Ostsee Fernradweg R10 – Bike the Baltic

Von Friedrich

Nach meinen guten Erfahrungen im polnischen Tatra möchte ich auch noch den Norden des Landes kennen lernen und was ist schöner als im Sommer in die Ostsee zu springen? Handtuch eingepackt, aufs Fahrrad geschwungen und ab in den Sommerurlaub!

Der Ostsee Fernradwanderweg (R10) führt von Lübeck immer an der Ostseeküste entlang bis zur ehemaligen Hansestadt Gdansk an der Weichselmündung in Polen. Unsere Reise beginnt im dritten Abschnitt auf der Ferieninsel Usedom und führt über ca. 300 Kilometern bis Slupsk (Utska), von wo es mit dem Zug weiter nach Gdansk geht. Dort sind wir wieder an den Fernverkehr angebunden und können leicht, auch mit Fahrrad, zurück nach Deutschland fahren.

‘Bike the Baltic’ Wegweiser – Grün auf Weiß

Kiefernwald an der Ostseeküste

Strandzugang

Sonnenuntergang an der Strandpromenade, Urlaubsfeeling pur!

1. Wunderschöne und abwechslungsreiche Natur
Nach wenigen Kilometern überqueren wir in Świnoujście die Grenze nach Polen und sind ohne es zu Bemerken schon auf dem R10. Die Grenze ist nur noch mit einem kleinen Schild mit der polnischen Flagge gekennzeichnet und wir können direkt weiter ins Landesinnere. Schnell ist klar, warum wir uns genau diesen Weg ausgesucht haben: Der Radweg führt durch wunderschöne und abwechslungsreiche Natur und schlängelt sich an der Ostseeküste entlang durch viele kleine Kurorte. Es ist ein ständiges Hin und Her vom Trubel der Urlaubssuchenden an der Ostsee und den relativ einsamen Abschnitten dazwischen. Schon am ersten Tag fahren wir durch beschattete Kiefernwälder, sehen goldene Getreidefelder und das Wasser, auf dem sich die Wellen schäumen.

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Toller Fahrradweg durch eine Sumpfgegend

Rechts das Meer, daneben der Radweg. Leider nicht der R10, den hatten wir wieder verloren.

wunderschöner Radweg durch Getriedefelder.

2. Beschilderung des R10 Radweg
Langeweile und Eintönigkeit kommt auf dem R10 definitiv nicht auf. Doch was seine Vorteile sind, sind auch seine Nachteile. Von Anfang an haben wir Probleme uns auf dem Weg zuhalten. Die Beschilderung ist optimistisch ausgedrückt spärlich. Häufig sind die Wegweiser erst mehrere Hundertmeter nach der Kreuzung aufgestellt, so dass man keine Chance hat ohne große Detektivarbeit den Weg direkt zu finden. An jeder zweifelhaften Kreuzung müssen wir anhalten, alle Wegrichtungen kurz abfahren und dann entscheiden welchen Weg wir nehmen. Doch auch das hilft nicht immer. Während des gesamten Urlaubs verfahren wir uns ständig, um später zufällig wieder auf den Weg zu treffen. Besonders der Anfang zwischen Usedom und Kolobrzeg ist nervenaufreibend – danach wird es besser. In jedem Falle empfehle ich einen Reiseführer mitzunehmen und nicht auf die Beschilderungen zu vertrauen!! Empfehlung: Bikeline

Rechts oder Links? Übermalte Wegweiser

Abgebröckelter Putz, zum Glück ist der Pfeil noch da

Inlands Seen

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3. Die Qualität des Radwegs
Ein weiteres Problem sind die Fahrradstrecken. Zwar sind viele Orte in Polen gerade dabei sich ein ganz neues Gesicht zu verschaffen und alles zu sanieren, aber gerade die Feldstrecken auf dem Lande leiden unter fürchterlichen Bedingungen. In den Wäldern wachsen Baumwurzeln über den Radweg, an der Küste versinken wir im Sand und müssen schieben und die Straßen überraschen uns immer wieder mit größeren Schlaglöchern. Kurz, solange der Fahrradweg nicht an der Bundesstraße entlang führt, muss man sich auf raue Verhältnisse einstellen. Alles sicherlich kein Problem, wenn man sich darauf vorbereitet, jedoch sollte man dies auf seine tägliche Strecke einbeziehen und die Kilometeranzahl nicht so hoch ansetzen.

Überflutetes und rutschiges Kopfsteinpflaster. Wir mussten umkehren.

Nach Betonplatten kommt Sandweg.

R10 durch den Woliński Nationalpark

4. Kurorte und Übernachtungsmöglichkeiten
Zwischen den größeren Städten Kolobrzeg, Koszalin bis Ustka fahren wir durch zahlreiche kleine Orte, jeder mit seiner eigenen kleinen Strandpromenade. Die Übernachtungsmöglichkeiten sind zahlreich uns günstig. Fast jedes Dörfchen an der Ostsee hat sich auf den Tourismus spezialisiert und die Bewohner schreiben mit dem typischen Schriftzug ‘Pokoje’ ihre freien Zimmer aus. Eine besondere Vorliebe haben die Polen für kleine Holzhütten, die nebeneinander auf einer Rasenfläche angeordnet sind. So hat jede Familie ihr eigenes kleines Reich und lebt vom Nachbarn unabhängig. Auch Restaurants, Unterhaltungsmöglichkeiten (Flipper, Achterbahnen etc etc.) gibt es fast überall zu finden.

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Wandermöglichkeiten im Kiefernwald zur Ostsee.

5. Die Ostsee
Die Fahrradstrecke führt hauptsächlich nah an der Ostsee entlang, ohne jedoch wirklich jemals einen Blick auf die Ostsee zuzulassen. Das Wasser ist immer mit einer Art ‘Steilküste’ und durch ein kleines Stück Wald zum Inland getrennt. Möchte man also einen kleinen Abstecher zur See machen, müssen wir den Radweg verlassen und über den Sandweg zum Wasser. Die Ostsee selber ist dann wunderbar. Leicht salzig – erfrischend – mit einem kleinen Wellenschlag lädt sie zur Erfrischung ein und ist besonders nach ein paar Duzend Kilometern auf dem Fahrradsattel perfekt für eine kleine Pause. Das beste: Sie ist immer da und wir können immer, wann es uns gefällt, eine Pause machen.

Wunderbarer Ostseestrand…

… mit Sand soweit das Auge reicht.

6. Gdansk
In Slupsk steigen wir in den Zug (Achtung, keine Fahrstühle am Bahnsteig) und fahren für 15 Euro zum Badeort Sopot bei Gdansk. Da Danzig nicht direkt an der Ostsee liegt, ist Sopot der nächst gelegene Ort am Wasser mit Strandpromenade. Von dort können wir die Altstadt innerhalb von ca. 40 Minuten mit der S-Bahn erreichen und schauen uns unter anderem die Marienkirche, das Krantor und die Frauengasse an, mit ihren reich geschmückten Bürgerhäusern. Die Stadt strotzt vor Leben und lädt ein zum Bummel auf dem Mittelaltermarkt oder einer Besichtigung der Museen zur reichen Geschichte von Danzig.

Die Frauengasse mit der Marienkirche

Das Krantor

Mittelaltermarkt in der Altstadt

Frisch gebackenes Brot

Liebevolle Altstadt von Danzig

7. Fazit
Der Fernradweg R10 an der Ostsee ist eine vielversprechende Reisestrecke mit Mängeln. Zwar kann uns die Natur, die polnische Gelassenheit, die unkomplizierten Übernachtungsmöglichkeiten und das leckere polnische Essen vollkommen überzeugen, jedoch braucht der Radweg noch ein paar Jahre um wirklich nett befahrbar zu werden. Zu häufig haben wir unsere Tagesziele nicht erreichen können, weil wir uns verfahren haben oder im Sand stecken geblieben sind. Wir hatten alle Mühe unsere gepäckbeladenen Fahrräder ins nächste Dorf zu schleppen und waren nach 5 Tagen froh endlich in die Bahn in Richtung Gdanks fahren zu dürfen.

8. Tipp
Startet direkt von Kolobrzeg oder Utska und fahrt von dort bis nach Gdansk. Erstens sind die Wege dort schon viel besser und zweitens könnt ihr euch dann die Wanderdünen in Leba und den Słowiński Nationalpark auf der Halbinsel davor angucken. Beide wurden uns mehrmals auf der Route empfohlen.

Solltet ihr aus Richtung von der Berlin mit dem Zug anreisen, könnt ihr euch bei der VBB nach günstigen 10 Euro Tickets von Berlin bis nach Stettin umschauen. In Polen selber sind die Züge dann noch günstiger.

Schön wars

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