Benedikt XVI. reist morgen mit einer klaren Mission zum Weltjugendtag nach Madrid: Die wichtigste Bastion des Katholizismus in Europa muss gerettet werden
[...] Erst vor neun Monaten war Benedikt XVI. in Santiago de Compostela und in Barcelona. Es geht um nichts Geringeres als die Rettung der wichtigsten Bastion des Katholizismus in Europa. Die Kirche hat ganz besonders in Spanien in den vergangenen Jahren an Einfluss verloren. Nur noch 72 Prozent der Spanier bekennen sich zum Katholizismus, vor zehn Jahren waren es noch 82 Prozent, in den Gottesdienst schaffen es noch zwölf Prozent aller Gläubigen, bei den Jugendlichen fällt die Bilanz noch viel schlechter aus. „Es kommen fast nur noch ältere Leute und ein paar Kinder“, klagt eine Frau vor der Kirche San José im Madrider Stadtzentrum. Doch nicht nur die Gotteshäuser bleiben leer, auch Priesterseminare leiden unter eklatanten Nachwuchsschwierigkeiten. Für Spaniens Bischöfe und den Vatikan steht der Schuldige fest: die sozialistische Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero. Und auch der Papst hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ihm einige Gesetze der Zapatero-Regierung wie die Blitzscheidung, die Einführung der Homoehe oder das Abtreibungsgesetz gründlich missfallen. „Der Laizismus Spaniens knüpft an den Antiklerikalismus der zweiten Republik an“, klagte Benedikt XVI. [...]
Viele Spanier blicken der Papstvisite mit gemischten Gefühlen entgegen. So fällt sie zeitlich mit den seit Monaten anhaltenden Jugendprotesten in Madrid zusammen. Mit ihren Demonstrationen und Zeltlagern in der Innenstadt und ihren wochenlangen Happenings unter freiem Himmel machen die sogenannten „Empörten“ immer wieder auf ihre prekäre Lage auf dem Arbeitsmarkt und die fehlenden Perspektiven ihrer Generation aufmerksam. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt in Spanien bei 45 Prozent. Rechtzeitig vor der anstehenden Visite von Benedikt XVI. waren sie Anfang August nach dreimonatigen Dauerprotesten erstmals von ihrem symbolischen Platz, der Puerta del Sol, vertrieben worden, mit Polizeigewalt.
Für die „Indignados“ ist die Kirche keine Anlaufstation, im Gegenteil. Heute Abend ist eine Kundgebung gegen die Papstvisite geplant. „Wir brauchen handfeste Lösungen und keinen Papst in Soutane“, so ein Sprecher der Bewegung. Die Empörten prangern die hohen Kosten des Weltjugendtages (50 Millionen Euro) an und kritisieren, dass er auch mit Steuergeldern finanziert wird.[...]
Hamburger Abendblatt
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