Ein Einblick in die Antaimoro Papierherstellung
Sorabe heissen die heiligen Bücher, in denen Weisheiten der arabischen Einwanderer niedergeschrieben wurden, die im 13. Jahrhundert an der Südostküste Madagaskars landeten. Sie brachten die Kunst des Schreibens mit und hielten ihre religiösen Formulierungen, Heilsprüche und Zukunftsdeutungen in arabischer Schrift fest. Somit ist arabisch die erste in Madagaskar benutzte Schrift.
Das Papier stellten die Antaimoro selber aus Pflanzenmaterialien her. Diese Kunst des Papierherstellens hat sich über Jahrhunderte gehalten, eher in einem eingeschworenen Kreis, denn die Heiligen Bücher durften nicht von fremden Augen gesehen werden. Erst die Kolonialausstellung von Paris, 1931, machte dieses Naturpapier bekannt.
Dies hingegen weckte das Interesse von Pierre Mathieu, einem französischen Kaffeepflanzer an der Ostküste Madagaskars. Erst in Manakara, dann schliesslich ab 1936 in Ambalavao in einer stillgelegten Konservenfabrik, stellte er seine Version des Antaimoro-Papiers her. Dies dank Insiderwissen eines Antaimoro, Rangahy Armand, der im Betrieb mitarbeitete.
Im Laufe der Produktionsjahre verlor das Papier seinen sakralen Wert. In die Papiermasse wurden getrocknete Blumen eingelegt, Blätter und Blüten. Das sah dekorativ auf Lampenschirmen aus oder als ungewöhnliches Briefpapier. Postergrosse Papiere wurden als Paravent eingearbeitet. Doch das Antaimoro-Papier diente nicht mehr heiligen Zwecken.
Pierre Mathieu starb 1948 und seine Frau fabrizierte im Betrieb weiter mit einem quasi kolonialen Monopol. Als auch Armand 1967 starb, begann ein unschöner Kampf um ‘Markenrechte’. Armand hatte sein Wissen seinen Kindern weitergegeben, die ab den 1970er Jahren selber Ateliers eröffneten. Daher finden sich heutzutage mehrere Fabrikationsstellen in der Agglomeration der Hauptstadt und an anderen Orten. Alle behaupten, das ‘originale’ Antaimoro-Papier herzustellen.
In Madagaskar wird Papier generell taratasy genannt, was auch Brief oder Meldung bedeutet. Das Papier Antaimoro wurde nie dieser Kategorie zugeordnet. Interessant aber, dass die Strasse der Antaimoro-Produktion in Ambalavao heute noch Ambalataratasy (Park des Papiers) genannt wird.
Heutzutage ist ein Besuch der Papierherstellung in Ambalavao fester Bestandteil einer Reise auf der RN7 gegen Süden. Der Ort hat jedoch seinen Charme verloren und die Herstellung scheint nur noch eine magere Touristenshow geworden zu sein.
Was derweil mit den heiligen Büchern, deren Papier und Schrift im Land der Antaimoro geschieht, bleibt geheim und das ist auch gut so.