Die vergangenen Wochen war auf den Obstbaumwiesen so viel los, wie das ganze Jahr über nicht: es war Erntezeit. Der Großteil reifer Äpfel, Birnen, Zwetschgen und Nüsse dürfte jetzt duftend in Körben und Kisten lagern, einige werden zu leckeren Kuchen, viele zu aromatischen Bränden oder Most und wieder andere zu Marmelade, Gelee und Kompott, manche schmecken einfach pur aus der Hand.
“Kaum eine Kulturlandschaft Europas bietet vergleichbar viele Facetten. Sei es der Wandel der Jahreszeiten, die bunte Vielfalt an Früchten oder die unterschiedlichen Handwerke – in jeder Hinsicht bieten die schwäbischen Obstwiesen einen Reichtum der seinesgleichen sucht.”
Jede Obstsorte hat nicht nur ein eigenes Aroma und Erscheinungsbild, sondern auch eine eigene Geschichte und immer mehr Obstgärtner widmen sich mit Hingabe alten Sorten, die oft aromatischer und widerstandsfähiger sind als neue Züchtungen. Nicht zuletzt sind Streuobstlandschaften als Wanderparadies und für Radtouren mit die schönste Naturkulisse, die ich mir denken kann. Grund genug also, einen intensiveren Blick auf und in diese urschwäbische Kulturlandschaft zu werfen.
Ich gebe zu: als es mit Opa früher zum Mirabellen ernten ging, war mir das alles gar nicht so bewusst. Klar, es war immer schön im Garten, es gab viel zu entdecken, zu schmecken und zu tun. Doch wie sehr mir Streuobstwiesen seit meiner Kindheit ans Herz gewachsen sind, merke ich erst, seit immer mehr davon zu verschwinden drohen. Für mich gehören sie untrennbar zur Vorstellung ländlicher Paradiese dazu, um so mehr freut es mich, dass immer mehr Initiativen entstehen, um diese blühenden und fruchtbaren Paradiese zu erhalten sowie regionale Erzeugnisse immer öfter in den Mittelpunkt großer und kleiner Läden zu rücken.
Junge Familien stellen mit Begeisterung ihren eigenen Saft, Baumschnittkurse haben Hochkonjunktur, Winzer, Brenner und andere Produzenten kreieren jedes Jahr neue, spannende Produkte aus Apfel, Quitte, Nuss & Co.
Die Autoren stellen die typischen Früchte vor, die auf Büschen und Bäumen wachsen, haben einige kulturhistorische Fakten rund um die Streuobstwiesen recherchiert und lassen Handwerker, Künstler, Gastronomen, Baumpfleger und andere Streuobstwiesenliebhaber zu Wort kommen und widmen den verschiedenen Gegenden und Ausflugszielen vor und am Albtrauf jeweils ein eigenes Kapitel.
Die Obstlandschaft im jahreszeitlichen Wandel ist ebenso ein Thema wie verschiedene Handwerke, die von und mit den Streuobstwiesen und ihren Erzeugnissen leben. Wanderwege, Festlestermine, Adressen sowie weiterführende Literaturtipps runden den Ausflug zu Baden-Württembergs Streuobstwiesen ab. Wunderschöne Fotos machen “Im schwäbischen Streuobstparadies” außerdem zu einem reichen Bilderbuch, das man immer wieder gerne zur Hand nimmt. Zum Beispiel um bei einem vollmundigen Williams vom Kirschenblütenmeer im nächsten Frühjahr zu träumen…
Markus Zehnder, Angela Hammer, Andrea Letsch: “Im Schwäbischen Streuobstparadies. Menschen, Landschaft, himmlische Genüsse”, 160 Seiten mit 130 Farbfotos, gebunden
Wer online noch in bisschen weiter stöbern mag, findet auf www.streuobstparadies.de tolle Tipps und Infos rund um die schwäbischen Streuobstwiesen, zum Beispiel die Streuobstwiesenbörse, eine Vermittlungsplattform auf der nicht nur Äpfel und Birnen an den Liebhaber kommen.