Parallel Lines

Erstellt am 26. März 2013 von Mapambulo
Wire
„Change Becomes Us“

(Pink Flag/Cargo)
Die Synthiepopper von Depeche Mode bekommen ja gerade wieder mächtig auf die Mütze, weil sie sich partu nicht von den verschiedenen Einflüssen ihrer jahrzehntelangen Karriere verabschieden wollen und mit ihrem aktuellen Album – gleichsam erwartungsresistent – neben den zu obligatorischen Maschinenbeats auch wieder reichlich dem Soul und dem Blues huldigen. Wären Wire heute noch mit derselben Bedeutung aufgeladen wie die Jungs aus Basildon (wobei noch zu klären wäre, ob man ihnen das wirklich wünschen will), sie hätten wohl mit ähnlichen Beschwerden zu rechnen. Denn auch die Männer um Colin Newman und Graham Lewis haben im Laufe der Jahre Veränderungen nicht gescheut und den Sound der Band mehreren Häutungen unterzogen – und abgesehen davon, dass sie bei Depeche Mode Ende der 80er tatsächlich mal als Vorband auf der Bühne standen, hatten sie für Frühwerke mit Gareth Jones ja einen Toningenieur in Lohn und Brot, der auch schon für manche Perle von Gore & Co. verantwortlich zeichnete.
“Change Becomes Us” ist jedenfalls nach “Object 47” und “Red Barked Tree” die dritte einer Reihe von Platten, die Wire in aktueller Besetzung nach langer Pause wieder in die Spur zurückgeführt haben, mehr noch als ihre beiden Vorgänger ist dieses Album ein imposanter Querschnitt der bisherigen Schaffensperioden (Parallele, s.o.). Den Bezug zu den punkigen Anfängen der Pink-Flag-Ära setzen am ehesten “Adore Your Island”, “Stealth Of A Stork” und das (w)irre “Attractive Space”, den Postpunkwave Marke Devo und Gang Of Four liefern wiederum “Magic Bullet”, “Eels Sang” und “Love Bends”. Zwischendrin noch etwas Pop oder mit “And Much Besides” eine Art rezitativer Meditation, es geht hin und her und scheint nicht mehr ganz so geschlossen wie zuvor. Man merkt aber, dass Wire noch viel Lust am Probieren und Ausloten ihrer Grenzen haben – anders als bei Depeche Mode wird ihnen das jedoch kaum ein Fan vorhalten wollen. Insofern kann der kleinere Rahmen, in welchem die Londoner mittlerweile agieren, eher als Segen verstanden werden – man bleibt, auch mit diesem Album, weiter zufrieden unter sich. http://www.pinkflag.com/
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