Österreich: Wahlkampfzeit – Steuerreformzeit

Von Ecocens @EcoCens

Was wäre ein österreichischer Wahlkampf ohne die wortgewaltigen Abgrenzungsversuche jener Parteien, die noch beinahe fünf Jahre lang zuvor mehr oder minder in Eintracht koaliert haben? Vor allem die Pläne für Steuerreformen werden dabei immer wieder – völlig umsonst – aus der parteipolitischen Mottenkiste geholt.

Hurra, die Lohnnebenkosten sollen gesenkt werden, Leistung sich wieder lohnen, die Reichen zugunsten der Armen zur Kasse gebeten werden, und die Senkung des Eingangssteuersatzes von derzeit 36,5% auf 25%. Während die SPÖ ihre Steuerpläne schon gleich nach der Wahl umsetzen möchte, will die ÖVP erst noch auf ein "konsolidiertes Budget" warten. Das sei angeblich 2016 der Fall. Aber Österreich wäre nicht Österreich, wenn es erstens nicht anders, und zweitens als man denkt, kommen würde.

Die betonierte Republik

Für die Österreicher bedeutet dies, dass es schlussendlich eh so bleibt wie bisher. Immerhin sieht es den Umfragen entsprechend derzeit so aus, dass die beiden Mittelparteien ohnehin wieder miteinander koalieren (müssen). Ergo: Wenn es keine vorgezogenen Neuwahlen gibt, wird man 2018 entweder auf eine von der ÖVP geführten Rechtskoalition (mit FPÖ und/oder Team Stronach), oder eine von der SPÖ geführten Linkskoalition (mit den Grünen) hoffen müssen, damit sich überhaupt einmal etwas bewegt.

Hinzu kommt die Tatsache, dass Österreich so stark von diversen Interessenverbänden (der SPÖ und der ÖVP) durchzogen ist, dass eine echte Reform einer dieser beiden Parteien nur gegen massivste Widerstände machbar ist. Aber, wenn beide Parteien zusammen regieren, tut sich erst recht nichts. Zumindest nicht ohne irgendeinen Kuhhandel, bei dem sich summa Summarum für die Menschen in der Alpenrepublik nichts ändert.

Schuld sind eben immer die Anderen

Für eine Regierungspartei gibt es eigentlich nichts Besseres als eine Koalition. Man braucht hierbei nur einen Blick auf die ÖVP werfen: Seit 1987 sind die Schwarzen durchgehend in Regierungsverantwortung. Und auch wenn man die Ära der schwarz-blauen, bzw. schwarz-orangenen Regierung (2000-2007) durchaus auch kritisieren kann, so waren diese 7 Jahre wohl von mehr Reformeifer geprägt, als die 7 Jahre davor und die knappen 7 Jahre danach.

Hier zeigt sich deutlich, dass eine "große Koalition" zwar eine gewisse Stabilität mit sich bringt – aber auch nur deshalb, weil wirkliche Reformen von diesen beiden Parteien zusammen nicht umsetzbar sind. Und so können die Betonierer immer schön auf den Koalitionspartner verweisen, wenn die im Wahlkampf propagierten Ziele nicht einmal ansatzweise umgesetzt wurden. Da fragt man sich ernsthaft, warum Rot und Schwarz überhaupt noch eine gemeinsame Regierung bilden, wenn sie genau wissen, dass ihre Wahlkampfphrasen schlussendlich ohnehin nur leere Worthülsen sind. Oder ist das vielleicht einfach nur politisches Kalkül?

Mut zur Veränderung

Als Resümee bleibt wohl nur die Feststellung, dass eine politische Änderung nur dann möglich ist, wenn entweder eine der beiden Parteien so stark wird, dass sich eine alternative Koalition mit einer der derzeitigen Oppositionsparteien ausgeht – oder, wenn eine der kleinerein Parteien zur zweitstärksten Kraft aufsteigt, und sich dadurch eine komfortable Mehrheit links oder rechts der Mitte ergibt.

In 40 Tagen werden wir auf jeden Fall wissen, welche Richtung das Land einschlagen wird. Wahrscheinlich wird jedoch auch die nächsten fünf Jahre weiter betoniert, weil die bisherige rot-schwarze Koalition wieder die absolute Mehrheit der gültigen abgegebenen Stimmen erreicht. Dann wurstelt sich die Alpenrepublik wieder ein paar Jahre in der Hoffnung durch, dass die gebeutelten kleinen und mittleren Unternehmen als Rückgrat der österreichischen Wirtschaft doch noch durchhält. Ganz zu schweigen von der finanziell immer weiter ausblutenden Mittelschicht, welcher bald schon die Kraft zur Stärkung der Binnenwirtschaft ausgehen könnte. Aber vielleicht reißen sich die Großkoalitionäre ja dann endlich am Riemen, und springen zum Wohle des Landes über ihre parteipolitischen Schatten.