Panisch aufgrund falscher Wolke

Tragisch was da in Japan geschehe, vernimmt man aus den Mäulern, die vom Lobbyismus gekauft sind; und freilich werde man auch in Deutschland Überprüfungen einleiten und Standards neu überdenken, auch mal ein bisschen Laufzeitenverlängerungen aussetzen, bis die Sache ausgesessen ist. Keine Frage, soviel Aktionismus muß schon sein! Aber dennoch, ermahnen sie im gleichen Atemzug: nur keine Panik! Wir dürfen jetzt nicht den Kopf verlieren und so tun, als sei die Kernenergie grundsätzlich überdenkenswert. Ruhig bleiben, tadeln die gemieteten Mäuler und ihre Leitartikler; auch wenn Fukushima nicht sonnig ist, etwas Besonnenheit würde uns nicht schaden.

Panik aufgrund einer radioaktiven Wolke, die transparent und lautlos über Japans Felder und Flure schwebt, ist demnach kein guter Ratgeber. Panik ist hierzulande ohnehin auf andere Bereiche abonniert - man darf die Panik von den Ressorts, die sie existenziell brauchen, nicht abziehen. Sie darf nicht zum Atomtod hinüberwechseln, sie muß dort bleiben, wo sie sich seit Jahren nun schon traditionell eingerichtet hat. Sie soll das Metier derer bleiben, die sich vor Überfremdung oder gar Islamisierung fürchten. Dort bitte panisch sein! Wir sterben aus!, darf laut und hysterisch geplärrt werden. Kirchendächer mit Halbmonde sollen unbedingt die Titel dieser Republik zieren. Hier ist die Panik zuhause; hier muß das schlimmste befürchtet werden, ohne dass irgendeine mandatierte Bundestagsmarionette beruhigend auf die Öffentlichkeit einwirkt. Großformatige Tageszeitungen schüren Hysterie, berichten von einigen Türken, die wenig Deutsch sprechen und schon ist die Panik vor Halbmond und Krummsäbel täglicher Gast in den Aufmachern und Feuilletons.

Gleichfalls ergeht es den Arbeitslosen, die sich ins Sozialsystem nisten und zu unnützen Essern absteigen. Da wirft man mit Zahlen um sich, die schockieren wollen und die Panik wird zum täglichen Geschäft. Frisst uns der Sozialstaat?, fragen sie aus der bürgerlichen Mitte heraus. Man sieht sie schier vor sich, die Vertreter der Mittel- und Oberschicht, diese so expressionistisch in Schockstarre verharrend wie Edvard Munchs Gestalt in "Der Schrei"; so schockiert, so empört, so hilflos die Hände an den Wangen wie jene. Panik lass dich umarmen, heißt es da. Da ja! Wenn es uns was kostet, darf man doch wohl noch mal panisch sein, oder nicht? Verankert der Sozialstaatsgedanke nicht auch ein Recht auf Panischsein?

Atomkraft kann gefährlich sein. Natürlich! Aber doch immer mit der Ruhe. Atomwolken sieht doch keiner; aber Kopftücher und Türkenschnauzer, Jogginghosen und fettige Haare: die sieht man! Man sollte Panik nur dann aufkommen lassen, wenn man es mit eigenen Augen sehen kann. Denn das sind handfeste Panikerzeuger. Wir brauchen keine Hysterie bezüglich deutscher Atomkraft - wir brauchen sie gegenüber Moslems, die uns in ihrem Knoblauchodeur oder gegenüber Arbeitslosen, die uns in ihren Mundgeruchsschwaden ertränken. Auch das sind Gerüche, auch das sind Wolken, die sich ausbreiten, gleich einer ansonsten doch so geruchslosen Atomwolke, die entstehen könnte, wackelte hier mal die Erde nachhaltiger. Panik aufgrund von Wolken gerne: aber die richtigen Wolken sollten es schon sein! Man darf nicht aufgrund einer falschen Wolke panisch werden...

Wo Panik zu sein hat und wo nicht, das entscheiden die Leitartikler. Skepsis in Bezug auf Atomenergie ist sicherlich angebracht, so liest man. Aber immer sachte! Man muß ja nicht gleich alles verwerfen. Und überhaupt, schaut mal da drüben, werden sie schreiben, da stehen Moslems arabischgurgelnd zusammen, es wird doch mal Zeit für Integration, wir müssen Deutschsein erzwingen - und da drüben, die weigern sich noch immer arbeiten zu gehen!, wäre auch eine Schlagzeilenoption, wir brauchen eine Sanktions- und Strafverschärfung gegenüber den Müßiggängern, schiebt man dann belehrend nach. Loslos, verfallt in Panik! Glaubt, dass Deutschland Kalifat oder Bahnhofsmission wird - glaubt es unbesehen hysterisch! Aber dieselbe Verhaltensweise gegenüber Kernenergie, das gehört sich einfach nicht - man muß doch sachlich bleiben...


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