Eine Redewendung heißt, ich gebe zu im Ausland, „Man hätte Amerika entdeckt“. Soll heißen: es war schon immer da, aber man tut so überrascht, weil man noch nie davon gehört hätte. Wer jetzt Ironie ahnt liegt richtig. Genauso kommt es mir vor, wenn ich die aktuelle Berichterstattung verfolge rund um den VW-Skandal. Damit meine ich nicht, ob das berechtigt ist oder nicht über Optimierungsmaßnahmen sich zu ärgern, aber ist das wirklich ein Geheimnis, dass es so etwas gibt?
Vielleicht bin ich desillusioniert, aber mir kommt es so vor, als ob es schon immer überall so war. Jetzt habe ich einen Rollstuhl, der einen Motor hat und damit auch eine bestimmte Leistung erbringt. Ach übrigens, ich bin mal wieder heute Bus gefahren und man erklärte mir, dass man so einen Rollstuhl gar nicht mitnehmen dürfte. Ich frage mich immer, wenn man die Leute schon aufklärt über die bösen Rollstühle, kann man sich nicht auch die Zeit nehmen, zusätzlich zu erklären, dass es verschiedene davon gibt? Aber ich durfte trotzdem mitfahren. Zurück zum Thema.
Ich wollte eigentlich meinen heißgeliebten Elektrorollstuhl, der nicht nur durch seinen Komfort und durch seine Leistung besticht, durch einen faltbaren E-fix oder wie diese Dinger mittlerweile heißen, der Firma Alber ergänzen. Das sind diese Dinger, die für den Laien oder Ästhetiker wie Schieberollstühle mit Joystick aussehen. Der Vorteil hier liegt klar auf der Hand, theoretisch, es ist ein Schieberollstuhl, der alleine fahren kann, also im Grunde so wie es aussieht. Ich bin immer noch selbständig und wenn da mal eine Stufe kommt, kann mir immer noch geholfen werden, weil das ganze Gerät keine 150kg wiegt. So weit zu besagten Theorie.
Jetzt wiege ich ja 50+, ungefähr. Ich weiß nicht wie ich es ausdrücken soll, ich bin mit dem Rollstuhl probeweise in den Park gegenüber von meinem Haus gegangen und auf dem Rückweg, ja da musste ich geschoben werden. Zu der Verteidigung der Akkuleistung muss man sagen, dass es keinen direkten Übergang über die Straße gibt, sondern dass ich außen rum bis zur nächsten Kreuzung fahren musste. Vielleicht war der Akku nicht taufrisch, wie mir später das zuständige Sanitätshaus bestätigte, was man von denen halten muss, ist eine andere Sache.
Aber wie hieß das da so schön in dem Prospekt zu dem Rollstuhl? 30 Kilometer könnten gefahren werden. Da fragt man sich schon, ob das bergab gemeint war. Und da gibt es so viele verschiedene Variationen, wie man zu diesem Wert hätte kommen können. Der Insasse wiegt 35kg in voller Montur, das Modell wurde auf reibungsneutraler Fläche ausprobiert, ach ich liebe diese Aufzählungen, ich könnte immer wieder weiter machen, das lässt so schöne Bilder im Kopf entstehen. Mir kam das alles dann doch spanisch vor und ich recherchierte im Internet nach Erfahrungswerten zu diesem Gefährt. Und andere hatten einen ähnlichen Eindruck, mal von dem Gewicht der Testpersonen abgesehen, gab es da noch so Vermutungen, dass man nicht um die Kurven fahren sollte, immer nur auf gerader Strecke und wenn man dann doch mal stehen bleiben sollte, dann sollte man dann doch den Rollstuhl auf jeden Fall ausmachen und sogar dann könnte es kaum hinkommen mit den Angaben des Herstellers.
Letztendlich habe ich mich gegen diesen Rollstuhl entschieden, weil ich ihn hauptsächlich im Urlaub gebraucht hätte oder wenn mein elektrischer Rollstuhl kaputt gehen sollte. Wenn aber ein Rollstuhl eine Reichweite von gefühlten 1,5 km hat, aufgrund der zusätzlichen Ausstattung bis zu 30kg mehr wiegt, ist es unzumutbar für jemanden, der dann schieben soll das Gewicht noch zusätzlich ins Rollen bringen zu müssen.
Stattdessen entschied ich mich für ein Scala Mobil, weil ich das eher benötige. Theoretisch, theoretisch soll man das immer am Rollstuhl haben, falls mal da eine Treppe kommt, kann ich sie jederzeit besteigen, lassen. Auch hier der Hersteller Alber, 200 Treppenstufen, naja ein kleiner Rückzieher wird gemacht, man soll es jedesmal nach der Nutzung wieder laden. Wie viele Stufen wohl der Turm von Pisa oder der Eifelturm hat? 200 Treppenstufen, wohl auch nur nach unten. Es ist bei weitem weniger, denn ich habe im Urlaub vergessen zu laden. Von 10 Treppen hörten sich 4 normal an, 2 da klang das Scala Mobil ermüdet, dann meinte ich noch, wir müssen das gleich laden und dann war es auch schon vorbei. Es ging gar nichts mehr und ich stand da auf der Treppe fest, noch nicht einmal nach unten ist es gefahren. Bei der Gelegenheit, danke an alle Hersteller, die die gute Idee hatten, eine Sicherung einzubauen, dass die Gerätschaften ihren Funktionen nicht mehr nachkommen sobald sie an den Strom angeschlossen sind. Das motiviert im Zweifelsfall es nicht zum Ernstfall kommen zu lassen. Mit dieser Funktion erfreuen mich so ziemlich alle Hilfsmittel. Ganz toll sind auch die Kontrolllämpchen, die solange das Gerät noch nicht in Beschlag genommen wird, grünes Licht geben und sobald sie zum Einsatz kommen, alles vorbei ist, dann kann man das so gut einschätzen, das ist eine Technik auf die man sich vollkommen verlassen kann. Ist das wirklich alles nicht so schlimm wie manipulierte Schadstoffwerte?
(Foto: Rainer Sturm / pixelio.de)