Österreich: Abgesandelt oder Wirtschaftswunderland?

In weiten Teilen Europas beneidet man die Alpenrepublik um die trotz Krise nach wie vor niedrige Arbeitslosigkeit, die hohe Wirtschaftsleistung pro Kopf, und das vergleichsweise niedrige Haushaltsdefizit. Doch diese scheinbaren Erfolge wurden teuer erkauft, deren Kosten die zukünftigen Generationen zu tragen haben werden. Nachhaltiges Wirtschaften ist für die österreichische Politik nämlich ein Fremdwort.

So liegt die Arbeitslosenrate nur deshalb so niedrig, weil die Zahl der Frühpensionisten in Österreich vergleichsweise hoch ist. Zum Vergleich: Während die Zahl der gewährten regulären Alterspensionen im ersten Halbjahr 2013 bei 15.682 (+7,7%) Personen lag, wurden im selben Zeitraum ganze 16.127 (+4,2%) Frühpensionen zuerkannt. Den größten Teil der Frühpensionen macht nach wie vor die sogenannte Hackler-Pension aus. Bei dieser Langzeitversicherten-Pension ist eine Steigerung um 13,5 Prozent auf 9.987 Personen im ersten Halbjahr zu verzeichnen. So rechnet man sich die Arbeitslosenrate nämlich auch schön.

Kaputtsparen? Von wegen!

Dann gibt es noch den Mythos des "kaputtsparens". Gespart wird in Österreich nicht beim Geld, sondern bei den Reformen. Während die Preise in den vergangenen 10 Jahren um 24% stiegen, wuchsen die öffentlichen Ausgaben um satte 41% an. Dementsprechend stieg natürlich auch die Steuerbelastung, damit das Haushaltsdefizit nicht außer Kontrolle gerät. Bezahlt wird dies mit einer Steuer- und Abgabenquote von 44,6% (2013). Damit liegen nur Dänemark, Frankreich und Belgien darüber. Im Vergleich zur Staatsquote (Anteil des Staates an der Gesamtwirtschaft) von 51,2% zeigt sich jedoch deutlich, dass das österreichische BIP ohne die Mehrausgaben des Staates deutlich sinken würde.

Dies führt dazu, dass der Schuldenberg der Republik stetig wächst. Schon jetzt liegt die Verschuldung pro Kopf bei 31.000 Euro pro Einwohner, bzw. 56.000 Euro pro Erwerbstätigem. Beunruhigend hierbei ist nicht nur das absolute Schuldenniveau, sondern vor allem das rasante Wachstum derselben: Seit 2007 ist der Schuldenberg auf 233 Milliarden Euro (+42%) angewachsen! Der einzige Grund, warum der Staatshaushalt noch nicht kollabiert ist, liegt am niedrigen Zinsnivau der letzten Jahre. Im Vergleich zum Jahr 2007, bevor die Finanzkrise voll ausbrach, sind die laufenden Zinskosten von rund 7,5 auf etwa 8,2 Milliarden Euro gestiegen. Bei einer Normalisierung der Zinssätze jedoch wird dies ein teures Erwachen: Sollte sich der durchschnittliche Zinssatz wieder an den 4,5% im Jahr 2007 orientieren, wären das alleine beim heutigen Schuldenstand 10,5 Milliarden Euro. Ergo eine jährliche Mehrbelastung von 2,3 Milliarden Euro.

Dringend nötige Reformen

Die Ursache für die Schuldenexplosion liegt jedoch nicht in den Bankenrettungspaketen, welche insgesamt vielleicht 10 Milliarden Euro gekostet haben. Vielmehr liegt dies an der Tatsache, dass die österreichische Politik selbst in Hochkonjunkturzeiten kein ausgeglichenes Budget zustande bringt. Deshalb braucht es unbedingt einen Steuerföderalismus nach Schweizer Vorbild – denn wenn das Geld auch dort ausgegeben wird wo man es einnimmt, ändert sich auch die Sichtweise von Politikern und Bevölkerung. Graz, Retz, Dornbirn oder Hallein liegen den meisten Menschen eben doch näher als das ferne Wien.

Selbst das vom "Schuldenkanzler" Kreisky so bewunderte Schweden hat den Sozialstaat effizient umgebaut, ohne dass es zu nennenswerten Protesten gekommen wäre. Hier würde sich ein Blick auf die schwedische Pensionsreform lohnen, bei dem das Rentenantrittsalter von 61-67 Jahren frei gewählt werden kann – allerdings nach einem Bonus-Malus-System. Vielleicht wäre auch das eine Möglichkeit, wie man Österreich wieder etwas besser auf die Zukunft vorbereiten könnte. Wenn es so weitergeht, wird Österreich auf jeden Fall "abgesandelt" sein.

 


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