Die Hauptfigur Evan Smoak wurde zusammen mit anderen Kindern in einem Regierungsprojekt als Auftragsmörder ausgebildet. Über Jahre hinweg wurden die jungen Killer mit einem effektiven Ausbildungsprogramm zu einem effizienten und tödlichen Mörder geformt.
Nach Jahren des Mordens hat sich Evan losgesagt und ist in dem Dschungel von L.A. untergetaucht. Für seine Nachbarn in dem Wohnblock ist er ein unscheinbaren Bewohner. Still, zurückgezogen, unauffällig. Doch die perfekte Tarnung ist natürlich nur eine fast schon kunstvoll gestaltete Fassade. Er ist der Nowhere-Man – er hilft verzweifelten aus tödlich persönlichen Situationen. Anonym und tödlich exekutiert er kriminelle Personen. Jeder seiner Schützlinge gibt dann nach Erledigung eines Auftrages seine Rufnummer an eine weitere unglückliche Person weiter.
Evan hat sich Regeln aufgestellt, nach denen er lebt und handelt. Eine davon das 10. „Lasse niemals einen unschuldigen Sterben“.
Das wird nun leider nicht mehr so einfach – denn die Grenzen bei dem nächsten Auftrag sind nicht klar zu ziehen.
Gregg Hurwitz erzählt an sich nicht viel Neues. Der Plot ist nicht unbekannt, geläuterter „(Anti)Held“ zieht seine Konsequenzen und hilft mit Methode eines Rächers den Unschuldigen und Schwachen. Alles gut und schön und doch hat der amerikanische Autor mitseinem Protagonisten Evan Smoak eine klitzekleine Nische gefunden, die allerdings den Leser überzeugen wird.
Evan Smoaks Charakter ist sehr eindimensional konzipiert. Technisch überlegen, ein hervorragender gar rausragender Kämpfer, effiziente Tötungsmaschine. Menschlich gesehen ist Evan ein unausgereifter, einsamer Charakter und leider manchmal naiv wie ein Kind im Vorschulalter. Zwischenmenschlichen Beziehungen kann und will er nicht eingehen, dass ist seine größte und verletzlichste Achillesferse.
„Orphan X“ ist ein intelligenter und hochspannender Actionroman. Die Handlung ist alles andere ruhig – diese entwickelt sich beharrlich wie ein in einem Teich geworfener Stein. Die Schwingungen sind nicht aufzuhalten. Neben der Spannung muss man allerdings auch den Humor lobenswert erwähnen. Evans Talent immer wieder mal ins sprichwörtliche Fettnäpfchen zu treten und sein beispielloser Enthusiasmus jedem Helfen zu wollen sind klasse erzählt.
Die Handlung ist vielfältig, die Nebenhandlungen erzählen die Flashbacks Evan und lassen den Leser einen Blick in die Vergangenheit werfen. Ebenso vielseitig informativ und für die Handlung gut platziert. Ich habe selten einen Thriller gelesen, in dem es dem Autor so fabelhaft gelungen ist, eine Handlung in seiner Komplexität so packend zu beschreiben.
Gregg Hurwitz Feingefühl für den Blick aufs Detail, egal ob nun in der Charakterzeichnung, oder in der Beschreibung einzelnen Szenen ist faszinierend und gibt dem Roman eine überdurchschnittlich tiefe Atmosphäre. Nicht immer authentisch – aber das ist James Bond auch nicht und Evan Smoak braucht sich einem Vergleich nicht zu scheuen.
Das die Filmrechte inzwischen schon verkauft wurden, überraschend wohl niemanden. Das Buch ist für eine Verfilmung prädestiniert.
„Orphan X“ ist hoffentlich nur der erste Band einer Reihe und wir sehen und lesen Evan Smoak ist seiner Paraderolle wieder. Meisterhaftes Actionfeuerwerk – packende Handlung – einer der besten Thriller in der letzten Zeit. Absolute Leseempfehlung – ein Titel, den man einfach lesen muss.
Michael Sterzik