Panasonic Lumix GM1 – Erfahrungsbericht

Erstellt am 20. Mai 2014 von Markuswaeger @markuswaeger

Die G1 mit dem Kit-Standardzoom

Für einige Tage stellte mir mein freundlicher Fachhändler Foto Hebenstreit eine Panasonic Lumix GM1 zur Verfügung um sie ausgiebig zu testen und darüber zu schreiben. Ich hatte schon länger ein Auge auf die Kleine geworfen und das Testgerät gab mir die Möglichkeit sie bei einer Reise nach Meran ausgiebig in der Praxis einzusetzen. Neben ihr begleiteten mich außerdem meine beiden OM-Ds, die E-M1 und die E-M5.

So sehr ich es in letzter Zeit genoss mit zwei Kameras unterwegs zu sein und dadurch auf Objektivwechsel verzichten zu können (die OM-Ds statte ich derzeit bevorzugt mit dem 9–18mm-Weitwinkelzoom und dem 60mm Makro aus), machten mir die Ausflüge mit drei Kameras schnell klar, dass drei dann doch eine zu viel sind. Allerdings spekuliere ich darauf, dass es auf Events durchaus seinen Reiz hat drei gleichwertige Kameras zur Verfügung zu haben und somit drei Objektive ohne Objektivwechsel nutzen zu können. Ballast fällt bei MFT ja insgesamt recht wenig an und mit der Lumix GM1 so gut wie gar kein zusätzlicher – die Kamera alleine wiegt lediglich 173g und ist damit nicht einmal halb so schwer wie eine OM-D E-M10.

Auf Augenhöhe mit Topmodellen

Moment: Die GM1 soll der E-M1 gleichwertig sein? In Sachen Bildqualität ist das mein bisheriger Eindruck und vom Funktionsumfang her ist die Kleine riesig. Der Autofokus scheint den flotten Olympus-Kameras nicht nachzustehen, was auch für das Auslösen per Touch am Display gilt. Diesbezüglich war meine letzte Panasonic, die Lumix G3, ja noch relativ lasch und für schnelles Auslösen – worin ja gerade der Reiz des Touch-Auslösens liegt – nicht zu gebrauchen.

Tatsächlich ist die GM1 eine außerordentlich kompakte Systemkamera, die dennoch sämtliche Einsteiger-Spiegelreflexkameras von Canon und Nikon in den Sack stecken dürfte. Die Materialanmutung ist gut und nicht mit dem Plastikeindruck zu vergleichen, den preiswerte DSLRs meist vermitteln. Vor allem aber neigt beispielsweise Nikon dazu den Funktionsumfang ihrer Einsteigerkameras softwareseitig zu kastrieren um einen deutlichen Abstand zu den darüber positionierten Modellen zu halten – ich nehme an bei Canon wird das nicht anders sein. Die Software der preiswerteren Modelle von Panasonic und Olympus hingegen ist gegenüber den Spitzenmodellen in keiner Weise eingeschränkt. Die Unterschiede bestehen bei den beiden MFT-Anbietern lediglich hardwareseitig.

Zwar ist davon auszugehen, dass sich aus den 24-Megapixel-APS-C-Sensoren einer Nikon D5300 und vergleichbarer Aufsteiger-DSLRs spätestens unter Laborbedingungen mehr Detailschärfe herausholen lässt als bei den gängigen 16MP-Sensoren aktueller MFT-Kameras, allerdings nur mit Objektiven und Arbeitstechniken die bei den Zielgruppen von Einsteigerkameras eher nicht zu erwarten sind.

Abgesehen davon, dass mit professionellen Objektiven und professioneller Arbeitstechnik Consumer-Topmodellen wie der Nikon D7100 (in meinen Augen in Sachen Preis/Leistung eine der besten Kameras überhaupt) mehr Detailschärfe zu entlocken ist, würde ich die GM1 auf jeden Fall eher mit ihr vergleichen, als mit den darunter positionierten Nikons D5300 oder D3300. Jedenfalls was den Anspruch und den Funktionsumfang angeht.

Keine Kamera für ausgedehnte Fotosessions

In der Praxis wäre das Match D7100 gegen GM1 natürlich dennoch ein unfaires. Die D7100 ist eine Consumer-DSLR mit professionellem Anspruch, die GM1 eine kompakte und vielseitge Systemkamera für immer dabei. Beim Fotoshooting kann eine winzige Kamera in Sachen Effizienz und Handling-Komfort kaum mit einer griffigen und massiven DSLR mithalten. Da muss man mit den Füßen am Boden bleiben – Funktionsriese hin oder her.

Auch bei der Fokussierung rasanter Motive wird die GM1 neben der D7100 alt aussehen und wer die Kameras mit exzellenten Objektiven ausstattet (und hier ist die Auswahl bei Nikon doch deutlich größer) und auf ein Stativ stellt um Landschaft zu fotografieren darf von den 24MP ohne Tiefpassfilter bei der D7100 auch etwas mehr erwarten. Darüber hinaus ist die D7100 gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet, wo die GM1 ebenfalls passen muss.

Wie üblich kommt es drauf an, was man will. Als Kamera für ausgedehnte Fotosessions, für People, Porträt, Fashion & Beauty und Akt ist eine Kamera wie die GM1 ebenso wenig geeignet, wie für Sportfotografie, die Pirsch nach scheuen Tieren, das Einfangen fliegender Vögel etc. Auch für Makro kann ich sie mir nur bedingt vorstellen – die Kamera ist nicht besonders griffig und die fehlende Möglichkeit das Display zu klappen würde ich auch vermissen.

Professionalität im schicken kleinen Gehäuse

Nein, die Stärke der GM1 ist, dass sie jacken- und handtaschentauglich ist. Mit ihr schleppt sich niemand ab. Trotzdem ist man mit vielen MFT-Festbrennweiten in der Lage Aufnahmen in professioneller Qualität zu erzielen und muss beim Funktionsumfang auch im Vergleich mit Profi-DSLRs wenig Abstriche machen.

Eine Kamera für Einsteiger?

Ist die GM1 damit die Antwort für Einsteiger die nach einer preiswerten, kompakten Alternative zu DSLR suchen? Ich bin mir nicht sicher.

Meine Erfahrung lässt mich vermuten, dass die meisten Laien, die nicht wirklich am Fotografieren interessiert sind, sondern nur ohne Aufwand bessere Fotos machen wollen, ihre DSLR früher oder später wieder zuhause lassen weil sie ihnen zu groß ist und zur Kompaktkamera zurück kehren – oder mit den mittlerweile hervorragenden Smartphones fotografieren. Von daher wäre eine kompakte Systemkamera wie die GM1 natürlich eine Alternative.

Allerdings glaube ich, dass sich Laien, die an Systemkameras interessiert sind, vor allem auch von kurzer Schärfentiefe fasziniert sind und die ist mit einer MFT-Kamera mit einem kompakten und nicht besonders lichtstarken Standardzoom doch schwerer zu erreichen, als mit einer DSLR.

Nach über einem Jahr MFT habe ich zwar den Eindruck gewonnen, dass MFT-Objektive im Schnitt schönere Bokehs erzeugen, als meine vormaligen Vollformatobjektive. Natürlich ist die Schärfentiefe größer und Hintergründe sind im Vergleich weniger unscharf. Doch dafür sind sie weicher, ruhiger und cremiger. Ich war besonders überrascht vom Bokeh des M.Zuiko 12–50mm ƒ3.5–6.3. Ich meine: 50mm MFT bei Blende ƒ6.3 – was soll das bitte für ein Bokeh ergeben? Zu meiner Überraschung: Ein sehr schönes. Die Schärfentiefe ist zwar nicht besonders gering aber die Weichzeichnung ist so flauschig, dass es trotzdem bezaubernd aussieht. Und das gilt eigentlich für alle MFT-Objektiv, die ich bislang im Einsatz hatte.

Dennoch: Es gibt viele Situationen in denen eine DSLR wegen ihres größeren Bildsensors mit einem Standardzoom mehr Bokeh erzielt. Und ich glaube Laien stehen darauf (so wie wir auch). Sie sind enttäuscht, wenn eine teuere Systemkamera (auch DSLRs sind Systemkameras) lediglich moderat kurze Schärfentiefen erzeugen kann. Ich glaube, das ist eines der großen Probleme von Nikons 1-System im Amateurmakrt.

Laien (die noch nicht vom Fotovirus gepackt sind) kostet es nach meiner Erfahrung Überwindung Euro 500+ für eine Systemkamera auf den Ladentisch zu blättern. Es schiene mir absurd ihnen zu empfehlen noch einmal 1000 Euro für ein lichtstarkes Zoom in die Hand zu nehmen.

Und Festbrennweiten? Ich denke Anwender die noch nicht recht wissen, ob sie wirklich an der Fotografie interessiert sind und nicht nur tolle Bilder mit wenig Aufwand machen wollen, sind damit überfordert.

Das sind Gründe, weshalb ich noch immer zögere Leuten, die mich fragen was für eine Kamera sie kaufen sollen, eine MFT-Kamera zu empfehlen. Ich erzähle davon, doch ich forciere nicht sie in diese Richtung zu beeinflussen. Ich will niemandem etwas empfehlen, wenn ich fürchte, er könnte damit nicht glücklich sein, selbst wenn ich die Vorzüge des Produkts kenne.

Eine Kamera für Leute die wissen was sie wollen

Die GM1 ist eine Kamera zum Preis einer Einsteiger-DSLR die Einsteiger-DSLRs locker in die Tasche steckt, doch ich denke sie ist keine Kamera für fotografische Einsteiger. Die GM1 ist eine kompakte Systemkamera für bereits erfahrenere Fotografen die eine leistungsfähige Kamera mit möglichst wenig Gewicht und Volumen suchen. Ich würde sie niemandem empfehlen, der noch nicht weiß, was er will, aber jedem der genau das will: eine gute, kompakte Systemkamera.

Ein Ersatz für die Kompakte?

Die GM1 ist kompakt. Ohne Objektiv ist sie kaum größer als die wirklich kompakte Olympus XZ-10, meine bevorzugte Kompaktkamera. Mit Objektiv jedoch sieht es anders aus. Eine Kompaktkamera, wie eben die XZ-10 oder die Canon S120, ist hemdtaschentauglich und findet zur Not auch in der Tasche einer Jeanshose Platz. Für die GM1 muss es selbst mit einem kompakten Pancake zumindest eine Jackentasche sein.

Darüber hinaus sind Kompaktkameras mit kleinen Bildsensoren einfach unschlagbar komfortabel in der schnellen Makrofotografie.

Aus diesen Gründen kann die GM1 eine echte Kompaktkamera für mich nicht ersetzen.

Die GM1 in der Praxis

Nicht zuletzt aufgrund der Größe sind die Bedienelemente der GM1 überschaubar. Neben Ein/Aus, Moduswahlrad, einem Schalter zum Umschalten zwischen AF-S, AF-C und MF (bravo, Panasonic) und einer FN-Taste gibt es in erster Linie noch ein Rad auf der Rückseite, das auch als Wippe dient. Der Startknopf für Video lässt sich leider nur On/Off schalten und nicht individuell belegen, was ein bedauerliches und unnötiges Versäumnis ist.

Trotz der überschaubaren Anzahl an Bedienelementen lässt sich die GM1 überraschend gut und flüssig bedienen, auch wenn man mit manueller Belichtung arbeitet. Schnell gewöhnt man sich daran die Kamera halb über Drehrad und Wippe und halb über das Touchdisplay zu bedienen. Das geht vor allem auch deshalb so gut, weil die Kamera keinen Sucher hat: Fotografieren mit Sucher und bedienen über Touchdisplay wäre hingegen zu umständlich.

Das Fotografieren ohne Sucher hat aber auch seine Schattenseiten, vor allem wenn man es im strahlenden Sonnenschein versucht. Da wird Einstellen, Bildausschnitt wählen und Fokussieren sehr schnell zum Blindflug. Ein ganz klarer Nachteil gegenüber Spiegelreflex und Systemkameras mit Sucher. Hier darf man gespannt sein, ob Panasonic in Zukunft Sonys Beispiel folgen und eine kompakte GM1-Nachfolgerin vorstellen wird, die über einen aus dem Gehäuse ausklappbaren Sucher verfügt.

Der Einstieg in die Arbeit mit der Kamera gestaltete sich zunächst etwas schwierig und nervig. Das rückseitige Bedienrad lässt sich sehr leicht kippen und löst dann unbeabsichtigt eine Funktion aus. Außerdem liegt das Bedienrad sehr nahe am Display (eh klar, bei dem kleinen Gehäuse) und rasch erfolgt eine versehentliche Berührung des Displays was ebenfalls eine Funktion auslösen kann. Doch auf beides hat man sich schnell eingestellt und dann erfolgt die Bedienung wie gesagt überraschend flott und flüssig.

Punkten kann die GM1 unter anderem mit absolut geräuschlosem Auslösen. Zwar sind spiegellose Kameras generell leiser, doch ein vernehmbares Geräusch erzeugt der mechanische Verschluss allemal. Die GM1 kann allerdings auch Fotos mit einem elektronischen statt eines mechanischen Verschlusses belichten und dann ist vom Auslösen absolut nichts zu hören.

Der elektronische Verschluss führt weiters dazu, dass Belichtungszeiten bis zu 1/16.000 Sekunde ermöglicht werden, womit sie wohl so gut wie alle Profikameras in den Schatten stellen dürfte. Wäre interessant, wie sich das beim Blitzen nutzen ließe. Doch da die Kamera keinen Blitzanschluss hat und die GM1 keine entfesselten Blitze steuern kann, lässt sich das wohl nur schwer herausfinden.

Was mir etwas Kopfzerbrechen bereitete, war, dass es mir zunächst nicht gelang eine Belichtungszeit einzustellen, die länger als eine Sekunde ist. Erst nachdem ich die Kamera auf Werkseinstellung zurück gestellt hatte war das (wieder) möglich. Später fand ich heraus, dass es am Stummschalten lag: Ohne mechanischen Verschluss, keine Langzeitbelichtung. Aha.

Fazit

Die GM1 ist sicher nicht die Kamera erster Wahl für mich bzw. ich könnte nicht ausschließlich mit ihr leben; im Gegensatz zur E-M1 oder E-M5 (oder E-M10). Als kompakteste und vor allem leichteste Erweiterung zu meiner MFT-Ausrüstung hat sie aber durchaus ihren Reiz.

Man muss bei ihr Abstriche machen, vor allem wenn es darum geht im Sonnenschein zu fotografieren. Dafür bekommt man hervorragende Qualität und einen Funktionsumfang, der nichts zu wünschen übrig lässt (wenn man vielleicht von der mangelnden Erweiterbarkeit durch Blitze absieht), in einem unschlagbar kleinen und schicken Gehäuse.

Ab Juni soll die GM1 als GM1L im Kit mit dem neuen G-Objektiv 15mm ƒ1.8 erscheinen und wenn der Kit-Preis attraktiv ist spiele ich mit dem Gedanken das Pakte zu kaufen – das 15mm ƒ1.8 steht ohnehin ganz vorne auf meiner Wunschliste.

Wer in der Umgebung von Feldkirch zuhause ist kann sich die GM1 bei Foto Hebenstreit im Illpark ansehen und auch viele andere Händler werden die Kamera zum Anfassen und Ausprobieren im Laden haben. Wer lieber über Amazon bestellt findet hier einen Link, über den für mich ein paar Euro Provision abfallen, ohne dass er (oder sie) einen Euro mehr zahlen muss.

Das 12-40mm ƒ2.8 ist zwar im Verhältnis zu APS-C und Vollformatobjektiven kein Riese aber an der GM1 noch immer ein ordentliches Kaliber – ein Objektiv mit Kamera dran, könnte man sagen.

Kamera und Stativ sind klein, aber die Qualität ist ganz groß.