“Pain & Gain” von Michael Bay

© Paramount / Dwayne Johnson, Mark Wahlberg und Anthony Mackie (v.l.n.r.) in Michael Bays

© Paramount / Dwayne Johnson, Mark Wahlberg und Anthony Mackie (v.l.n.r.) in Michael Bays “Pain & Gain”

Als Regisseur lässt sich Michael Bay recht schnell in eine Schublade einordnen. Von „Bad Boys“ bis „The Rock“, von „Armageddon“ bis „Transformers“. Bay steht für ästhetisierte Actionsequenzen, mit Testosteron geschwängerten Mannsbildern, mit Frauen denen man im normalen Leben niemals begegnen würde, weil es in der Realität niemanden gibt, der sich wie Megan Fox auf einem Motorrad räkelt. In den Sonnenuntergang fliegende Helikopter, ein idealisiertes Bild des US-Soldaten, die amerikanische Flagge patriotisch im Wind wehend. Es gibt wenige Filme von Michael Bay, in denen er auf diese Symbole verzichtet. Vielleicht fühlt sich „Pain & Gain“ eben deswegen so wenig nach Michael Bay an, weil das Gefühl fehlt, das diesen Mann und seine Filme ausmacht.

Nach einem Drehbuch von Christopher Markus und Stephen McFeely, basierend auf einer Artikelreihe von Pete Collins, die in der Miami New Times erschienen ist, arbeitet Bay die wahre Geschichte der Sun Gym Gang auf. Zu sehr sollte man sich auf diese Aussage jedoch nicht verlassen, denn Bay hat Details fallen gelassen, sogar wichtige Personen aus seinem Film gestrichen und sie seinen inszenatorischen Vorlieben geopfert. Wenn der Film mit der Nachricht „Dies ist wirklich geschehen“ eröffnet, sieht man etwas fiktional hinzu Gefügtes. Wenn der Film zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal wiederholt „Dies ist immer noch eine wahre Geschichte“, sieht man eine erfundene Person, wie sie einer halbfiktiven Person dabei zusieht, wie diese etwas tut, was sich so ähnlich zugetragen haben soll. Das ist nun einmal eine wahre Geschichte, wie Michael Bay sie definieren würde.

Mark Wahlberg als Daniel Lugo mit Bar Paly als Sorina Luminita

Mark Wahlberg als Daniel Lugo mit Bar Paly als Sorina Luminita

Daniel Lugo, im wahren Leben nach diesem Fall zum Tode verurteilt, im Film als cooler Typ von Mark Wahlberg dargestellt, sowie sein bester Kumpel Adrian Doorbal (Anthony Mackie spielt den Mann, der ebenfalls mit der Todesstrafe belegt wurde) sind Bodybuilder und Fitness-Trainer aus purer Leidenschaft – „I believe in fitness“ ist ihr Glaubensbekenntnis. Sie haben aus ihren Körpern dank Protein-Shakes und Krafttraining alles rausgeholt. Wo die Muskeln sprießen, bleiben die erwünschten Dollar-Noten jedoch aus. Gemeinsam mit Ex-Sträfling Paul Doyle (Dwayne Johnson) hecken sie einen Plan aus, entführen den Millionär Victor Kershaw (Tony Shalhoub) und möchten mit dessen Geld ihren American Dream wahr werden lassen. Die Sun Gym Gang genießt schon bald den Luxus des besseren Lebens. Sie fahren schnelle Autos, lassen sich von schönen Frauen verwöhnen. Doch der tot geglaubte Kershaw engagiert den Privatermittler Ed Du Bois (Ed Harris), der die drei Muskelpakete überführen soll.

Die USA als Land der unbegrenzten Möglichkeiten, es ist erneut eine Lobeshymne Michael Bays, die vor Stolz und Patriotismus nur so trieft. Das Problem an dieser Geschichte ist jedoch, dass Bay Verbrecher idealisiert, die er am Ende zwar als schuldige Menschen darstellt, die ihrer gerechten Strafe zugeführt werden, die zuvor allerdings zwei Stunden lang als unterhaltsame Charaktere durch den Film führen. Schon fast wie in einem Cartoon wirkt die Mimik und Gestik von Wahlberg und Johnson, Anthony Mackies Probleme mit seiner Manneskraft unterhalb der Gürtellinie werden ebenso unterhaltsam aufgegriffen. Der Ernst der Lage weicht dem Spaß. Die später verurteilten Verbrecher leben den Traum, zeigen dass auch sie es nach ganz oben schaffen können. In diesem Fall nur eben nicht mit harter Arbeit, sondern mit Entführung, Folter und Totschlag. Ein merkwürdig anmutendes Bild der unbegrenzten Möglichkeiten und des amerikanischen Traums.

Tony Shalhoub spielt das Opfer Victor Kershaw

Tony Shalhoub spielt das Opfer Victor Kershaw

Ebenso merkwürdig erscheint es, wenn bei Bay mal nichts in die Luft fliegt, keine erwähnenswerte Explosion, Miami wird nicht in Stücke gerissen. Dort sind keine auf die Erde niederstürzenden Asteroiden, keine außerirdischen Roboter die sich in unseren Städten prügeln möchten. Mit dieser Ruhe kann Bay nicht umgehen, verliert an seiner Kraft, die er aus eben jenen Blockbuster-Momenten zieht. Die amerikanische Flagge kommt immer wieder zum Einsatz, wird im dreckigen Bild als strahlender Hintergrund präsentiert. Das sexy Dummchen ist die vorherrschende Frauenrolle. Autos so schnell und rasant als seien sie den Transformers entsprungen, das sonnenbehaftete Miami kennen wir von den Bad Boys, die immer wieder eingesetzte Slow Motion gehört zum Standard-Repertoire des Regisseurs – und doch ist nichts wie es sein sollte. Alles scheint am rechten Fleck, aber Bay wirkt nicht wie Bay, wenn er nichts überdimensioniert in die Luft sprengen darf. Als Regisseur hat er sichtlich Probleme damit, sich auf die Handlung zu konzentrieren, nicht mit Effekthaschereien zu spielen.

Michael Bay hat es mit einem Budget von 26 Millionen US Dollar geschafft nicht mehr als die drei Stooges auf Steroide zu inszenieren. Dabei kommt Dwayne Johnson noch am besten weg. Als geläuterter Ex-Knacki, der zu Gott gefunden hat und nun immer wieder von sündhaften Verführungen heimgesucht wird, trifft er einen Ton des Films, den sich Michael Bay als Gesamtkonzept hätte dienlich machen können. So aber versucht er den Bay‘schen Filmhorizont auf eine Geschichte anzuwenden, die sich hierfür als gänzlich unpassend erweist.

 


Pain & Gain_Hauptplakat

“Pain & Gain“

Originaltitel: Pain & Gain
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2013
Länge: ca. 130 Minuten
Regie: Michael Bay
Darsteller: Mark Wahlberg, Dwayne Johnson, Anthony Mackie, Tony Shalhoub, Ed Harris, Rob Corddry, Bar Paly, Rebel Wilson, Ken Jeong

Deutschlandstart: 22. August 2013
Im Netz: painandgain-film.de



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