On the road again – Portugal Roadtrip von Nazaré bis Sagres

Von Eva Grossert @HiddenGemReise

Auf der Straße sind wir zu Hause. Keine Sorge, wir haben noch einen festen Wohnsitz, es hat sich jedoch in den letzten Jahren immer mehr herauskristallisiert, dass wir unserer Urlaubsreisen gerne auf der Straße verbringen. Will heißen, wir „Roadtrippen“ – vermehrt, seit unsere Tochter auf der Welt ist. Ist aber auch praktisch, nicht?!

Auf jeder größeren Reise ist ein Mietauto im Spiel. Moment mal, eigentlich sogar auf jeder Reise in den vergangenen sieben Jahren- ausgenommen vereinzelte Städtereisen.

Wenn es kein klassischer Mietwagen ist, dann ein Wohnmobil oder ein Buschcamper. USA, Griechenland, Türkei, West Australien, Oman, Frankreich, Marokko, alles immer mit einem fahrbaren Untersatz – mal größer, mal weniger groß.


Mit dem Mietwagen an Portugals Küste entlang

Diesen Sommer stand Portugal auf der Agenda.

Nach zehn wunderbaren Tagen auf den Azoren – mit vier Rädern unter dem Hintern, versteht sich – hatten wir weitere drei Wochen, um das Festland unsicher zu machen.

Die Entscheidung fiel bewusst gegen einen Camper, da Preis-Leistung in der Hauptsaison nicht im Verhältnis stehen. Für die Kosten von Camperanmietung, Campingplatzgebühren, Autobahnmaut und Benzin lassen sich herrschaftliche Unterkünfte finden und ich muss noch nicht mal selbst den Kochlöffel schwingen.

Ein wenig wehmütig wurde ich dann aber doch, als ich überall an den schönsten Plätzchen die Wildcamper erspäht habe. Das ist in Portugal zwar nicht erlaubt, schert sich aber scheinbar keiner drum.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber grundsätzlich ist für mich so ein Roadtrip die ideale Grundlage für eine perfekte Reise. Einfach einsteigen, gute Mucke einlegen, Drinks und Snacks parat halten, losfahren und die Freiheit der Straße spüren. Auch das Töchterchen findet daran Gefallen.

Ein abwechslungsreiches Reiseziel – so wie Portugal, macht die Angelegenheit richtig rund. Kilometerlange Strände, die weltbesten Wellen, vielfältige Kultur und atemberaubende Landschaften lassen sich einfach am besten mit einem Mietwagen entdecken.

Autofahren und einen Wagen anmieten ist in Portugal denkbar einfach und die Freiheit der Straße lässt sich wirklich genießen, denn bis auf Lissabon war das Verkehrsaufkommen überschaubar. Die Straßen sind gut ausgebaut, die Autobahn (kostenpflichtig!) trotz Hauptsaison nahezu leer.

Die Erlebnisdichte ist in Portugal ausgesprochen hoch. Das Land misst nämlich vom Norden bis zur Algarve im Süden nur 560 Kilometer und von der Grenze zu Spanien bis an den Atlantik sind es auch gerade einmal 210 Kilometer. Ideale Voraussetzungen also für einen ereignisreichen Roadtrip.

Wir entscheiden uns dessen ungeachtet dafür – dem Familienfrieden zuliebe – es gemächlich anzugehen. Obwohl es mir schon wieder unter den Füßen kitzelt, der Mann zwingt mich, den Ball flach zu halten und wir einigen uns auf fünf Stationen entlang der Küste als Basis. Von dort wird die Gegend erkundet, aber auch gezielt Faulenz- und Surftage einlegt.

Reiseplan und Route

Völlig untypisch für uns intuitiv und spontan Reisenden, wir buchen fast alle Unterkünfte im Voraus. Was durchaus eine Mammutaufgabe aber sinnvolle Entscheidung war. Portugal ist im Kommen und im Juli und August Hochsaison. Das sollte jedoch niemanden abschrecken. Man kann der Meute gut aus dem Weg gehen und findet immer ein geruhsames Plätzchen.

Unserer Unterkunftauswahl ist ein hervorragender Mix aus Ferienapartments und Pousadas mit landestypischem Charme. Alles richtig gemacht!


Nazaré der Big Wave Spot

Lissabon kennen wir beide und lassen es vorerst links liegen. Unsere erste Station führt uns nördlich nach Nazaré. Dort kommt Ehrfurcht auf. An Nazarés North Beach ist Garret MacNamara 2011 die höchste Welle der Welt gesurft. Die Bilder gingen um die Welt. Wir gucken nur andächtig vom Leuchtturm auf azurblaues Wasser und können uns eine 30 Meter-Welle schwer vorstellen. Doch die Kraft der Wellen wird später ganz schnell am Strand offensichtlich, als die Jungs von nebenan plötzlich weggespült und ohne Badehosen wieder ausgespuckt werden.

Das Örtchen selbst ist ein malerischer, aber recht touristischer Küstenort mit einem Gewirr an Kopfsteinpflastergassen, die sich zu einem breiten, entsprechend vollen (besser zum North Beach!) von Klippen umgebenen Strand hinunterziehen. Mit der Standseilbahn fährt man zum Promótorio do Sítio hinauf, von wo aus man einen Postkartenblick über die Klippen hat.


Ericeira – im Surfer Mekka

Für die Surfstrände von Ericeira, die nur einen Katzensprung von Lissabon entfernt sind, ist jetzt genau die richtige Zeit. Hier schlagen wir unser Lager für eine ganze Woche auf, chillen und erkunden die Region. Mit ein Grund: Ericeira hat nicht nur einen Weltklasse-Welle-Beach, sondern gleich sieben! Das Städtchen mit Weiß verputzen Häusern oberhalb des blauen Atlantiks ist von hervorragenden Stränden mit besten Surfbedingungen umgeben und nicht nur für seinen spektakulären Meerblick berühmt, sondern vor allem unter Surfern beliebt.

Ericeira ist wirklich easy going, gutes Publikum, gute Lokale, gutes Surfwear-Shopping und bestes Beachlife. Ein Bus bringt alle, die keinen fahrbaren Untersatz haben, von Strand zu Strand.

Ach ja und dann noch die Meeresfrüchte, die für viele ein Hauptargument für eine Reise nach Ericeira sind. An entsprechenden erstklassigen Restaurants mangelt es nicht. Traurig ist die Auswahl jedoch für uns Vegetarier. Hier besteht Nachholbedarf in ganz Portugal.

In Ericeira liegen wir aber nicht nur auf der faulen Haut. Wir unternehmen Ausflüge nach Mafra zum Palacio de Mafra, mit seiner monumentalen Schlossfassade.

Auf dem Programm steht auch die aktive Küstenstadt Peniche auf einer Landzunge und der Festung am Meer, wo unter dem Salzaar Regime politische Gegner gefangen gehalten wurden.

In Baleal, einem malerisches Inseldorf 5 Kilometer nördlich, legen wir einen Strandtag ein. Der herrlich geschwungene Sandstrand bietet ausgezeichnete Surfmöglichkeiten, die Bucht ist aber auch für Kinder zum Baden geeignet. Dementsprechend beliebt ist der Ort. Achtung aber bei den Strandrestaurants, großer Touri-Nap!

Reizendes Óbidos

Letzter kultureller Höhepunkt der Region: Obidós. Das Dörfchen genießt Weltruhm und Heerscharen von Touristen fallen jeden Tag dort ein. Wir live dabei. Was wir jedoch anders machen: Wir sind frühzeitig vor den Ausflugsbussen dran, verlassen die Hauptstraße, schauen um Ecken und können tatsächlich noch die ureigene Atmosphäre des Örtchens erahnen, denn das winzige weiß getünchte Bergdörfchen hielt man einst für so reizend, dass es zur Mitgift einer Königin wurde. Übrigens: Auch außerhalb der Stadtmauern gibt es nette, viel ruhigere Ecken.


Auf in den Alentejo

Die folgende Etappe führt uns in Richtung Süden. Wieder machen wir einen Bogen um Lissabon, lassen es uns aber nicht nehmen, am Cabo da Rocca, dem westlichsten Punkt Europas, uns einmal richtig den Wind um die Nase blasen zu lassen.

In der Tat stürmt so, dass ich fast Angst habe, das Tochterkind wird von den Klippen geblasen.

250 Kilometer verbringen wir auf der Autobahn gen Süden und staunen, wie das Thermometer sich immer weiter der 40 Grad Marke nähert. Fast wie im deutschen Sommer hier

An der Küste ist davon nichts zu spüren. Meistens haben wir angenehme 25 Grad und manchmal sogar dicken Küstennebel.

Wir beziehen ein charmantes Domizil in der Pampa „Herdade do Reguenguinho“, und legen entspannte Tage ein.

Der Alentjeo ist die größte Region Portugals, und doch ist es von den Massen noch nicht entdeckt. Plötzlich wird weniger Englisch gesprochen, die Speisekarten sind nicht mehr übersetzt und die Touristen bestehen meist aus einheimischen Portugiesen. Wir beschränken uns auf die Küstenregion und machen von unserer ländlichen Pousada in Cercal täglich Abstecher ans Meer z. B. nach:

- Villa Nova de Milfontes

Hübsche weiß getünchte Dörfer im Zentrum, herrliche Strände (ich empfehle Praia do Malhão, den man allerdings ein bisschen suchen muss) in der Nähe und entspannte Einwohner. Wunderbare Restaurants gibt es obendrein (Favorit: Porto das Barcas am Hafen mit spektakulärem Sonnenuntergang und das legere Ritual mit einer vegetarischen Auswahl, die über einen Gemüsespieß hinausragt)

- Porto Côvo

Ein Highlight und bisher zum Glück ein kaum beachteter Ort mit dem reizenden Stand „Paria Grande“.

- Zambujeira do Mar

Ein verschlafenes Nest und einem wunderschönen Strand direkt im Ort, unberührten Stränden in der Umgebung und zerklüfteten Klippen.


Westliche Algarve

Bevor wir die Heimreise von Lissabon (dann widmen wir uns auch endlich der Hauptstadt) antreten, verbringen wir die verbleibenden fünf Tage an der westlichen Algarve rund um Sagres. Es ist Hochsaison, weiter als bis nach Sagres wagen wir uns aus Angst vor den Touristenmassen nicht. Macht nichts, denn hier ist es bereits unverkennbar, woher die Region ihren Namen hat. Pittoreske Algarvebäume überall.


Easy going Lifestyle in Sagres

Wir haben die richtige Entscheidung getroffen, denn im lässigen Sagres gefällt es uns ausgesprochen gut. Der Ort bietet hervorragende Strände für jedermann. Den Familienstrand direkt im Ort, Martinhal, der Windsurfspot, Tonel und Beliche, die idealen Wellenreitspots. Täglich kommen Busladungen mit Surfschülern aus Lagos, um sich hier von den Wellen waschen zu lassen.

Im Fort von Sagres fühlt man sich wie am Ende der Welt ausgesetzt und zum Cabo São Vicento, dem südwestlichsten Punkt pilgern alle zum Leuchtturm und stehen bei der „letzten Currywurst vor Amerika“ Schlange.

Wenn man entlang der westlichen Algarve Richtung Norden fährt, kommt man an einigen atemberaubenden Stränden vor einer Kulisse üppiger Vegetation vorbei – ein verhältnismäßig unberührtes Schutzgebiet und einfach nur wunderschön. Nachmachen empfohlen.

Hippiecharme gibt es dann in Carrapateira und endlich, endlich ein einladendes veganes Restaurant. Abwechslung für unsere Kiefer und Geschmacksnerven. Dafür nehmen wir auch gerne den Service im Schneckentempo in Kauf.

Carrapteira kann aber auch Strand und das ganz hervorragend. Die Küste ist hier wild und hinter dem cremefarbenen Strand erheben sich Klippen, die man übrigens auch entlang wandern oder fahren kann. Erhebende Ausblicke sind garantiert.

Ich habe es ja schon angedeutet. In Lissabon waren wir auch noch, wenn auch nur kurz bevor es nach Hause ging und ohne das übliche Sightseeing Programm abzuspulen.

Tipps gibt es an dieser Stelle daher nur einen: Speist lecker in einem der Uferrestaurants im Doca de Alcântara, einem ehemaligen Hafenviertel unter der Ponte 25 de Abril und schlendert oder radelt dann die Promenade entlang bis nach Bélem.

Danke fürs Durchhalten. Lang ist es mal wieder geworden…

Wer Tipps zu Stränden, Unterkünften oder Restaurants braucht, hebt die Hand.

Und wer immer noch nicht genug hat, dem seien die Beiträge von meinen Kollegen empfohlen:

Bilder: ©HIDDEN GEM, Titelbild: ©Canva