Oma und Opa sind leidenschaftliche Langschläfer, eigentlich. Denn manchmal überkommt es einen von uns, der dann an seniler Bettflucht leidet. Heute morgen war es Oma, die sich irgendwie durch rosafarbene Vorhänge und Tapeten irritiert fühlte. Ursache für das ungewohnte Farbenspiel war eine Morgenröte, wie sie im Buche steht. Apropos Buche: Auch im Buch der Bücher, der Bibel, findet dieses Naturphänomen seinen Niederschlag: “Des Abends sprecht ihr: es wird ein schöner Tag werden, denn der Himmel ist rot. Und des Morgens sprecht ihr: Es wird heute Ungewitter sein, denn der Himmel ist rot und trübe. Über des Himmels Aussehen könnt ihr urteilen; könnt ihr dann nicht auch über die Zeichen der Zeit urteilen?”, heißt es bei Matthäus (XVI, Vers 2 und 3). In der Literatur wird ein roter Himmel oft als Bote für Krieg angesehen. So schreibt Friedrich Schiller in seinem Wallenstein: Am Himmel geschehen Zeichen und Wunder, und aus den Wolken blutigrot Hängt der Herrgott den Kriegsmantel runter. Bei Johann Wolfgang von Goethe liest sich das im Faust 2 so: Der Horizont hat sich verdunkelt, Nur hie und da bedeutend funkelt Ein roter ahnungsvoller Schein; Schon blutig blinken die Gewehre, Der Fels, der Wald, die Atmosphäre, Der ganze Himmel misch sich ein. Friedrich Nietzsche benannte seine in einem Buch festgehaltenen Gedanken über die moralischen Vorurteile “Morgenröte”. Dagegen bleiben die diversen Bauernregeln bei der Wettervorhersage und bringen es auf den Punkt: Abendrot, Schönwetterbot’ – Morgenrot, schlecht Wetter droht. Was soll ich sagen? Mein Blick aus dem Fenster bestätigt das: Es regnet …