Party zum Todestag: Alle wollen Willy

Party zum Todestag: Alle wollen WillyKlare Kante gegen Extremisten und das direkt an der vielbesuchten "Straße der Gewalt". Pünktlich zum heutigen 60. Todestag des kommunistischen Jugendfunktionärs Philipp Müller hat sich der Stadtrat der schwer verschuldeten sachsen-anhaltischen Kulturhauptstadt Halle entschlossen, der bisher bestehenden Philipp-Müller-Straße ihren Namen abzuerkennen. Als Mahnung und stete Warnung vor überzogenen Zeitplänen bei Flughafenbau-Vorhaben soll der Straßenzug künftig den Namen "Willy-Brandt-Straße" tragen. Der Name erinnert an das Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands Herbert Ernst Karl Frahm.
Die Umbenennung, die nicht mehr als 500 Euro koste, sei nötig, weil Philipp Müller im Gegensatz zu Brandt keine Beziehung zu Halle habe. Der 21-jährige Jungkommunist hatte am 11. Mai 1952 von einem Polizisten erschossen werden müssen, als sich in Essen 30.000 junge Menschen aus der ganzen Bundesrepublik zur „Jugendkarawane“ zusammenrotteten, um im Auftrag Moskaus gegen die völlig legitime Wiederbewaffnung Deutschlands Stimmung zu machen. Die Behörden hatten die extremistische Kundgebung natürlich verboten, als sich der aus München angereiste Müller dagegen verwahrte, trafen ihn zwei in Notwehr abgegebene Schüsse des Polizisten Knobloch.
Die FDP begrüßte den Antrag zur Änderung des Straßennamens, den die SPD gestellt hatte. Müller sei im Unterschied zu Brandt nicht nur nicht Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands gewesen, die zum Zeitpunkt seiner Volljährigkeit nicht mehr bestanden habe, sondern er habe auch im "Sozialistischen Jungarbeiter Aktiv" mitgewirkt und die Versammlung zum Angriff auf Polizisten genutzt. Egal, ob linker oder rechter Extremismus, es stehe der Stadt gut zu Gesicht, seinen "Namen aus dem Adressverzeichnis zu nehmen".
Das sieht auch der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete Rüdiger Fikentscher so. Als Mitglied im Verein "Gegen Vergessen - Für Demokratie" weise er darauf hin, dass der 20. Todestag Herbert Ernst Karl Frahms anstehe. Da der Flugplatz in Berlin wohl nicht wie geplant zum Todestag des Ex-Kanzlers im Oktober fertig werde, habe Frahm wenigstens die "Ehre verdient, in Halle geehrt zu werden".
Party zum Todestag: Alle wollen WillyDas sei dringend nötig, findet die Mehrheit der Stadtbewohner. Man empfinde es als schmerzlich, dass von den drei Nobelpreisträgern, die Deutschland "seit der Nazi-Zeit gehabt habe", zwar Albert Schweitzer und Carl von Ossietzky mit einem Straßennamen geehrt würden, nicht jedoch der aus Lübeck stammende Brandt. Bei Grass könne man eine solche Verweigung des Naturrechtes jedes Nobelpreisträgers, eine Straße in Halle zu bekommen, verstehen, denn Grass habe sich durch seine jüngsten Dichtversuche delegitimiert.
Aber Brandt? Immer anständig, immer seriös nach seinem Wahlkampfspruch "Wir haben die richtigen Männer" (1969). Die ehemalige Philipp-Müller-Straße, so glaubt eine breite Bevölkerungsmehrheit, die keine anderen Sorgen hat, biete sich für die Umbenennung an, weil im Veranstaltungshaus "Hofjäger", das vom kommunistischen Regime rechtswidrig in "Philipp-Müller-Haus" umbenannt worden war, anno 1890 der erste Parteitag der SPD nach dem Fall des Sozialistengesetzes stattgefunden habe. Willy Brandt sei damals zwar mangels eigener Geburt an der Teilnahme gehindert gewesen, habe aber seitdem eine feste Verbindung zu Halle gehabt.
Auch die städtische Linkspartei sieht das so. Während ewiggestrige Linkspartei-Genossen in westdeutschen Landesverbänden für einen Gedenkmarsch zu Ehren von Müller trommeln (Plakat), gebe es in der fortschrittlichen halleschen Fraktion der Linken "großen Konsens, Brandt zu ehren".
"Wir sollten Willy Brandt durch ein neues großes Bauprojekt ehren, wenn es in Berlin schon nicht klappt." Die Linkspartei stelle sich eine Art Triumphbogen oder einen Bismarck-Turm vor, der dann allerdings Brandt-Turm heißen müsse. Man sehe jedoch die Kostenfrage kritisch, "so lange sich die Bundesregierung weigert, eine Reichensteuer zur Finanzierung solcher wichtiger Bildungsausgaben einzuführen".
Eine Ehrung aber müsse sein, wie Müller sei schließlich auch Brandt in seiner Jugend Marxist gewesen. Dennoch habe der als Kuba bekannte Kurt Barthel nur ein Gedicht über Müller geschrieben und der Komponist Paul Dessau nur für Müller ein Kampflied komponiert. Brandt ging leer aus. "Es wird Zeit, dass wir hier Gerechtigkeit herstellen." Damit folge der Stadtrat auch der üblichen Praxis, dass das jeweils folgende Regime versuchen müsse, die Ikonen des vorhergehenden zu schleifen.

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