Ich freue mich sehr, dass meine Freundin Andrea, die mit ihrem Mann und zwei Hunden schon seit vielen Jahren in Georgia in den USA lebt, wieder einmal eine internationale Reisegeschichte für euch hat. Sie nimmt uns mit nach Pasaquan. Ein bisschen Kunst und Kultur. Mit Hund natürlich.
Habt ihr schon einmal von Pasaquan gehört?
Mir ist in Deutschland noch kein Katalog, USA-Reisemagazin und keine Georgia-Broschüre in die Hände gefallen, die diesen Ort erwähnen. Vielleicht ändert sich das ja bald, denn schließlich berichte ich ja jetzt darüber ... 😉 ...
Seit 2016 sind hier Besucher offiziell willkommen. CNN sprach damals bereits von „ einer von 16 faszinierenden Attraktionen in den USA". Inzwischen bin ich in einigen lokalen Zeitungen auch auf die ein oder andere Erwähnung gestoßen. So haben wir uns einmal angeschaut - schließlich liegt es sozusagen vor unserer Haustür.
Niemand verirrt sich nach Pasaquan. Es liegt abseits der touristischen Routen. Wer hierher kommt, der wohnt in der Gegend - oder hat einen Plan und folgt ganz bewusst Geheimtipps wie diesem ...
Wir fahren in Richtung Buena Vista (Georgia) - immerhin auf den Presidential Pathways und den Spuren von Jimmy Carter, der hier in der Gegend auf einer Erdnussfarm aufgewachsen ist.
Wir fahren auf dem schnurgeraden Highway ins Landesinnere von Georgia. Die Strecke ist eintönig und sehr, sehr ermüdend. Und dann, ganz plötzlich begrüßt uns bunte Kunst.
Wenn ihr mal in Georgia unterwegs seid und die Nase voll von den üblichen Touristenattraktionen habt, dass solltet ihr diese visionäre Kunststätte unbedingt besuchen. Sie ist zu gleichen Teilen Mystik, Geometrie und Spiritualität. Hier verschmelzen afrikanische, präkolumbianische, mexikanische und indianische Motive, kulturelle und religiöse Symbole sowie fantasievolle Designs zu einem psychedelischen Wunderland.
Eddie, der erste Pasaquoyaner der Welt
In Pasaquan integrierte St. EOM sowohl spirituelle Konzepte aus alten Kulturen als auch futuristische Ideen. Am Ende konnte St. EOM den Betrachtern der Zukunft die Traditionen des Pasaquoyanismus mit bunten, pluralistischen Designs vermitteln, die sich über den gesamten Ort erstrecken.
Er schuf damit seine persönliche Utopie der Zukunft, in der alle Kulturen und Ethnien in Harmonie zusammenkommen und sich mit der Erde und dem Universum verbinden können.
„Der Pasaquoyanismus hat mit der Wahrheit zu tun, mit der Natur, mit der Erde und den verlorenen Ritualen des Menschen." (St. EOM)
Unzählige Geschichten über Eddie Martin
„Man sagt, er habe nackt auf dem Empire State Building getanzt." „Er trainierte Schlangen, um sein Haus zu bewachen." „Der Kerl ging immer in die Stadt, angezogen wie ein Zauberer."
Gesundheitlich ging es ihm mit den Jahren immer schlechter. Und 1986 beging St. EOM Selbstmord. Pasaquan begann zu verblassen - im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Freiwillige der Pasaquan Preservation Society (PPS) arbeiteten unermüdlich an der Erhaltung des künstlerischen Meisterwerks. Im September 2008 wurde Pasaquan im National Register of Historic Places eingetragen und gilt als eines der wichtigsten visionären Kunstzentren der Vereinigten Staaten.
„Ich habe diesen Ort gebaut, um mich mit etwas zu identifizieren. Hier kann ich in meiner eigenen Welt sein. Mit meinen Tempeln, meinen Motiven und dem Geist Gottes. Hier kann ich „ich" sein und meine eigenen Gedanken haben." (St. EOM)
2014 haben sich die gemeinnützige Kohler Foundation Inc., die PPS und die Columbus State University (CSU) zusammengeschlossen, um den Standort in Zusammenarbeit mit professionellen Restauratoren wiederzubeleben. Nach zwei Jahren der Restaurierung übergab die Kohler Stiftung die Anlage an die CSU und hat sie wieder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Ausflug in ein bizarres Kunsterlebnis
Besucher genießen die seltsame Energie von Pasaquan. Einige sagen, sie können damit nicht umgehen, das sei einfach „too much". Andere stehen noch tagelang „geflashed" unter dem Eindruck St. EOMs.
Man muss schon in Stimmung sein, um sich auf dieses bizarre Kunsterlebnis einzulassen. Wenn ihr dort tatsächlich einmal vorbei kommt, dann lasst euch einfach fallen und seht selbst, mit welchem Gefühl ihr diese Stätte wieder verlasst ...
Es versteht sich von selbst, dass die Ausstellung rein auf die Kunst reduziert ist. Packt euch und euren Fellnasen genug zu Trinken ein und auch etwas zu Essen - ihr seid in der Mitte von Nirgendwo. Drumherum is' nix, und wenn, dann wenig einladend zum Einkehren und ob „pet-friendly" bleibt ebenso fraglich.
Achtet außerdem auf die Öffnungszeiten: derzeit von Freitag bis Sonntag, jeweils von 10:00 Uhr bis 17:00 Uhr. Geschlossen an Feiertagen sowie in den Monaten Juli und Dezember. Eintritt wird nicht zwingend verlangt, aber Spenden von $10 pro Erwachsenem sind empfohlen.
Sightseeing in der Region
Ihr befindet euch in der Presidential Pathways Region Georgias, und wenn ihr nun schon einmal hier seid, verbindet euren kulturellen Trip doch mit Abstechern in die amerikanische Geschichte:
- nach Plains, die Heimatstadt Jimmy Carters, wo er zur Schule gegangen ist, 1975 seinen Wahlkampf für das Amt des 39. Präsidenten der USA begann, und wo er noch heute lebt. Mit etwas Glück begegnet Ihr ihm ja vielleicht ...
- nach Andersonville, teilweise rekonstruiertes Camp Sumter, das Gefangenenlager der Konföderierten im Amerikanischen Bürgerkrieg, Soldatenfriedhof, Gedenkstätte und offizielles Museum für alle amerikanischen Kriegsgefangenen
- zum "Little Grand Canyon", wo das Ergebnis von Bodenerosion durch falsche Anbaumethoden der Siedler im 19. Jahrhundert optisch äußerst reizvoll sein kann: Der Providence Canyon wird heute als eines der sieben Naturwunder Georgias angesehen, mit der größten natürlichen Ansammlung der wilden Plumleaf Azalea, die nur in dieser Region vorkommt. Hier kommen auch die Fellnasen nochmal voll auf ihre Kosten bei einer Wanderung durch Wald, Wasser und wunderbare Natur.
Kommt doch auf Eurem Rückweg auf einen Sprung bei mir vorbei, und erzählt mir bei einem heißen Tee oder gerne auch einem kalten Bier, wie es Euch gefallen hat!
Fotos und Text: Andrea Hill, Columbus, Georgia, USA