Paradoxien, in denen WIR verloren sind

Paradoxien, in denen WIR verloren sind

In Paradoxien

Wir leben

Als Muslime

auf der einen

Seite Lust

auf der anderen

fromme Askese.

Desto älter ich werde, desto mehr sehe  ich die blanke, unbeschönte, ungeschminkte Seite der Gesellschaft, der Menschen, die nackten Tatsachen. Mit dem Alter verfliegt der romantische Idealismus und langsam verwandele ich mich in einen harten Realisten. Einen manchmal spöttischen, ironischen, manchmal sogar zynischen Schelm. So habe ich Momente vor allem wenn ich versuche unseren jüngeren Mitgliedern der Gesellschaft nützlich zu sein, Momente an denen ich resigniere, an denen ich die weiße Fahne zücken, mich in die Ecke setzen und ein beleidigter Kritiker zu sein wünsche.

 

Je älter ich werde, umso mehr bemerke ich, in was für einem Schlaraffenland ich in meinem eigenen Heim, bei meinen Eltern lebte. Wie sie mir liebevoll die Augen, die Ohren und der Mund sich von selber verschlossen. Wie wir unwissend, nicht ahnend vor uns hin leben, wo doch so viel Schlechtes um uns herum passiert. Wir sind einer Pflanze gleich, die aus guten Absichten geborgen in der Dunkelheit einer Schachtel, einem Labyrinth geworfen ist. Doch jede Pflanze wächst aus sich herau und die Zeit wird kommen, wenn der Pflanze die Dunkelheit der Unwissenheit nicht reichen wird und die Sonne aufsuchen wird. Manche werden diesen Austritt in die Öffentlichkeit nur schwer überleben. Viele werden an der Realität zerbrechen, resignieren, zu Grunde gehen. Denn diese Realität ist nicht unser Schlaraffenland, wir sind nicht darauf vorbereitet. Doch diejenigen, die dem Sturm der Realität, dem Getöse, dem Donner, der Gewalt trotzen können, werden sich an der Sonne ergötzen, strahlen werden sie, wie Perlen im Meer, so schön, so wohlriechend so wunderbar und andere werden sich an ihnen ergötzen, denn sie sind die schönsten Nelken, Tulpen, Rosen. Doch viele verdorren an den Paradoxien dieser Gesellschaft, aber vielmehr in den Paradoxien in uns. Verlieren sich im Getöse des Meeres.

Die Paradoxien, wie sollen wir sie lösen, wir kennen unser Problem doch eigentlich nicht. Ein jugendlicher Spross, wo soll er hingehen. Die Familie löst keine Probleme. Die Mutter verschließt die Augen, der Vater die Ohren, der Mund wird automatisch verschlossen. Die Probleme sind dennoch vorhanden. In der Moschee findet der Fromme keinen Halt, weil die Imame Menschen anderer Welten sind. Aus anderen Ländern, anderen Gesellschaftsstrukturen, Lebensweisen, Gedankengängen. Versucht dem Spross in einen Mantel zu zwingen, gute Absichten hat er in der Tat, doch zeigt ihm nicht sich zu schützen vor der Loreley, der alles zu sich ziehenden, zerstörenden Loreley. In Paradoxien lebt der Muslim, auf der einen Seite Lust, schamlose Nacktheit, die Loreley mit ihrem goldenen Haar, mit all ihrer Anziehungskraft und Gewalt, die verräterische Sünde, auf der anderen Seite der fromme, sich schämende, an Gottes Gebote glaubende, in diesem Sinne leben wollende, der Muslim. Viele werden mich nicht verstehen, das erwarte ich auch nicht. Diese Sprachnot ist mir eine Eigenschaft geworden. Oft sind wir Menschen anderer Welten. Doch die jungen Muslime sollten mich verstehen. Die strengen Konventionen, die unreflektiert von uns in unseren Familien und Moscheen aufgenommen werden, zerstören uns gerade in einer Gesellschaft, die so anders ist als unsere. Die ja sogar ein krasser Gegensatz ist. Nacktheit ist hier normal, bei uns der freie Nacken schon verpönt. Zu diesem Problem sagt man weit bekannt „Zwischen zwei Kulturen gefangen sein“, also kulturlos.

Haben wir uns je gefragt was diese Phrase bedeuten kann. Nur weil wir als Migranten in Deutschland leben, bedeutet das doch nicht das wie kulturlos sind, oder?

Ich denke, dass wir „Zwischen zwei Kulturen“ gefangen sind, ist eine richtige Feststellung, die ja auch die Paradoxie in unserem Leben erst ermöglicht. Auf der einen Seite von unseren Eltern und Hodschas gelehrte Kultur, nicht unbedingt der Islam, die stringente, enge Konventionen besitzt, auf der anderen Seite eine Gesellschaft, die gar keine Konventionen zu besitzen scheint, wo es nur noch wenige Tabus gibt. Gleich der Effi, die an den strengen Konventionen der Gesellschaft zerbricht, werden auch die Muslime zerbrechen, brechen, sind gebrochen, nur dass diese Gesellschaft ein größeres Konfliktpotential beinhaltet. Hier sind es zwei Kulturen die aufeinanderprallen. Von diesem Getöse und von diesem Kampf bekommt die Mehrheitsgesellschaft freilich nicht viel mit, viele Muslime sind es sich noch nicht einmal bewusst, denn dieser Konflikt tobt in uns selbst. Warum scheint der Islam der uns von unseren Gelehrten postuliert wird, keine Lösung für unsere Paradoxien zu sein, wo doch der Koran mit dem Anspruch herabgesandt wurde, dem Menschen eine eindeutige Lösung zu sein. Wo doch der Koran die Codes für das menschliche Verständnis beinhaltet. Wer kennt den Menschen denn besser als Gott, Der ihn erschaffen hat? So bezeugen wir Muslime doch gerade, dass der Koran eine Lösung für unsere Probleme ist, eine Quelle der Vernunft, der Erlösung, das Löschen der heißen Flammen in uns, die uns aufzuzehren, Stück für Stück, langsam in Qualen zu zerstören, vermag. Wie konnte dieser Koran ein Barbarenvolk zivilisieren und Rechtschaffene Wesen auf Erden, Statthalter erziehen, wo sie uns doch von unserer Kulturlosigkeit, unserer Barbarei nicht erretten kann? Das Problem kann und ist nicht der Koran! Das Problem sind gewiss wir. Wir leben nicht den Islam und erzählen auch nicht den Islam. Vorbilder, die Sterne in einer dunklen Nacht, Wegweisende in der unendlichen Irre sein sollten. Den Propheten selbst, der hellste Stern am Himmel, haben wir verdeckt mit dicken Wolken aus Ruß, ganz zu schweigen von den Freunden des Propheten, und den nachfolgenden großen Frauen und Männern der Geschichte. Wenn wir von unseren Vorfahren reden, verklären wir, schaffen Illusionen, romantisieren, erreichen eine nicht-kognitive Sphäre. Was tun wir? Wir reden nicht von Menschen. Das sind Engel. Der Prophet hat nie einen Fehler begangen. Er war ja auch kein Mensch. Der Ausspruch „Er war der Prophet, wir können nicht wie er sein“, ist allzu verständlich. Wie soll er denn Vorbild sein, wenn er kein Mensch war, sondern ein Übermensch? Warum gibt uns Allah den Propheten als bestes Beispiel für die Menschen? Tut uns Gott Ungerechtigkeit? (Gott bewahre) Was sagen wir da eigentlich? Auch seine Gefährten, die Sahabis, Perlen im tosenden Meer, aber leider auch keine Menschen. Die Gefährten des Propheten, Unantastbar, auch Übermenschen, die niemals Fehler machen. Natürlich können sie so keine Vorbilder, gute Beispiele sein, denn diese machen keine, doch der Jugendliche macht Fehler. Wie kann ein perfekter Mensch, wie die Gefährten des Propheten, denn Vorbild für unsere Kinder sein. Die Jugend macht Fehler, sie hat gesündigt, ja vielleicht Unzucht betrieben, hat Neigungen.

Wie, wie frage ich euch, soll jemand Fehlerloses, diesem verzweifelten Jungen Hoffnung sein, wie soll er an die Vergebung erinnern? Der Islam, den wir postulieren, ist kein Islam, den man leben kann. Wir haben sie aus dem Leben rausgerissen. Den Propheten heroisiert, ihn entmenschlicht, ihm seine Vorbildrolle aus der Hand gerissen. Was ist geblieben? Unantastbare Zwänge, neben dem Koran, neben der Sunna, verstockt in der Geschichte, eine Kultur, die wir Islam nennen, aber die eigentlich die Dynamik der Botschaft zu verdecken sucht und das alles, weil wir rückwärtsgewandt sind.

Wacht auf Muslime, wacht auf, wacht auf. Öffnet eure Augen, öffnet euer Herz. Die Jugend leidet, seht es doch, wir ersticken, doch ihr seid den Problemen nicht gewahr. Ihr denkt, die Welt ist ein Schlaraffenland. Dass unsere Kinder in diesen tosenden Wellen des Rheins zu ersticken drohen, seht ihr nicht. Ihr versteht eure Kinder nicht. Ihr versteht ihre Probleme nicht. Sie leben in dieser Gesellschaft und können ihre Blicke von der Loreley nicht nehmen. Sie werden am Felsen zersprengen, seht es doch. Ignoriert dieses Problem nicht. Sie wollen sich auch der süßen Verlockung hingeben, sich in die Arme der Sirene werfen, an ihren goldenen Haaren riechen, sich an ihrer Schönheit ergötzen, ihre Haut an ihrer Eigenen spüren, sie mit allen Sinnen besitzen.

Sie wollen aber auch Muslime sein und Muslime bleiben, denn die kleine Sonne, der Funken Wahrheit, die Furcht, die Zuneigung des Erschaffers zu verlieren, das bekümmert die jugendlichen Rücken. Diese schwere Last, diese Paradoxie lässt sie zerbrechen, zerbrechen an dem Felsen, der unendlichen Pein. Sie wollen die Loreley, eine verderbliche Lust, auf Zeit und Raum begrenzt im Jetzt, doch sie wollen auch den Ewigen, die Ataraxie, Befreiung außerhalb von den Dimensionen.

Schwere Vorwürfe sind die Folgen, Resignation, Depression: Gefangen zwischen zwei Kulturen.

Diese Paradoxien werden unser künftigen Nachfahren mit der Abkehr vom Islam lösen, wenn wir denn zu unfähig sind, den Islam, die Lebensweise des Propheten in unser Leben zu integrieren: Denn was könnte die Kultur des Muslims sein, wenn nicht die Sunna des Propheten. Aus der Gewalt der Kulturlosigkeit zu entfliehen und eine Neue mit der Sunna zu entwickeln, das sollte unser Anliegen sein, unsere Anstrengung sein, doch wie, das ist der Punkt an dem ich resigniere…


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