Heutzutage scheint jeder Zweite coachend oder beratend tätig zu sein, worunter teilweise die Qualität leidet. Wenn du selbst eine Expertise oder nützliche Erfahrungen in einem speziellen Bereich hast, sollte dich das aber nicht davon abhalten, anderen Menschen als Coach oder Berater zur Seite zu stehen.
Beim Freelancing bezahlen dich Auftraggeber für die Ausführung eines klar definierten Auftrags mit gewünschtem Endergebnis. Im Coaching oder in der Beratung wirst du für einen Prozess bezahlt. Du hilfst deinen Klienten durch Fragen oder Lösungsvorschläge dabei, ihr Problem zu beheben, bist aber nicht für die Umsetzung verantwortlich.
Als Berater gibst du klare Handlungsempfehlungen. Dafür solltest du genügend Expertise in einem Thema haben, um Kunden selbstbewusst zur Problemlösung zu führen. In Frage kommen alle Bereiche, von der Digitalisierung mittelständischer Unternehmen über die Fördermittelbeantragung von Existenzgründern bis hin zur Modeberatung für reife Damen.
In der Rolle eines Coaches gibst du nicht die Lösung vor, sondern leitest Kunden durch einen Prozess und hilfst ihnen dabei, eigene Antworten zu finden. Die Implementierung der Ergebnisse liegt dann in der Verantwortung des Kunden. Du benötigst dafür nicht zwingend eine Ausbildung, wobei diese für die methodische Arbeit mit Klienten hilfreich ist.
Coaching gibt es typischerweise in den drei großen Kategorien Life, Business und Health, also Lebensthemen, Geschäftsentwicklung sowie Gesundheit und Fitness. Oft haben Coaches ein persönliches Problem gelöst, bei dem sie anderen Menschen mit dem dabei gewonnen Verständnis zu einer Lösung verhelfen.
Für die Preisfindung können sich Berater an den branchenüblichen Tages- oder Stundensätzen orientieren. Als Coach hängt dein Marktwert davon ab, wie viel die Kunden durch die Zusammenarbeit mit dir potenziell sparen oder gewinnen können.
Wenn meine Klienten nach einer Sitzung 1.000 Euro weniger Steuern zahlen oder eine Geschäftsidee validieren, sind 200 Euro als Stundenhonorar angemessen. Bist du in der Lage, chronisch Kranken mit alternativen Heilmethoden dabei zu helfen, ihre Schmerzen zu lindern, ist das schwer mit Geld aufzuwiegen.
Du bist in beiden Rollen weder für die Ausführung noch den Erfolg der Zusammenarbeit verantwortlich, sondern stehst unterstützend zur Seite. Ihr erarbeitet in einer oder mehreren Sitzungen gemeinsam Schritte, die der Klient dann selbständig implementiert.
Darin besteht gleichzeitig die Herausforderung für Coaches und Berater. Das Ergebnis ist vor dem Kauf nicht greifbar, weshalb du durch Referenzen, Fallstudien oder kostenlose Erstgespräche Überzeugungsarbeit leisten musst.
Erste Schritte für Coaches oder Berater
- Problemlösung: Entwickle einen schrittweisen Prozess für eine spezielle Zielgruppe und ein Thema, mit dem du deine Klienten vom Problem zur Lösung führst.
- Fragenkatalog: Überlege dir Leitfragen, die deine Kunden vor oder während der Zusammenarbeit mit dir beantworten müssen.
- Angebotsseite: Bilde deinen Prozess zusammen mit Referenzen und verschiedenen Stundenpaketen auf einer Website ab.
- Erste Kunden: Teste deinen Lösungsprozess schnellstmöglich mit echten Klienten, um ihn kontinuierlich zu verbessern.
- Standardisierung & Aufwertung: Nachdem du dein Angebot ausgiebig getestet hast, standardisierst du einzelne Arbeitsschritte und wertest deine Pakete durch Zusatzmaterialien auf.
1. Problem
Im ersten Schritt denkst du darüber nach, welchen Menschen du helfen möchtest und was diese für ein Problem haben. Dabei solltest du eine gute Antwort darauf haben, warum du qualifiziert bist, Kunden bei ihrer Herausforderung zu unterstützen.
Wie passen deine Erfahrungen, Expertise und Ausbildung zu den Klienten? Die Beantwortung dieser Frage ist essentiell, da sich der Kunde genau das Gleiche fragt. Hast du vielleicht selbst ein Problem gehabt, welches du für dich lösen konntest?
In der Kommunikation musst du sehr spezifisch sein. Wie sieht das Leben deines Kunden vor der Zusammenarbeit mit dir aus? Wie sieht es danach aus? Wie hat sich sein Leben zum Positiven verändert?
2. Fragenkatalog
Eine Coaching- oder Beratungsdienstleistung ist für gewöhnlich eine Konzeption oder eine Strategieausarbeitung zu einem gewissen Thema. Das bedeutet immer, bestimmte Fragen zu stellen, die dann gemeinsam mit dem Kunden beantwortet werden. Die Antworten sollen den Klienten schrittweise zu einem Ergebnis führen.
Überlege dir mindestens zehn Leitfragen für deine Klienten. Am Beispiel eines Social-Media-Experten, der seine Kunden strategisch zu ihrem Facebook-Auftritt berät, könnten die Fragen wie folgt aussehen:
- Welche Kundengruppe sprichst du an?
- Was ist der primäre Call-to-Action (Handlungsaufforderung)?
- Welche Arten von Beiträgen soll es geben?
- Welche Richtlinien gibt es für das Design (Corporate Identity)?
- Was passiert, wenn sich ein Interessent über Facebook meldet?
- Welche Ziele willst du mit deiner Seite verfolgen?
- Woher weißt du, dass die Maßnahme erfolgreich war?
3. Angebotsseite
Auf einer einfachen Website zeigst du, welchen Nutzen das Coaching oder die Beratung für den Kunden hat. Beschreibe so konkret wie möglich, wie eure Sitzungen ablaufen werden. Ideen, um das Coaching bzw. die Beratung greifbarer zu machen, sind folgende:
- Arbeitsbuch (Fragen in einem Workbook organisieren)
- Grafik einer Methode (Beispiele von Methoden)
- Mock-Ups (Wie sieht das Coaching oder die Beratung als physisches Produkt aus?)
- Video von Mitschnitten eines oder mehrerer Sitzungen mit Klienten
Der Besucher der Angebotsseite muss nach wenigen Sekunden erkennen, ob du ihm helfen kannst. Wenn er sich angesprochen fühlt, musst du ihm auch beweisen, dass du genau die richtige Person für ihn bist. Sei also so konkret wie möglich und stelle dar, was dich für ein Coaching oder eine Beratung befähigt.
Verkaufe deinen potenziellen Kunden nicht nur einen Preis X pro Stunde, sondern erstelle Angebotspakete. Gib ihnen durch ein verhältnismäßig günstiges Einstiegsangebot die Möglichkeit, dich kennenzulernen. Das könnte eine einstündige Ersteinschätzung inklusive einem kleinen Videokurs für 399 Euro sein.
Wenn sie nach dem ersten „Test" zufrieden mit der Zusammenarbeit waren, bietest du deinen Kunden das Standardpaket mit höherem Stundenumfang und Zusatzmaterialien an. Für eine langfristige Unterstützung hast du dann noch ein Premium-Angebot.
4. Erste Kunden
Scheue dich nicht davor, die ersten zwei bis drei Coachings bzw. Beratungen zunächst kostenlos anzubieten. Zahlende Kunden müssen sich davon überzeugen, dass bereits andere von deinem Angebot profitiert haben.
Du findest in deinem Umfeld oder in speziellen Facebook-Gruppen sehr schnell Menschen, die sich darauf einlassen. Es ist wichtig, dass du nach den kostenlosen Coachings Fallstudien oder Videotestimonials anfertigst. So hast du gutes Material, um für zukünftige Interessenten den Mehrwert deiner Leistung zu untermauern. Integriere diese Kundenstimmen auf deiner Angebotsseite.
Mit der überzeugenden Website gehst du dann ganz gezielt auf Menschen in deinem Netzwerk zu, die von dem Angebot profitieren würden. Erste richtige Kunden findest du als Berater vor allem über das Netzwerken auf Branchenveranstaltungen und in Xing-Gruppen. Als Coach solltest du eher in Foren oder Facebook-Gruppen schauen, in denen sich über Probleme ausgetauscht wird, die dich betreffen.
Fallstudie: Anna hilft Speakern beim Storytelling
Nachdem Anna mehrere Jahre Erfahrung als Werbetexterin gesammelt hat, fühlt sie sich sicher genug darin, andere Menschen mit ihrer Expertise zu unterstützen. In ihrem Bekanntenkreis gibt es viele Vortragsredner, die zwar fachlich sehr gut sind, es aber nicht schaffen, das Publikum auf einer emotionalen Ebene abzuholen. Mit ihrer Fähigkeit, komplexe Inhalte in leicht verständliche Geschichten zu verpacken, positioniert sie sich als Expertin für Storytelling.
Ihr erster Testkunde ist ein langjähriger Bekannter, den sie mittels Skype-Telefonat durch ihren Fragenkatalog führt. Sie sprechen über professionelle Erfahrungen, Hobbys, Freizeitaktivitäten und vieles mehr. Indem Anna ihrem Klienten die Antworten spiegelt, die er selbst nicht sieht, unterstützt sie ihn dabei, spannende Geschichten aus seinem Alltag zu finden. Genau diese kleinen Anekdoten bauen sie in seine kommenden Vorträge ein.
Anna testet ihre Methode mit zwei weiteren Bekanntschaften. Sie berechnet dafür nichts, bittet aber um ein Videotestimonial und schreibt jeweils eine Fallstudie. Diese baut sie auf ihrer neuen Experten-Website ein, auf der sie zwei Pakete für Vortragsredner und Führungskräfte anbietet. Durch die Empfehlungen ihrer Testkunden bekommt sie kurz darauf ihren ersten zahlenden Klienten.
5. Standardisierung & Aufwertung
Auch diese Dienstleistungen standardisierst du teilweise, indem du einen festen Prozess für die Zusammenarbeit definierst. Für neue Kunden können die Terminvereinbarung, das Onboarding (Einführung neuer Kunden), die Rechnungsstellung, ein Fragenkatalog und die Gesprächsdokumentation vereinheitlicht werden.
Die Terminvereinbarung mit Klienten erleichterst du durch Buchungssysteme wie Calendly. Zur Durchführung der Sitzungen benutzt du Zoom. Nach dem Gespräch schickst du ihnen als Bonus die Aufzeichnung zusammen mit einem Gesprächsprotokoll.
Dadurch sicherst du eine gleichbleibende Qualität und sparst Zeit, wodurch du relativ gesehen höhere Stundensätze erreichst. Außerdem kannst du, wie bei einem Productized Service, dein Angebot als Berater und Coach mit Bonusmaterialien, Videokursen oder Veranstaltungen aufwerten.
Die Skepsis, die diesem Geschäftsmodell oft entgegengebracht wird, ist dem Tausch von Zeit gegen Geld geschuldet. Auch hier gibt es mehrere Optionen, die Wachstum und eine Ablösung von deiner Arbeitszeit ermöglichen.
- Entwickle eine eigene Methode: Wirklich wertvoll werden dein Coaching oder deine Beratung, wenn sie auf einer Methode basieren, die einen replizierbaren Lösungsweg enthält.
- Baue ein Franchise-System auf: Solltest du dein eigenes Coachingprogramm, welches auf einer Methode basiert, entwickelt haben, kannst du andere Coaches ausbilden. Das können festangestellte Mitarbeiter in deinem Unternehmen oder selbstständige Franchisenehmer sein.
- Verbreite deine Expertise: In diesem Geschäftsmodell ist es besonders wichtig, dass deine Expertise sichtbar wird. Ein eigenes Buch, ein Fachblog, ein Podcast oder ein YouTube-Kanal sind gute Mittel, um diese transparent zu machen. Durch den gelieferten Mehrwert erarbeitest du dir einen Vertrauensvorschuss deiner Interessenten.
- Werte die Coaching- bzw. Beratungsleistung auf: Ähnlich wie beim Productized Service kannst du Pakete aufwerten, ohne dass sich das direkt in deiner Zeit widerspiegelt. So erreichst du sehr realistisch interne Stundensätze von 200 - 600 Euro.
12 Ideen für Coaches & Berater
- Life Coaching für Ex-Profisportler
- Business Coaching für Friseure
- Berater für Digitalisierung in mittelständischen Unternehmen
- Ernährungsberatung für Bulimiker
- Sprechcoach für Vortragsredner
- Erziehungscoach für gleichgeschlechtliche Eltern
- Berater für Teamentwicklung von Remote Teams
- IT-Berater für Start-ups mit dezentraler Serverlandschaft
- Berater für Organisationsentwicklung
- Coach für Haushaltsorganisation
- Typ- und Mode-Beratung für Damen 60+
- Schlafcoach für Menschen mit Schlafstörungen
Weiterführende Ressourcen
Hat dir der Beitrag geholfen? Es ist der dritte Teil einer Artikelserie zu ortsunabhängigen Geschäftsmodellen. Neben der Tätigkeit als Coach oder Berater gibt es natürlich viele weitere Möglichkeiten, um online zu arbeiten. Regelmäßig erscheint ein neuer Artikel zu dieser Reihe.
Wenn du jetzt schon herausfinden möchtest, welches Geschäftsmodell zu dir passt, mache den folgenden Test. Lasse uns gerne in den Kommentaren wissen, was dein Ergebnis ist und ob es zu dir passt.