Die E-M1X (Olympus) ist ein Monster von einer MFT-Kamera. Für MFT entscheidet man sich primär, weil man mit einem kompakten und handlichen System fotografieren will. Deshalb habe ich mich für MFT entschieden. Die E-M1X liegt zwar ausgesprochen gut in Händen und ist somit handlich, aber sie ist weder kompakt noch leicht. Sie wirkt nur unwesentlich weniger als eine Nikon D850, wobei sie bei diesem Gewicht den Hochformatgriff integriert hat, die D850 hat das nicht.
Was also spricht dafür, so eine riesige und schwere Kamera mit vergleichsweise winzigem Sensor zu kaufen?
Zunächst einmal sind voluminöse Bodys von Vorteil, wenn man mit langen und schweren Teleobjektiven arbeitet. So führt die E-M1X in Kombination mit dem M.Zuiko 300mm ƒ4 Pro zu einer durchaus noch ausgewogeneren Ergonomie, als die an E-M1 II. Noch deutlicher wird das beim für nächstes Jahr angekündigten 150–400mm ƒ4.5 Superzoom. Mit dem darin integrierten 1,25-Telekonverter wird damit auf Kleinbild hochgerechnet ein 375–1000mm Zoom. Kombiniert man dazu noch den 2-fach-Telekonverter, landen wir bei 750–2000mm. Damit macht nicht nur das voluminöse Gehäuse Sinn, sondern auch die darin enthaltene Rechenpower zweier Prozessoren. Diese wird die Kamera dann sicher brachen können, soll bei 2000mm und ƒ11 noch annehmbar scharf gestellt werden können. Wie das funktionieren soll – darauf bin ich bereits gespannt.
Wenn es gut funktioniert, erhält man natürlich ein einzigartiges System: 2000mm Brennweite in noch immer handlicher Form mit der marktführenden Bildstabilisierung von Olympus! Ich gestehe, das bringt mich zum Sabbern.
Was auch reizend ist, an der E-M1X: Der Joystick zur Messfeldauswahl – gleich zwei Mal; einmal in Querformat-, einmal in Hochformatposition. Der Joystick war einer der Gründer, der mich zur Lumix G9 verleitet hat – ich bin froh ihn jetzt auch bei Olympus zu sehen.
Auch schön: Die Möglichkeit die Akkus in der Kamera via USB zu laden. Zum Laden nutze ich Solar Powerbanks (Diese beiden: Amazon-Affiliate-Link | Amazon-Affiliate-Link), die ich mit einem zusätzlichen Solarpanel (Amazon-Affiliate-Link) lade – also zumindest vom Frühjahr bis Herbst mit Sonnenenergie.
Es sind allerdings andere Dinge, die die E-M1X zu einer besonderen Kamera machen. Eines davon ist der Handheld-High-Res-Modus.
Die Abbildung oben zeigt eine Aufnahme, die aus freier Hand im High-Res-Modus entstand, unten ein 1:1-Ausschnitt. Nicht gestochen scharf, wobei die Frage offen bleibt, ob eine Kamera mit einem Sensor mit 50MP echter Auflösung aus freier Hand ein deutlich besseres Resultat erzielt hätte.
Zu den Vorzügen von MFT-Kameras gehört die exzellente Bildstabilisierung. Auch schon mit einer E-M1 II (und ich vermute mit allen aktuellen Olympus-Modellen) lässt sich der Mond des Nachts mit einer entsprechend langen Brennweite gut und scharf abbilden. Doch als der erste Vollmond nach dem ich die E-M1X erhalten hatte aufging, interessierte mich, ob das auch im High-Res-Modus aus freier Hand klappt.
Die Abbildung oben zeigt das unbeschnittene Resultat mit 50MP, aufgenommen mit M.Zuiko 300mm und 1,4-fach-Telekonverter, 840mm KB, ƒ5.6, 1/1600s, ISO200. Die Abbildung unten zeigt den Zuschnitt auf den Mond. Die Aufnahme hat noch immer 8MP, was etwa einen praktisch hochauflösenden Ausdruck auf A4 erlaubt.
Nun ist im 1:1-Ausschnitt nicht zu übersehen, dass das Resultat nicht absolut scharf ist. Tatsächlich ist sie nicht besser, als bei einer Aufnahme, die im normalen Modus erstellt und dann auf die Auflösung des High-Res-Bildes hoch interpoliert wird. Das ist allerdings generell ein Problem hochauflösender Kameras: Je höher die Auflösung, desto eher macht sich die unvermeidliche Verwackelung des Freihandfotografierens im Resultat bemerkbar. Dennoch zeigt das Beispiel sehr schön, was bei Olympus mittlerweile technisch möglich ist – es spricht Bände über die Qualität von Olympus’ Sensorstabilisierung.
Um herauszufinden wie groß das praktische Potenzial des High-Res-Modus der kleinen MFT-Sensoren tatsächlich ist, werde ich noch einige Tests machen und Erfahrungen sammeln müssen, wobei es am Ende eher die Neugier ist, zu erfahren, was mein System theoretisch leisten könnte, ohne dass ich es praktisch tatsächlich bräuchte – in der Regel finde ich mit den 20MP der Kameras mein Auslangen.
Eine andere Eigenschaft, die die E-M1X neben dem Handheld-High-Res-Modus einzigartig macht, ist der Live-ND-Modus. Damit wird elektronisch die Wirkung eines ND-Filters simuliert, was auch unter Tags Langzeitbelichtungen möglich macht. Ich konnte bislang erst einmal kurz mit der Funktion experimentieren und habe dabei versehentlich nur ND3 statt des Maximalwerts ND5 eingestellt. Als Resultat bin ich bei ƒ11 und 1/8 Sekunde gelandet – ND5 hätte dementsprechend 1/2s ermöglicht und durch Abblenden auf ƒ22 wären 2s möglich geworden. Und wie immer gilt: Alles aus freier Hand!
Natürlich lässt sich mit einer wirklich hochauflösenden Kamera mit Stativ und präziser Arbeit mehr aus den Motiven herausholen. Allerdings wird der Unterschied erst wirklich relevant, wenn man bei der Ausgabe an die Grenzen geht. Demgegenüber erlaubt das System ein unkompliziertes Handling, eine Flexibilität und eine Leichtigkeit in der Fotografie, die man anderswo nicht findet. Nicht umsonst hört man dauernd Fotografen die von anderen Systemen auf MFT wechselten, sagen, dass sie eine Freude an der Fotografie wiederentdeckt haben, die sie davor so nicht mehr hatten.
Einmal mehr leistet Olympus auch Pionierarbeit durch die Integration künstlicher Intelligenz in eine Kamera, wobei die darauf basierende AI-Motivverfolgung von Flugzeugen, Zügen und Autos derzeit für mich nicht relevant sind, da diese Objekte nicht zu den für mich relevanten Motiven gehören. Ich hoffe aber, dass mit der Zeit auch Tiere zu den erkannten Objekten kommen.
Gut ist die Fokussierung schon jetzt. Die Abbildung unten zeigt eine Aufnahme eines hektischen Starenschwarms vor unruhigem Hintergrund. Keine leichte Aufgabe für ein AF-System. In wie fern allerdings die E-M1X der E-M1 II überlegen ist, vermag ich derzeit nicht zu sagen.
Fazit? Kurz und bündig: Die E-M1X mag eine spezielle Kamera sein, aber gerade das macht sie so attraktiv für mich, sie macht Spaß und ist für mich jeden Euro wert.