Andere Länder, andere Sitten – so steinalt dieses Sprichwort auch ist, an Gültigkeit hat nicht verloren. Uns Reisenden begegnen doch immer wieder wunderlich Dinge auf die wir nicht eingestellt waren, auch wenn wir uns noch so gut im Vorfeld informiert haben.
Auch im Oman bin ich auf ein paar lustige und seltsame Eigenheiten gestoßen, die so nicht im Reiseführer standen:
1. Kleenex für alle Lebenslagen
Hersteller von Taschentüchern, Küchenrolle, Klopapier oder Servietten seid gewarnt. Dieser Markt ist im Oman bereits übermächtig besetzt, eine Marktdurchdringung nur mit hohem Kräfteaufwand zu bewältigen. Omanis lieben Kleenex! Ein Leben ohne? Unvorstellbar.
Die bunten Boxen verzieren Nachtkästchen, die Hutablage im fahrbaren Untersatz, jeden Tisch im Restaurant, und selbst im Badezimmer ist ein Plätzchen für die Box reserviert.
Die Verpackung ist stets liebevoll gestaltet. Wem das nicht gefällt, dem steht eine breite Auswahl an Häkelumverpackungen oder praktischen Zier-Boxen in unzähligen Designvarianten bereit. Es würde mich keinesfalls verwundern, wenn es Kleenex-Art als Studiengang im Oman zu belegen gäbe.
Psst! Angeboten bekommt man die Dinger übrigens in Großpackungen unter der Hand auch an der Tankstelle.
2. Flächendeckende Netzabdeckung
Im Oman laufen die Stromtrassen teilweise in bis zu 7 Spuren nebeneinander. Auf der Strecke zwischen Muscat und Sur habe ich kurzzeitig Sage und Schreibe sogar neun gezählt. Aber das gilt nicht, denn zwei Spuren verliefen quer ins Nirgendwo. Willkommen im Fortschritt: Neben alten Masten, die bereits mehrspurig parallel existieren, verlaufen brandneue immens große rotweiße Überlandmasten, die sich „schön“ von der braungrauen kargen Natur abzeichnen.
Sinn und Nutzen? Erklärt es mir!
3. Eigenheim, Glück allein – aber bitte mit Glimmer!
Der Traum vom Eigenheim weicht im Oman ganz eindeutig von meiner Wunschvorstellung ab. Wohingegen ich auf klare Linien, puristisches Design und rohe Materialien (Holz, Stein, Stahl) setze und einen weiten Blick bevorzuge, setzt der Mittelschicht-Omani auf Glitzer, Glimmer, Marmorsäulen, eine gut sichtbare High-Tech Klimaanlage, Zisterne, verriegelte Fenster und hohe mit goldbeschlagene Zäune. Dazu einen möglichst guten Ausblick zur dicht befahrenen Straße, während dahinter das Meer blaugrün schimmert.
Aber wer will schon Meer sehen und über Geschmack lies sich schon immer streiten?
Natürliche Autowäsche
Immer schön bling bling. Auch das Auto glänzt.
4. Wer sein Auto liebt, der putzt.
Wie jeder Wüstenstaat hat der Oman ein latentes Wasserproblem. Doch wenn es um die Sauberkeit seines Autos geht, konkurriert der Omani fast schon mit Deutscher Gründlichkeit und liebevoller Pflegezuwendung zum fahrbaren Untersatz. Dieser wird nämlich poliert und gewaschen als gäbe es kein Morgen im Morgenland.
Schuld an diesem Putzfimmel, ist der Sultan, der ein besonders reinheitsliebender Mann zu sein scheint. Sultan Qabus Ibn Said setzt stark auf „Beautification“ im ganzen Land und insbesondere auch des Straßenbildes. Er hat daher verfügt, dass Fahrzeuge nicht schmutzig sein dürfen (gar nicht so einfach in einem staubigen Wüstenstaat), ansonsten drohen Geldbußen.
Wer also geschäftlich sein Glück im Oman versuchen möchte, sollte vielleicht auf eine Autowaschanlage setzen, wenn es mit den Taschentüchern schon nichts wird.
5. Durchgehende Straßenbeleuchtung
Möglicherweise hat dieser Punkt auch mit Sultan Quabus Beautification Anstreben zu tun, denn hübsch sind sie schon anzusehen, die verschnörkelten, warm gelb leuchtenden Straßenlaternen, die selbst Ausfall- und Überlandstraßen über Hunderte Kilometer zieren – und das im Abstand von 25 Metern.
Oder ist es doch die Liebe zum Automobil und zur Schonung der Lichtmaschine?
Vielleicht aber hat die arabische Bevölkerung generell ein Abscheu, das Licht am Fahrzeug einzuschalten?
Ich kenne das Phänomen bereits aus Ägypten, dort wird grundsätzlich gerne ohne Licht gefahren, nur wenn jemand entgegenkommt, wird aufgeblendet.
6. Traurige Top Ten Platzierung
Der Oman gilt als sicheres und friedliches Land in der arabischen Welt. Doch was die Straßensicherheit betrifft, zählte das Sultanat mit seinen knapp drei Millionen Einwohnern zu den gefährlichsten Ländern der Welt.
Der Land nimmt im internationalen Ländervergleich der Verkehrstoten eine Spitzenplatzierung unter den Top-Ten ein.
Zu schnell, mangelnde Fahrkompetenz und meist nicht angeschnallt: Im Oman hält sich kaum ein Autofahrer an die Verkehrsregeln oder kennt sie nicht. Deshalb stieg in den letzten Jahren die Zahl der Toten und Verletzten im Straßenverkehr unaufhörlich.
Damit sollte Schluss sein. Der Sultan war daher in Deutschland auf Shoppingtour und hat in die guten deutschen fest installierten Blitzer investiert, denen man mittlerweile unweigerlich auf jeder Autobahnstrecke begegnet.
7. Das kostbarste Parfüm der Welt stammte aus dem Oman**
Das edelste und teuerste Souvenir des Omans ist wohl der wahrlich betörende Duft von Amouage.
Vom Sultan persönlich wurde ein französischer Parfümeur beauftragt, das wertvollste Parfum der Welt zu kreieren und die Düfte des Omans einzufangen. Kosten sollten keine Rolle spielen! Toller Job.
Für das Meisterwerk seines Schaffens machte er sich auf die Suche nach den kostbarsten Essenzen dieser Welt, darunter kristallklares Silberweihrauchharz aus Dhofar, dem Süden Omans und die Rosen des Jabal Akhdar Gebirges. Zu diesen landestypischen Duftnoten fügte er eine Mischung aus Ölen von Lilien, Jasmin, Myrrhe, Patchouli, Amber und eine Menge mehr dazu. Die preisgekrönte Kreation Amouage enthält insgesamt über 120 verschiedene natürliche Duftessenzen. In Muscat wird es mit der Hand in Flakons aus Silber, Gold, Halbedelstein oder Bleikristall abgefüllt.
Wie es riecht? Ähm, schwer, sehr schwer.
Die Produktionsstätte kann man angeblich auch besichtigen und im Shop vor Ort sein Geld loswerden.
**Amouage wurde mittlerweile von Clive Christian entthront.
Bilder: ©HIDDEN GEM, ©Ministry of Tourism Oman