Oliver Klam ist Friseur und Comedian. Er hat ein Anekdotenbuch über den Alltag im Friseursalon geschrieben. Auf Kosten anderer kann man beim Lesen gut lachen – ich finde das nicht lustig.
Es ist zum Haare raufen: Der Friseur Oliver Klam macht sich in seinem Anekdoten-Buch aus dem Friseursalon über Kunden lustig. Natürlich tritt der Autor im Buch im Schutz des Künstlernamens René auf. Und wahrscheinlich sind auch nicht alle Episoden real, sondern Satire. Die Art von Humor erreicht mich trotzdem nicht – Lachen über die eigene Kundschaft...
Als Kind mochte ich Pleiten, Pech und Pannen dem dem bieder-verschmitzten Moderator Max Schautzer. Heute sind unzählige Youtube-Kanäle mit Fail-Videos gefüllt, die peinliche, schmerzhafte und immer häufiger auch tödliche Missgeschicke zeigen. Ist Schadenfreude wirklich die schönste Freude? Sind die Irrtümer anderer wirklich Unterhaltung? Als ich Oliver Klams Buch zu lesen begonnen habe, habe ich oft geschmunzelt, manchmal auch gelacht. Wie kommt man nur dazu, Haar-Tinktur zu trinken, anstatt sie einzumassieren? Und auch die unbeholfene Art des zerstreuten Professors, der sich mit einem Heidegger-Buch entschuldigt, hat mich irgendwie belustigt. Immer öfter habe ich mich allerdings gefragt, was es an den Anekdoten aus dem Friseursalon eigentlich zu lachen gibt. Was ist witzig am Genickbruch des Ehemanns einer Kundin – auch wenn sie die Marder aus der Hölle dafür verantwortlich macht, die das Bremskabel genüsslich angeknabbert haben? Was haben Drogenprobleme von Jugendlichen in einem angeblichen Comedy-Buch verloren? Und warum überhaupt muss man die Alltagsängste und -nöte von Menschen, die sich anvertrauen, so ins Lächerliche ziehen?
Beim ersten Lesen habe ich mich köstlich amüsiert. Beim Nachdenken habe ich mich allerdings auf peinliche Weise dabei ertappt gefühlt, diese Form von Humor gut zu finden. Ich will ihn nicht gut finden. Oliver Klam mag ein ausgezeichneter Friseur sein. Er ist auch ein guter Erzähler, der die Stilform der Anekdote beherrscht. Trotzdem bin ich skeptisch, ob es der richtige Ansatz ist, seine Kundschaft – real oder fiktiv – bloß zu stellen.