Online-Hetzjagd der Hamburger Polizei

Online-Hetzjagd der Hamburger PolizeiDie Empörung über Fotos und Videos von schwarz-gekleideten Vermummten, die in Hamburg nach der „Welcome-to-Hell“-Demonstration am Freitag gegen den G20-Gipfel Autos abfackeln, Geschäfte plündern und Gegenstände auf Polizisten werfen, führt bei der seitdem laufenden „Internet-Fahndung“ – manche nennen es „Internet-Hetzjagd“ – zu unbedachten Reaktionen und Pannen.

Die Internet-Fahndung der Polizei Hamburg

Die Hamburger Polizei bat nämlich die Bevölkerung um Hilfe bei der Suche nach den Gewalttätern von Freitag. Sie schaltete zusammen mit dem Bundeskriminalamt (BKA) am frühen Samstagmorgen ein entsprechendes Hinweisportal im Internet frei, über das eigene, noch nicht veröffentlichte Fotos und Videos von Straftaten rund um die Hamburger Krawalle sowohl namentlich gekennzeichnet als auch anonym hochgeladen werden können.

Schnell waren die ersten 1.000 Blockwarte zum Denunzieren da

Die Polizei konnte sich nach wenigen Stunden erfreut auf die Uploads der ersten 1.000 Denuntianten mit mehr als 1.000 Bilddateien stürzen. Aktuell werde das Material mit Hochdruck gesichtet und katalogisiert und parallel auch YouTube, Twitter und ähnliche Online-Quellen ausgewertet.

Daraufhin protestierte die linke Szene massiv gegen das Portal: „Durch ihren Aufruf zu Denunziation und Verrat provozierte die Polizei eine private ‚Online-Hetzjagd‘, von der sie sich anschließend scheinheilig distanzierte“.

Polizei, Nazis und die Bild-Zeitung befeuern die Hetze mit Falschmeldungen

Der Hauptgrund für diese Reaktion war vor allem, dass die von Internet-Nutzern auch in Eigenregie gestartete „Internet-Fahndung“ zu diesem Zeitpunkt schon in vielfacher Hinsicht ins Kraut schoss und dabei hohe Wellen schlug.

Ein besonders deutlicher Auslöser unter vielen anderen war zum Beispiel eine Meldung auf „bild.de“ mit dem Titel: „Randalierer wirft Polizist Böller ins Gesicht – verliert er sein Augenlicht?“, wie „Faktenfinder“ der Tagesschau herausgearbeitet haben. Typische Bild-Logik: Wenn wir hetzen, werden sie petzen…

Unter einem großen Foto von einem Mann mit unverpixeltem Gesicht vor einer Schar von Gesetzeshütern in Einsatzausrüstung war da zu lesen: „Ein Chaot wirft einem Polizisten einen Böller direkt ins Gesicht, kann danach fliehen. Nach Bild-Informationen könnte der Beamte sein Augenlicht verlieren“.

Rasant verbreitet sich diese Meldung in den Sozialen Netzwerken, wobei das Foto des Demonstranten als vermeintlichem Hauptakteur und Übeltäter auch noch vergrößert wurde.

Besonders in rechts gerichteten Facebook-Gruppen wurden dann Appelle mit dem Hinweis in Massen geliked: „Das ist der ‚Demonstrant‘, der mit einem Böller einem Polizisten fast das Augenlicht nahm. Findet ihn! Bitte teilen.“ Aber nicht nur Nazis, sondern auch die Deutsche Polizei-Gewerkschaft (DPolG) Königsbrunn veröffentlichte dieses Foto aus Hamburg in dem Sozialen Netzwerk.

Zwar bemühte sich die Hamburger Polizei und machte auf Twitter noch am Samstag einige Male deutlich, dass der betroffene Kollege entgegen früheren Angaben „keine bleibenden Augenverletzungen“, sondern nur ein Knalltrauma erlitten habe. Mit dem Hinweis „Wichtig!“ versehen konnte man dort auch lesen, der gezeigte Mann sei nicht tatverdächtig.

Jetzt sind die Hunde von der Kette – und keiner will’s gewesen sein

„Bitte Internet-Fahndung nach ihm beenden!“, lautete der letzte verzweifelte und auch vergebliche Versuch der inkompetenten Datensammler aus Polizei und Politik zum Stoppen der Hetzjagd auf einen Unschuldigen.

Ganz unabhängig davon, dass es schon merkwürdig herüberkommt, wenn die Polizei irgendwelche Internetuser um das „Einstellen der Fahndung“ bittet, war der Zug auf Facebook und Twitter aber schon lange abgefahren, die Falschmeldungen und die Reaktionen darauf schaukelten sich weiter auf.

Goethe lässt grüßen: Die Geister, die ich rief, werd ich nun nicht los

Die Aktion sei zwar nicht durch die Ermittler initiiert worden, weist das Social-Media-Team der Ermittler der Hansestadt letztlich alle Vorwürfe von sich, aber die Polizei greife trotzdem hier ein, um „einen Unschuldigen vor einer ‚Online-Hetzjagd‘ zu schützen“.

Das ist wie kräftig im Fahrstuhl furzen, die Mitfahrer vorwurfsvoll anschauen und dann die Treppe zu nehmen…


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