Ostertanztage 2014 in Hannover - Nachlese, 2. Teil: "Danza Contemporàna de Cuba"

Von Helge

Ostertanztage Hannover 2014, noch einmal ein Nachlesebericht, kurz vor Pfingsten. Zum Gastspiel war diesmal die Kompanie für zeitgenössischen Tanz aus Cuba geladen.
Sie stellte am Karsamstag, 19. April ab 19.30 Uhr, drei Arbeiten vor: "Demo-N/Crazy", "Mambo 3 XXI" und "Identidad-1".

"Identidad-1"- Choreografie George Céspedas - meint das Individuelle im Verhältnis zur Gemeinschaft, aber nach der Vorführung habe ich mich gefragt: Wo bleibt das Individuelle? Es beginnt mit Rollenverhalten und Konformismus. Die Masse steht still und geht zunächst ohne Musik zu langsamem Bewegungsschreiten über ... Drei Tänzer und eine Tänzerin, diese bleibt schließlich alleine ... In einer weiteren Phase sind rasche Bewegungen zu sehen, teilweise als Zitter- und Schüttelbewegung. Die dritte Phase ist wieder ruhiger, mündet wieder in Konformismus: klopfender Rhythmus, Stampfen dazu. George Céspedes geht es um beides: die kulturelle Identität und die nationale Identität. Die kulturelle Identität vermittelt ein Zusammengehörigkeitsgefühl über Traditionen, Werte, Symbole, Verhaltensweisen, die nationale beschreibt ein Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gemeinschaft, die Geschichte, Geografie, Politik und Erinnerungen teilt. Der Mensch als Individuum und Gemeinschaftswesen, das Thema umkreist die lebendige Choreografie - oder auch: die existentielle Frage: Wer bin ich?


"Demo-N / Crazy" - Choreografie Rafael Bonachela - spielt an auf Demokratie und Verrücktes. Wie in seinen meisten Arbeiten geht Bonachela von Duetten aus (Bild): Menschen suchen in unterschiedlichen Verbindungen, aber immer voller erotischer Spannung, Wege, um mehr voneinander zu wissen (nach dem Pressetext). Es beginnt ganz still, ein tickendes Geräusch, dann eine Solostimme; später eine sirenenartige Musik und Duette, von denen ein Tänzer alleine bleibt. In einem anderen Abschnitt ertönt kubanischer Gesang, und dann tanzen zwei Männer zu "Ne me quitte pas" (Jaques Brel), die Bitte, jeweils nicht verlassen zu werden. Schmerz und Gewalt werden zum Ausdruck gebracht, schließlich bleibt es still. Im beschließenden Abschnitt werden Musik und Bewegungen lebhaft; in den Zweierbeziehungen wird oft Gewalt eingesetzt. Ganz am Schluss stehen alle kopf. Das "kann als ironische Antwort Bonachelas auf die Suche nach dem Wissen um einander gelesen  werden" (Pressetext).

"Mambo 3 XXI"- Choreografie George Céspedes - knüpft an einen kubanischen Musikstil der 1930er Jahre an, der (wie immer in Kuba) zugleich ein Tanzstil war. Die Ziffern in der Überschrift sind als "drittes Jahrtausend, 21. Jahrhundert" zu verstehen. Wieder der Beginn mit Konformismus oder Uniformität, das ganze Ensemble bewegt sich fast militärisch. Nach und nach brechen einzelne Tänzerinnen, Tänzer mit ihrer Individualität aus. Menschen finden, verstoßen, verstehen oder verfehlen einander, "um am Ende wiederum gemeinsam, aber ohne Selbstverleugnung und mit gesteigerter Dynamik, etwas Neues ins Werk zu setzen. Das alte Jahrtausend liegt hinter ihnen - das neue scheint ihnen eine ganze Menge Spaß zu machen" (Pressetext). Die kubanisch inspirierte Musik brachte reichlich Lebensfreude zum Ausdruck. Am Schluss wird die Musik hämmernd-modern.

Kurzum: Freuen Sie sich, freue Dich auf die nächsten Ostertanztage, 2015 ! Ich hoffe, meine Schilderungen konnten dazu anregen, im nächsten Jahr teilzunehmen und rechtzeitig Karten zu besorgen!

Text: Dr. Helge Mücke, Hannover teilweise unter Verwendung der Pressetexte; Bild (Pressefoto, keine freie Verwendung):© Thomas Ammerpohl.