Organspende – Wie jeder von uns Leben retten kann

Von Jenny Strack

Der heutige Post liegt mir schon seit einer ganzen Weile am Herzen. Es geht nicht um Fitness, Rezepte oder Läufe, sondern um etwas, das auch sowohl uns Sportler als auch unsere "unsportlichen" Freunde, unsere Eltern oder unsere Kollegen betrifft, die uns für verrückt erklären, weil wir lieber zum Sport als zum After-Work-Bier gehen. Es geht um Organspende - ein Thema, das Leben rettet und das leider viel zu wenig thematisiert wird.

Ich habe in den letzten Wochen viele Stunden in der Pneumologie unserer Medizinischen Hochschule verbracht, wo mich das Thema Organspende zum ersten Mal ganz real eingeholt hat. Viele der Patienten dort sind schwer krank und können nicht mehr selbstständig atmen. Ihre Lunge streikt - und einigen kann man ohne Transplantat nicht mehr helfen.

Beim Warten auf meine Untersuchungen habe ich zwei Menschen Ende 30 kennengelernt, die bereits mit einer fremden Lunge leben - die eine ein Jahr, der andere sieben Jahre, und zwar bereits mit der zweiten Lunge, weil es mit der ersten transplantierten Probleme gab. Sie beide wirkten so glücklich und erleichtert und es war ein verwirrendes Gefühl, darüber nachzudenken, dass diese Beiden ohne das Spendenorgan sehr wahrscheinlich nicht neben mir sitzen würden, obwohl sie noch so jung sind. Und dass es sehr, sehr viele Menschen gibt, die eben nicht das Glück haben, zur richtigen Zeit ein passendes Organ zu bekommen und heute nicht mehr hoffnungsvoll in die Zukunft schauen können - denn es gibt viel zu wenig Organspender in Deutschland und die Tendenz ist leider beängstigend absteigend (was garantiert nicht daran liegt, dass weniger Menschen sterben ...). Ein Beispiel: Auf 842 benötigte Herzen kommen heute gerade mal 294 Spender. Bei Nieren ist es noch heftiger: Mehr als 7000 Menschen haben in 2014 ein Organ benötigt, gerade mal 700 konnten transplantiert werden. Vor fünf Jahren war das Verhältnis noch wesentlich besser.

Natürlich denkt niemand gerne über seinen eigenen Tod nach und darüber, was mit dem eigenen Körper passieren soll, wenn man selbst nicht mehr darüber entscheiden kann und nur noch von Maschinen "am Leben" gehalten wird. Und weil allein die Gedanken daran schwer fallen, fällt es noch schwerer, zum Arzt oder zur Krankenkasse zu gehen und sich dieses kleine Kärtchen abzuholen, mit dem man sich als Organspender ausweist. Und wenn man es mal irgendwo bekommen hat, dann hat man es vielleicht ausgefüllt, aber im Portemonnaie steckt es doch nicht. Denn da ist immer diese Angst: Was passiert, wenn ich wirklich sterbe? Und der verständliche innere Widerstand: Ich will doch gar nicht sterben!

Ich habe eine ganz schlechte Nachricht: Wenn wir sterben müssen, müssen wir sterben. Dann nehmen wir unsere Organe mit ins Grab, anstatt Leben mit ihnen zu retten. Aber wenn wir sterben, und uns für die Organspende entschlossen haben, dann lebt ein Teil von uns weiter und schenkt einem anderen Menschen (oder sogar mehreren) noch viele weitere Jahre auf dieser Welt, mit ihren Lieben, die sie ohne das neue Organ nicht mehr in die Arme schließen könnten.

In anderen Ländern, wie etwa Großbritannien, Österreich, Norwegen, Schweden oder Spanien, wird das Thema Organspende viel offener behandelt. Hier muss man ausdrücklich und schriftlich bestätigen, dass man seine Organe im Falle eines Unfalls NICHT spenden möchte. Wer sich nicht in einem sogenannten Widerspruchsregister registriert hat, wird automatisch zum Spender. Würde man solch eine Regelung in Deutschland treffen, würde wahrscheinlich ein riesiger Aufschrei durch die Massen gehen. Aber warum eigentlich? Wie schon gesagt: wenn wir sterben, sterben wir. Wir brauchen unsere Organe dann nicht mehr. Jemand anders schon. Wieso sollten wir sie also unter der Erde verwesen lassen, außer vielleicht, weil unsere Religion es uns verbietet?

Ich habe seit der elften Klasse einen Organspendeausweis. Damals haben wir ihn im Religionsunterricht bekommen, und auch die meisten Krankenkassen verschicken sie regelmäßig. Wer noch keinen hat und im Falle eines Falles anderen Menschen ein neues Leben schenken möchte, der kann den Ausweis in der Regel auch bei seinem Hausarzt bekommen oder im Internet auf organspende-info.de anfordern. Weil sich mein Name durch die Hochzeit geändert hat, habe ich mir dort direkt einen neuen ausgedruckt und ins Portemonnaie gesteckt.

Auch für mich ist der Gedanke, dass ich durch ein Unglück früher sterben könnte als gedacht, also nicht als alte, glückliche Frau im Bett, sondern bei einem Autounfall oder einem plötzlichen körperlichen Defekt, beängstigend. Und der Organspendeausweis neben der Bankkarte und dem Personalausweis konfrontiert einen natürlich immer mit dem eigenen Tod. Aber auch daran, dass man mit diesem kleinen Ausweis Leben retten kann. Und Menschen, die kaum noch Hoffnung haben, ein zweites Leben schenkt. Das ist es, was wichtig ist. Für uns alle. Denn jeder von uns oder aus unserer Familie könnte mal ein Organ benötigen. Und dann sind wir dankbar, wenn jemand anders einen Organspendeausweis dabei hatte. Lasst uns also dieser jemand sein!