Paradise Lost (Regie: Sarah Holtkamp) – Studiobühne TWM

Am Anfang war….Gott? Der Teufel? Man weiß es nicht so genau, wenn es um die Entstehung der Welt geht. Je nachdem an was man glaubt und ob man überhaupt einen Glauben hat. “Paradise Lost” in der Regie von Sarah Holtkamp erzählt die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies und hier war am Anfang der Text, so viel ist sicher. Und das ist eine ganze Menge, die es erst einmal zu bewältigen gilt, wenn man dieses Stück auf die Bühne bringen will und man bedenkt, dass man auch nicht so viel mehr Zeit hat als Gott damals, um etwas aus dem reichhaltigen Rohmaterial zu erschaffen.

Im Hintergrund irren im Video, das auf einem Monitor läuft, Adam und Eva (Benjamin Jorns und Marie Golüke) durch ein paradiesisches Dickicht, oder ist es eine Wüste? Das Video läuft immer weiter, alles weitere an Bühenbild wäre zu viel. Starkes Material braucht nicht viel Brimborium drum herum. Deshalb versucht die Inszenierung von Sarah Holtkamp, die gewaltigen Textblöcke mit zwei Schauspielern zu stemmen. Das ist zum einen mutig, zum anderen zeigt es die Stärke von Nina Buß und Philipp Wimmer in den Rollen von Eva und Gott, bzw. Adam und Satan. Denn mehr als die beiden braucht es nicht, um das Stück, das nur auf Sprache baut, lebendig zu halten. Nina Buß in ihrem blauen Etuikleid mit rotem Gürtel und roter Strumpfhose – DAS ist ein Kostüm ohne Kostüm zu sein!!! – wirkt als permanent apfelessende Eva mädchenhaft unbekümmert, nur um dann als Gott zum berechnenden Menschenlenker zu werden. Zur richtigen Zeit schafft sie es außerdem noch, die nötige Portion Verruchtheit zu transportieren. Und auch Philipp Wimmer im weißen Anzug gelingt der Spagat zwischen unschuldigem – wieder ist das Kostüm ein Statement – Adam, der mit seinem Gewissen hadert und Satan, der Eva zur Sünde verführt. Ja, diese Zwischentöne werden sehr gut transportiert, vor allem sprachlich leisten die beiden Darsteller fast durchgehend Präzisionsarbeit, was angesichts der Menge an Text große Anerkennung verdient.

Der einzige Wermutstropfen ist, dass diese gute und wichtige Arbeit an der Sprache, die hier geleistet wird, ein wenig auf Kosten der Interaktion untereinander und der Leichtigkeit geht, die der Inszenierung gut gestanden hätte. Paradise Lost ist aber in jedem Fall ein Überraschungspaket, was neben den Darstellern auch den klugen Regieeinfällen verdanken ist, die nie zu viel sind, sich nie aufdrängen, aber trotzdem Atmosphäre schaffen. Diesem Päckchen merkt man an, dass es mit viel Ambition geschnürt wurde und das zeigt sich auch beim Auspacken – Gott sei Dank!


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