Die erste Schulwoche liegt hinter uns. Der erste Tag mit Schulbeginn um 7.30 Uhr auch. (Ungenügend, resp. miserabel gemeistert von der Mutter, die ihn vergessen hatte. Perfekt gemeistert von der Tochter, die Bett-Frühstück-Zähneputzen-Losmarschieren innerhalb von 10 min schaffte.) Schon zweimal ist der perfekte Sohn mit der Gitarre am Rücken in die Schule marschiert, einmal davon ohne mich. Die ersten Frustanfälle bezüglich Hausaufgaben liegen bereits uns. Von schönen Erfahrungen wurde berichtet. Sogar Papiersammlerin war die perfekte Tochter schon. (Zudem liegen auch abgesehen vom Schulischen ereignisreiche Wochen hinter uns, doch davon mehr am Freitag in den Friday Fives.)
Wir sind gut ins Schuljahr gestartet. Ich stelle allerdings einmal mehr fest, dass ich Ferien angenehmer finde. Kinderfreie Morgen sind schön und arbeitsfreundlich, doch das ganze Brimborium drum herum braucht einfach viel Zeit und Energie und Planung. Zum Glück weiss ich, dass es ringer werden wird, sobald uns die neuen Stundenpläne in Fleisch und Blut übergegangen sind und die Routine sich eingestellt hat (also ziemlich sicher beim Schulbeginn nach den Herbstferien).
Und nun – Trommelwirbel! – noch ein bisschen mehr Ehrlichkeit: Ich finde Schule nicht nur anstrengend aus organisatorischen Gründen. Ich finde es anstrengend, dass sich jemand in unser Familienleben einmischt.
Dass andere Werte dazu kommen. Andere Vorbilder. Dass ich Aufgaben beaufsichtige, die ich so nie stellen würde. Dass die Kinder (und damit ich) mit Themen konfrontiert werden, denen ich lieber ausweiche. Dass ein grosser Teil des „Familienfahrplans“ von aussen bestimmt wird. Dass ich oft das Gefühl habe, immer auf etwas reagieren zu müssen, statt selbstständig zu agieren.
Ich liebäugle immer wieder mit der Idee Homeschooling. Und verwerfe/verschiebe sie immer wieder, weil ich spüre, dass mir genau diese Konfrontation mit dem Anderen gut tut. Dass sie meinen Kindern gut tut.
Dass sie letztlich uns als ganze Familie gut tut, weil wir flexibel bleiben, neue Erfahrungen machen und dabei merken, was uns wirklich wichtig ist und wofür es sich aus unserer Sicht zu kämpfen lohnt.
Ich bin bereit, auch in diesem Schuljahr dazu zu lernen!
Einiges freiwillig, anderes gezwungenermassen. Mal freudig, mal frustriert. Das Eine beim ersten Mal, das Andere beim neununddreissigsten Mal. Wie die Kinder auch.
Motiviert, das Lernen auch in diesem Jahr anzupacken und nicht auf die Jammerschiene zu kommen, hat mich dieser tolle Text aus „Das Schweizer Elternmagazin. Fritz und Fränzi“:
Claudia Landolt: „Wie ich als Mutter lernte, die Schule zu meistern“
Einige Zitate daraus haben mich besonders herausgefordert, und ich fühlte mich z.T. so richtig ertappt (was sich komischerweise gut angefühlt hat):
Kaum stolpert der Nachwuchs aber auf die Schulbühne, geht es los mit den neuen Konfrontationsebenen.
Denn in der Schule ist jedes Kind, selbst der folgsamste Prinz und die hübscheste Prinzessin, nur eines unter vielen. Gleiche Rechte und gleiche Pflichten gelten hier. Über Nacht werden aus kleinen Wunschkindern kleine Schulbürger. Gut möglich, dass die Lehrerin sogar ein anderes Kind dem meinigen vorzieht, und unweigerlich kommt der Tag, an dem das Kind eine Verbesserung zum zweiten Mal abschreiben oder drei Seiten Rechenaufgaben bewältigen muss, ob es nun darauf Lust hat oder nicht. Mit Sicherheit kommt auch der Moment, wo es wegen einer Dummheit nachsitzen muss oder das Turnzeug vergessen hat und nicht mitturnen darf. Dieser Gedanke ist unangenehm.
Ein Schulkind zu haben, bedeutet eben nicht, die individuellen erzieherischen Ideale in einer Art Grundsatzdebatte bei jeder Gelegenheit unaufgefordert zu artikulieren.
Schule ist Bildung, keine Dienstleistung. Das ist zwar den Lehrpersonen klar, aber leider nicht allen Eltern.
Die Lehrer tun dem Kind Gutes, auch wenn sie es niemals so lieben werden wie die eigenen Eltern und obwohl sie versuchen, alle Kinder der Klasse gleich zu behandeln. Das ist scheinbar leicht zu begreifen, emotional aber bleibt es schwierig.
Sich aus Kinderstreitigkeiten raushalten: ja! Das bedeutet eben nicht, sich aus der Schule rauszuhalten. Sondern neugierig zu sein und Anteil zu nehmen an dem, was das Kind ausser Haus erlebt.
In dem Sinn: Lasst uns gemeinsam lernen – Kinder, Eltern und Lehrpersonen!