder so ähnlich mag es wohl dem ein oder anderen gehen, wenn er seinen Gästen Pastinaken serviert bzw. servieren möchte. Ich gebe es ganz offen und ehrlich zu: Ich wusste nicht genau, was Pastinaken sind, nur wie sie aussehen. Okay, okay, ich wusste auch nicht ganz genau wie sie aussehen – und ich wusste schon mal gar nicht, wie sie schmecken.
Ds Rezept für Pasta mit Pastinaken nach Jamie Oliver findet sich in einem meiner Lieblingskochbücher. Dort steckt – wie an vielen anderen Stellen auch – ein weißer, abgerissener Zettel als Markierung zwischen den Seiten. Der Zettel bedeutet: Das willst du mal kochen. Schließlich geht es hier um Pasta, die Zutatenliste ist extrem kurz, das Rezept extrem schnell zubereitet und alles klingt unglaublich lecker. Wären da nur nicht diese Pastinaken.
Ich gestehe: Ich habe bis neulich noch nie etwas mit Pastinaken zubereitet. Ja doch, ja doch, ich weiß: Wie kann man nur? Und so was will Foodblogger sein? Das ist ja lächerlich. Der kann man doch gar nicht glauben, was sie da schreibt. Bestimmt kocht sie gar nicht selbst! Wie kann man nur so ahnungslos sein. Unfassbar ist das.
Ahnungslos ja, aber auch ehrlich. Mir ist schon bewusst, dass die Pastinaken seit mehreren Jahren ein erfolgreiches Comeback in der modernen Küche hingelegt haben. Sie waren jahrelang quasi wie vom Erdboden verschwunden. Kein Mensch hat sich mehr für die interessiert. So ähnlich wie mit unseren Lieblingsboybands aus den 90ern. Pastinaken sind die East 17 der Gemüsesorten.
Doch im Gegensatz zu den mittlerweile in die Jahre gekommenen Brit-Boys haben die Pastinaken es geschafft, wieder auf der Bildfläche zu erscheinen und sind erfolgreicher als jemals zuvor. Jeder redet eigentlich nur noch von Pastinaken. Zumindest kommt mir das im Foodblogger-Universum so vor. Wobei genau genommen, der absolute Hipster-Foodblogger Pastinaken schon wieder links liegen lässt und mit Sicherheit ein neues Gemüse auf dem Schirm hat, was wahrscheinlich seit dem Mittelalter fast ausgestorben war und nun ein glänzendes Comeback verdient hat.
Alle die nicht ganz so hip sind, beschäftigen sich aber durchaus noch gerne mit Pastinaken. Und als der Bauer unter den Foodbloggern habe ich es nun auch endlich mal geschafft und mich dieser Wurzel angenommen. Es gibt sie – wer hätte es gedacht – in jedem gut sortierten Supermarkt zu kaufen. Sie sehen ein wenig unscheinbar aus. Keinesfalls so prächtig wie eine Artischocke und keinesfalls so glänzend und farbenfroh wie eine Tomate. Nein, sie sind gelblich-beige, also fast ein wenig fade, sie glänzen nicht, sie sind schrumpelig und komisch gewachsen. Wenn ihr mich fragt, kein Wunder, dass die Pastinake irgendwann keiner mehr sehen wollte. Aber gut, sie ist wieder da.
Und so wandert die Runzel-Rübe in meinen Einkaufskorb und wird nun nach den Vorgaben von Herrn Oliver zubereitet. Schält man das schale Ding, kommt ein hübsches, weißes Fleisch zum Vorschein. Auch der Geruch, der sich dann breitmacht, vertreibt den Argwohn. Ein Duft von Sellerie, ein wenig Petersilie, irgendwas Frisches und Würziges, was riecht wie Heimat und Glück und Kindheit. Die Pastinake wird mir immer sympathischer und ich bin gespannt, wie es mit uns beiden weitergeht.
Nach Rezept wird nun der Schinken mit Rosmarin angebrutzelt. Der Herr Oliver macht das Ganze mit Pancetta. Gab es nicht. Roher Schinken eignet sich mehr als hervorragend als Ersatz, da könnt ihr mir vertrauen. Ein fantastischer Duft breitet sich in der Küche aus. Knoblauch kommt in die Pfanne und dann die verrückten Pastinaken. Diese bräunen sanft mit und werden weicher. Hmm, wie das duftet!
Pasta dazu, nochmal Butter, etwas Kochwasser und Parmesan. Kräftig umrühren und ab damit auf den Tisch und auf die Teller. Und was soll ich sagen: Dieses Pastagericht wird mein neuer Herbst-Winter-Liebling! Die Aromen passen so fantastisch zusammen. Der Geschmacksmix, der sich ergibt, ist harmonisch und gleichzeitig vielfältig und spannend. Ein Gedicht!
Und was macht unsere Freundin, die Pastinake? Die bringt das gewisse Etwas an dieses Pastagericht. Die Pastinake schmeckt leicht süßlich, würzig, erdig, nach einem Hauch Muskat, ein wenig wie Möhren, fast ein wenig wie Kartoffeln und auch ein wenig wie Sellerie. Klingt verrückt? Was soll ich sagen: Die blasse Rübe mit den tiefen Furchen entpuppt sich als absoluter Geschmacksknaller. So besonders! Kinder, ich bin ganz hin und weg!
Warum habe ich sie so lange links liegen lassen? Was stimmt denn nicht mit mir?
Die Pastinake und ich, wie sind ab sofort Freunde. BFFs, Sisters, Bitches, ihr wisst schon, das komplette Programm. Die Pastinake lasse ich nicht mehr gehen, oh nein. Sie kommt mir nun öfter unters Messer und in die Pfanne. Was da alles noch möglich ist…. Suppen, Pürees, Aufläufe, Fritters, Wedges… Ich sehe eine glänzende Zukunft für uns beide voraus.
Wer will denn jetzt doch eine Portion Pasta mit Pastinaken nach Jamie Oliver? Naaaa? Eben. Jetzt wollen auf einmal alle. Geht doch! Und das auch zurecht. Diese Pasta ist eine Wohlfühl-Pasta. Die geht mal schnell abends, wenn man nicht lange in der Küche stehen will. Die geht aber auch, wenn Gäste da sind. Gute Freunde, Pastinaken-Pasta und dazu ein Bierchen – das klingt nach einem richtig guten Plan!
Hier kommt nun das Rezept. In meiner Version mit Schinken statt Pancetta – was ich hundertprozentig empfehlen kann.
Pasta mit Pastinaken nach Jamie Oliver
Nach dem beliebten Rezept von Jamie Oliver: Pasta mit Pastinaken, gebratenem rohen Schinken, Butter und Parmesan – ganz unkompliziert, mit nur wenigen Zutaten und so unverschämt gut!
- 2 Pastinaken, klein, geschält, halbiert und in dünne Streifen geschnitten
- 1 Knoblauchzehe, geschält und in dünne Scheiben geschnitten
- 6 Scheiben Roher Schinken von guter Qualität (alternativ Pancetta (wie im Originalrezept) oder Bacon)
- 1 TL Rosmarin, getrocknet (laut Originalrezept gerne auch frischen, wenn er zu bekommen ist)
- 2 EL Butter
- 250 g Pasta, z.B. Rigatoni (alternativ Penne oder auch Tagliatelle. oder Spaghetti, ganz nach Belieben)
- 1 Handvoll Parmesan, frisch gerieben
- Salz & Pfeffer
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In einer Antihaft-Pfanne oder einem entsprechenden Topf den Schinken mit dem Rosmarin in 1 EL Butter ca. 2 Minuten anbraten. Danach Knoblauch und die Pastinaken dazu geben und alles weitere 5 Minuten braten, bis der Schinken schön angebräunt und die Pastianken weicher sind.
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Die Pasta nach Packungsanweisung in Salzwasser bissfest kochen, abgießen und dabei ein bisschen vom Kochwasser auffangen. Pasta in einem Sieb abtropfen lassen.
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Zuletzt die Pasta in den Topf geben und mit den Pastinaken und dem Schinken mischen. Die restliche Butter und den Parmesankäse dazugeben und alles gut durchmischen. Ein bisschen Kochflüssigkeit dazugeben, damit das ganze schön sämig und glänzend wird. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und sofort servieren.
- Im Originalrezept verwendet Jamie Oliver Pancetta. Sicherlich sehr lecker und passend. Wenn das nicht zu bekommen ist, ist ein guter Roher Schinken eine tolle Alternative. Passt geschmacklich wunderbar und lässt sich ebenfalls schön anbraten.
- Genauso der Rosmarin: Wer keinen frischen bekommen kann, nimmt getrockneten. Schmeckt ebenfalls vorzüglich!
- Dazu passt ein schönes Bier.
Wie siehts denn bei euch aus? Wie ich euch kenne, seid ihr alle Pastinaken-Profis und lacht euch gerade schlapp über so viel Unwissen. Macht nichts, ich unterhalte euch gerne. Auch gerne auf meine Kosten.
Ich wünsche euch viel Freude beim Nachkochen und guten Appetit! Vielleicht sind wir ja bald alle Pastinaken-Fans. Dann können wir einen Club aufmachen. Oh ja, das machen wir. „Pastinaken-Freunde e.V.“ Und dann machen wir Themenabende: „Die Pastinake – wie ihr das Comeback gelang“ oder „Pastinaken – die Vorreiter in Sachen neues Gemüsebewusstsein: Auf die inneren Werte kommt es an!“ und „Pastinaken – keine Angst mehr vor dem Unbekannten! Ein gemeinsames Kennenlernen mit Streichelerfahrungen und anschließender Fragerunde“
Wer ist dabei?
Habt noch eine schöne Woche! Und esst Pasta mit Pastinaken.
Alles Liebe ♥ Eure Vereinsvorsitzende