Oje, bald ist wieder Muttertag

Über den Tag meiner Geburt zu schreiben brachte mich, ähnlich wie mein ernster Beitrag über meine Kindheit, emotional wieder näher an mein Elternhaus, an meine Mutter.

Ich habe sie vor einigen Jahren zum letzten Mal gesprochen.

Oje, bald ist wieder Muttertag

Ich freue mich natürlich auf den Sonntag mit meinen Kindern und mit Mr. Essential, na klar.

Muttertag bedeutet immer auch, dass ich an meine eigene Mutter denke.

Oft frage ich mich, ob sie eigentlich dann auch an mich denkt – an mich und ihre Enkelkinder, von denen sie eines gar nicht kennt. Vielleicht nicht einmal weiß, dass es ihn gibt.

Ich glaube, sie hat viele Mechanismen, mich und alles Geschehene zu verdrängen, um sich selbst irgendwie zu schützen. Daher wird sie vermutlich nicht an mich denken oder wegen unseres Bruchs trauern. Ihre Fähigkeit zu lieben ist so stark eingeschränkt, dass ich es mir nicht anders vorstellen kann. Natürlich wünsche ich mir, es wäre anders und sie hätte wenigstens versucht, etwas zwischen uns zu klären. Aber dem war nicht so. Ich glaube, sie fürchtet eine Begegnung mit mir und dem, womit ich sie konfrontieren könnte. Nämlich mit sich selbst.

Ich aber trauere. Und ich musste mich dazu durchringen. Ich hatte das Gefühl, nicht trauern zu wollen. Ich wollte nicht, dass sie noch mehr Einfluss auf meine Gefühle hat, als es eh schon immer der Fall war.

Ich erinnere mich daran, wie sie früher meine Handgriffe, meine Blicke, meine Verhaltensweisen, ja, sogar meine Art zu atmen und zu gehen kommentierte. Immer mit einem verkniffenen, unehrlich-verdrehtem Gesichtsausdruck. Immer lächelnd oder grienend. Dahinter aber polterten Arroganz und Geringschätzung:

“Putzig, wie du gehst.”

Putzig – das hieß bescheuert/hässlich/doof. Es gab auch Frauen mit “putzigen Hintern” (zu dick) und Leute mit “putzigem Blick” (die sahen dann etwas minderbemittelt aus) und so weiter …

“Wieso atmest du so laut?”

Ja, wieso habe ich das getan? Ich vermute, ich hatte eine Bronchitis. Oder jemand nahm mir die Luft zum Atmen^^?

“Schrecklich, wie du singst. das klingt so furchtbar und so eingebildet. Ganz furchtbar.”

Natürlich konnte sie auch loben. Sogar meinen Gesang. Aber eben nur nach Laune.

Es gab keine Objektivität, keine Selbstreflexion. Nur Gefühle. Und die schwirrten und surrten und wirbelten in ihr herum. Und leider wurden sie pausenlos ungebremst geäußert. Dieses Anti-Vorbild brachte mich wohl dazu, so krampfhaft rational zu sein und meine Gefühle erst einmal sorgfältig zu scannen, ehe ich den Mund aufmache.

Meine erste Bezugsperson, die mich innerhalb der engen Zwangssymbiose nicht mal in den Kindergarten gehen ließ, war völlig verdreht. Und da lebt der Mensch nach Vorbild – ganz schlecht.

Ich habe es jedoch in jahrelanger Mission geschafft, so viel von mir zu erhalten und auch freizuschaufeln, dass meine Gefühle nicht herumwirbelten. Darüber bin ich sehr froh und dafür empfinde ich Dank.

Und die Trauer?

Ja, die ist da und ich musste es vor mir zugeben. Ich habe keine Mutter, die ich anrufen kann. Keine Mutter, die mich sehen möchte. Keine Mutter, die sich für Schwangerschaften, Geburten, Zeugnisnoten, erste Zähnchen, Krankheiten oder gemeinsame Ausflüge interessiert.

Niemand Mütterliches da.

Die Pyramide

Irgendwie ist es doch so, dass man als junger Mensch meist Eltern und Großeltern hat. Oft sogar noch Urgroßeltern.

Dann sterben langsam alle “von oben” aus der Alterspyramide weg. Zuerst die Urgroßeltern und dann die Großeltern. Man selbst wird immer erwachsener, weil man ja “nachrückt”. Aber über einem ist so lange jemand, der einen schützt und (unter-)stützt. Da war bei mir nie jemand. Ich wurde nicht beschützt. Mein Vater war stets herrlich desinteressiert (wusste nicht mal, an welcher Schule ich war oder meinen Geburtstag) und meine Mutter selbst viel zu ängstlich. Und zudem waren sie beide auf ihre Art Menschen, vor denen man mich hätte beschützen können oder müssen.

Ich war also immer oben an der Pyramide. Ja, ich hatte eine Oma mütterlicherseits. Diese war aber auch psychisch schwer krank (vermutlich durch Kriegserlebnisse) und früh im Altersheim weil alleine nicht lebensfähig. Auf die konzentrierte sich meine Mutter geradezu zwanghaft. Und dann gab es die Eltern meines Vaters. Eine Oma mit einem so unehrlichen und durchtriebenen Charakter, dass sie nur als schlechtes Beispiel herhielt oder eben, wenn mein Vater mich im Vergleich mit ihr beleidigen wollte. (Ein mal geflunkert: “Du bist wie die Oma Trauthilde!”) Und der Vater meines Vaters war mindestens geistesabwesend. Später aber wurde dann immer so ein Gewese gemacht, weil wohl irgendwann mal ein IQ-Test mit ihm gemacht worden war.

Meine Mutter klang immer wie ein billiges Orakel von Delphi, wenn sie sagte: “Aber ihr Kinder werdet das Ergebnis niemals erfahren. Niemals …”

Haben wir auch nicht. Ich nehme mal an, das Ergebnis war nicht so bei Albert Einstein, sondern eher so bei Küchenschabe. Jedenfalls war er nie wirklich ansprechbar. Ich glaube, ich habe ihn zusammengezählt höchstens zwanzig Sätze sagen hören, während ich ihn kannte.

Ich lebte also immer in der kühlen Höhenluft der Alterspyramidenspitze der Familie. Irgendwie waren sie alle untauglich. Das klingt hart und ich entschuldige mich auch dafür, aber so stellte es sich dar. Keine fähigen Eltern, Großeltern mit wenig Charakter und Verstand. Urgroßeltern tot. Die Höhenluft hat mir echt Schwindel verursacht. Einfach zu viel Verantwortung – schon von kleinauf.

Die unkündbare Beziehung

Ich selbst bezeichne sie bitter als Die Pest, diese unkündbare Beziehung, die man zu nahen Verwandten hat: Ich kann mir nicht aussuchen, wen ich liebe. Das ist wie die Crux mit der Willens(un-)freiheit, die Albert Einstein (da ist er ja schon zum zweiten Mal in diesem Post – ich mag den Knaben einfach) bereits durchdachte.

Ich würde gerne vergessen, dass ich Eltern habe. Hab’ ja als Kind eh immer geträumt, ich sei bei der Geburt vertauscht worden und eines Tages würde dieser Fehler korrigiert. Ein ganz offiziell aussehender Typ mit Aktentasche würde an der Tür stehen und das ganze Geschehnis mit pietätvoll gedämpfter Stimme aufklären. Klar, da kam nie jemand. Aber den Traum hatte ich lange.

Nun stehe ich da und der ruppige Wind des frühen In-der-Pyramide-hochgeschoben-Werdens weht eisig um mich. Ich bin für so viel verantwortlich und das so ziemlich alleine.

Neben meinen eigenen Themen rund um meine belastende Biographie, meiner jahrelangen Therapie (die seit einigen Jahren nur noch aus einem Terminchen alle paar Monate bestehen darf) sowie die Aufarbeitung aller aufkommenden Bilder/Gefühle. Und neben meinem Haus (das seit bald einem Jahr eine halbe Baustelle ist wegen des Wasserschadens, der im Schneckentempo reguliert wird), den vier Kindern und den mich meist echt nervenden Katzen bin ich ziemlich erschöpft.

Wie geht es mir mit all dem so im Alltag?

Klar, die Schilddrüsenüberfunktion zeigte die Erschöpfung, die Überbelastung. Aber meine Dauermüdigkeit tut das auch. Mein dauernd blubbernder Bauch, mein mit Luft gefüllter Magen, meine Rückenschmerzen – die sagen alle das Gleiche. Eine liebe Freundin sagte irgendwann mal so lakonisch: “Ach, ich hab oft Burnout-Symptome, aber was soll ich machen?”

Ja, was soll man machen?

Ich kenne das genau, was sie da beschreibt. Nur kommt es bei mir nicht zum Burnout und bei ihr auch nicht. Wir schaffen es, uns irgendwie auf dem Damm zu halten. Da gibt es Wehwehchen und ich bin auch seit über drei Wochen erkältet und so. Ja, ich spüre schon, dass Treppensteigen mit Nummer 4 auf dem Arm zu pochendem Herzen führt – so fühlen sich Erkältung und Dauerbelastung vermutlich an.

Oder nicht? Was, wenn ich nun doch etwas Schlimmes habe? Was, wenn ich nun irgendwie was Anderes habe, weil meine Seele findet, sie müsste sich noch etwas mehr über den Körper ausdrücken?

Oder: Was, wenn ich seit vielen Jahren fleißig somatisiere und hypochondere, weil es die einzige Art ist, wie ich mich um mich selbst kümmern kann?

Ja, dann ist das wohl so.

Und sollte geändert werden.

Lang – und mühsame Auswege

Seit der Morbus-Basedow-Geschichte habe ich bereits sehr viel verändert. Richtig viel. Und dennoch sagt mein nervöser Körper mir dauernd “Ändere etwas!” und mein Herz ruft pochend “Lass mich raus!” und beide nerven mich gewaltig. Ich fühle mich noch mehr unter Druck. Diesen Weg kann man nicht entlang rennen. Man muss das so richtig im Einklang mit sich machen. Geht nicht anders. Und das bekomme ich nicht wirklich gut hin.

Ich wurde nicht dazu erzogen, meine Gefühle einfach wahrzunehmen und zu akzeptieren. Sie wurden ja stets bewertet. Und nach dem Auszug aus dem Umfeld meiner Mutter in ein eigenes Leben habe ich diese Beurteilung brav weitergeführt. Ich kannte es ja nicht anders.

Wenn ich morgens aufstehe und mich “zermatscht” fühle, dann denke ich nicht “Oh, ich bin aber müde”, sondern: “Wieso bist du schon wieder müde? Ach, weil du gestern mit vier Kindern durch den Ikea gerannt bist und danach noch gefühlte hundert Ostereier gefärbt hast, während Nummer 4 knatschte? Davon ist man doch nicht müde! Du bist bestimmt krank. Du hast sicher etwas Verstecktes. Was mit Kreislauf und vermutlich was am Herzen!” Schöne Begrüßung, wenn man gerade senkrecht steht morgens früh, hm?

Tja, warum bin ich nur so nervös?

Nicht nur wegen solcher innerer Erlebnisse, sondern weil ein Mensch mit meinem Hintergrund dauernd auf der Hut ist. Irgendwie bleibt das Angstzentrum im Gehirn überaktiv.

Wie ein Höhlenmensch im Wald duckt man sich vorsorglich und bleibt in jeder Faser angespannt. “Irgendwann kommt der Säbelzahntiger, ganz sicher!” Ich weiß nun nicht, ob jeder Höhlenmensch in seinem Leben einen Säbelzahntiger sah – dazu weiß ich zu wenig über Paläontologie und Tigerpopulationen. Aber ich bin sicher, dass jeder von ihnen angespannt war, wenn er durch den Wald latschte. Und vor allem, wenn er dies allein tat.

Es ist ein ähnliches Gefühl, wie wenn man als Kind heimlich Kekse aus der Vorratskammer stibietzt (hab ich natürlich nie getan, was wäre meine arme Mutter enttäuscht gewesen – nein, vor derlei Gefühlen beschützte ich sie stets in vorauseilendem Gehorsam) und man ist so nervös, weil man erwischt werden könnte. So ist das bei mir, vor allem in stressigen Lebensphasen, dauerhaft. Ich zucke zusammen, wenn etwas hinfällt und knurre innerlich sehr schnell, wenn ich etwas Fummeliges mache, das nicht gelingen will.

Die Außenwelt

Mr. Essential ist manchmal genervt, wenn ich ihn zum tausendsten Mal etwas frage, das mir Sicherheit geben soll. Ist eh nur eine Scheinsicherheit, aber gut. Ich frage dann: “Ist es normal, dass man sein Herz im Hals spürt, wenn man sitzt, nachdem man vorher kurz etwas Anstrengendes gemacht hat? Ist das bei Erkältungen so? Oder könnte etwas nicht mit mir in Ordnung sein?”

ich gönne mir solche Fragen selten, weil ich a) nicht zu sehr mit meinem Sch*** nerven will und weil ich b) sehr viel Scham für meine “Seltsamkeit” empfinde. Und wenn ich es dann tue, dann ist da die Gefahr, mir die Sicherheit öfter von außen zu holen. Und dann ist da schnell so ein Altersheim-Flair, in dem es zu oft um Zipperlein geht – ganz ätzend.

Ich versuche also, meine Ängste fernzuhalten von meiner Familie. Ich gehe durch meine Ängste durch und zeige dies auch unseren Kindern. Sie tun es mir nach, wenn sie es schaffen und möchten.

Ansonsten zeige ich ihnen kaum mal Tränen, keine Wutanfälle und schreie nicht herum. Ich leide so still vor mich hin, glaube ich, wenn ich selber lese, wie ich mich hier beschreibe.

Neulich habe ich den Kindern von meinen Ängsten und meiner Kindheit ein wenig erzählt. So ganz sachlich. Ich habe gespürt, der Zeitpunkt ist da. Sie wollten eh schon immer mehr über mich wissen und warteten seit Jahren darauf.

Habe erzählt vom Leben mit meiner Mutter (einiges wussten sie natürlich schon, aber ich habe noch ein wenig mehr “preisgegeben”) und von Panikattacken und Ängsten. Ich habe ihnen ganz langsam gezeigt, dass ich kein marmornes Monument bin und kein unkaputtbarer Roboter. Dann ließ ich ihnen Zeit, das für sich zu sortieren.

Und es ist so anstrengend, keine Auszeit nehmen zu können, echt.

Nicht von meinem Alltag, nicht von mir selbst. Ich bin angespannt und fühle mich eigentlich so, dass ich mal Ruhe brauche. Stattdessen muss ich los, Nummer 4 von der Tagesmutter holen, Essen kochen und so weiter.

Da braucht mich dauernd jemand. Dabei brauche ich eigentlich auch dauernd jemanden.

Jemanden, den es nicht gibt. Also bin ich selbst der jemand. Und ich bin einfach schrecklich platt und keine gute Unterstützung für mich.

Powerfrau?

Ich krieg’ das trotzdem alles hin. Ich bin so eine von den Alles-Hingkriegerinnen. Die, die man immer als Powerfrauen bezeichnet. Eine selbstbewusste (öhö), energiegeladene (hüstel) Frau, die alles schafft.

Sie managt alles. Haus, diverse Kinder, Job und nimmt nach der Schwangerschaft formidabel ab – natürlich tut sie das. Sie legt Wert auf ihr Äußeres und darauf, dass alles stimmt.

Wenn man viele Kinder hat, dann hat man nämlich auch immer noch schnell den Komplex, nicht als die dazustehen, die aus einem Müsli-Öko-Bewusstsein oder Kindergeldgier oder anderen kruden Gründen einen gesteigerten Vermehrungstrieb zu haben scheint. Dann muss man extra glatt gebügelte Kinderklamotten haben und stets zu Elternabenden erscheinen und immer kooperativ mit Lehrern sein. Und extra viel hinbekommen. Sonst heißt es: “Ja, wat kriechste denn so viele, wennde dat nich packst, hä?”

Und das träfe einen doch nur, weil man sich das selber vorwirft – wie alles, das einen trifft.

Bisher gab es so einen Zwischenfall nie.

Ich werde nie in der Stadt komisch angeguckt, wenn ich mit meinem Luxuskinderwagen und auf meinen hochhackigen Schuhen in Begleitung meiner diversen Kindern herumstockere.

Ich lese, das kinderreiche Mütter das oft erleben. Kommentare oder Blicke. Ich nicht. Vielleicht, weil ich so viel Energie daran setze, zu zeigen, dass ich nichts und niemanden vernachlässige. Nicht mich, nicht die Kinder, nicht die arme steuerzahlende Gesellschaft. Keine Ahnung. Ich höre immer nur: “Wow, so viele Kinder und dabei so schlank. Wow, so viele Kinder und dabei noch einen Job. Wow, wow, wow.”

Nix wow. Das ist ein Knochenjob. Echt jetzt. Und der muss so ganz bestimmt gar nicht sein, so knochenlastig. Ich mache ihn dazu.

Neuanfang

Seit letztem Sommer (Schilddrüsendiagnose, you know?) habe ich nicht nur meine Ernährung umgestellt, sondern vieles in mir. Und sobald man etwas verändert, kommen ja die äußeren Widerstände. Auch mit denen lernte ich umzugehen.

Ich habe letztes Wochenende symbolhaft mit Mr. Essential unsere Abstellkammer (Kellerersatz) ausgeräumt und eine Menge weggeworfen. Nun sieht es da so ordentlich aus, als hätte Bree Van de Kamp (die neurotische Rothaarige der Desperate Housewives) dort gewütet. Und ich dachte mir: “Nicht beurteilen. Vielleicht darfst du das einfach genießen. Freud wäre stolz, dass du etwas so hochsymbolisches tust, wie einen Keller auszumisten. Das war richtig gut. Vielleicht darf ich einfach ein bisschen Bree sein, weil wir beide einen ähnlichen Hau weg haben. Vielleicht darf ich einfach mal sein, was und wer ich bin, Herrgott noch eins!” Oh, nicht fluchen und schon gar nicht mit Gott im Fluch, eieiei, schon wieder zu viel Gefühlsausbruch. Geht gar nicht:

Ich habe so viele Entwicklungsphasen verpasst, denke ich. Wann war ich denn je emotional überschäumend wie ein Teenie? Angstfrei wie die mit dem “jugendlichen Leichtsinn” und wann habe ich je verantwortungslos blau gemacht, statt zur Arbeit oder Ausbildung zu gehen? Wann habe ich allen Warnungen zum Trotz etwas völlig Törichtes gemacht und aus der anschließenden blutigen Nase gelernt?

Nie.

Es war immer alles ein Prozess zwischen vom Verstand klar beherrschten Gefühlen. Ja, die waren mal stärker und dann immer weniger im Vordergrund. Das schon. Aber mehr auch nicht.

Meine liebe Cathérine (die ich mit dem Best Mother Award bedachte), hat vor Jahren etwas sehr Treffendes gesagt (das kann sie eh ganz wunderbar…):

“Du bist ein Mensch voller unterdrückter Leidenschaften!”

Ja, phantastisch. Du hattest Recht, meine Liebe!

Und das bin ich immer noch.

Und ich weiß nicht, wie man es anders macht. Ich konnte es nie oder habe es vergessen.

Von Verantwortung erstickt

War eher so, dass ich ja als Kind irgendwie spürte, dass meine Mutter “unzurechnungsfähig” (nicht streng juristisch gemeint) war. Sie war mehr als das: Ich fürchtete mich vor ihr.

Ich muss doch immer Angst gehabt haben, sie könnte mir wieder etwas Böses und Widerliches antun. Eng mit jemandem zusammen zu leben, ja, abhängig von jemandem zu sein, der einem Widerliches antat – das ist wirklich eine Hausnummer. Und nein, da war ja keine rettende Oma oder so. Da war mal wieder niemand.

Endlich ausgezogen habe ich ausgeatmet. Ich habe mich natürlich nicht in Selbstliebe eingewickelt, aber ich genoss meine Freiheit. Natürlich hatte ich mir einen nervtötenden Job in einem gestreng geführten Hotelbetrieb gesucht. Damit ich weiterhin kleingemacht werden konnte. Aber in der Freizeit ging es mir gut.

Dann lernte ich Mr. Essential kennen und spürte, dass eine neue Phase im Leben begann.

Ich fand mich bald wieder in einem gestreng geführten in Familiensystem, in dem ich wieder kleingemacht wurde. Hüstel. Und ich bekam Kinder. Natürlich war ich aus Sicht meiner tollen, heiß ersehnten Ersatzfamilie eine miese Mutter. Ich machte tausend Fehler. Völlig unzulänglich, auch als Ehefrau. Ach, grande catastrophe!

Tja. Wir zogen irgendwann weiter weg und diese berüchtigten 90 Stufen weit nach oben (Altbauwohnung).

Da begannen die Panikattacken. Ja, genau da, wo ich kein enges, mich kleinmachendes System mehr in der Nähe hatte.

Und was sagt mein Therapeut dazu (gihihi, das klingt immer so genial klischeehaft, finde ich):

“Ihre Angst ist die Angst vor der Freiheit.”

Die Angst vor der Freiheit

Und das leitet mich zum Schluss meines langen, persönlichen Posts hier:

Ich las mal vor vielen Jahren, so mit 17 oder 18 ein berühmt-berüchtigtes Buch. Ein Standardwerk des weiblichen Masochismus, so würde ich es mal nennen. Simone de Beauvoir schüttelte sich bestimmt. Oder stimmte zu? Ach, das hier ist ja keine Feminismus-Debatte.

Jedenfalls beginnt das Buch mit einer Geschichte. Und die habe ich seit Längerem im Kopf. Und ich verabscheue sie innerlich irgendwie, weil sie so gut zu mir zu passen scheint:

Es geht darum, dass viele amerikanische Sklaven nach der offiziellen Befreiung einfach die Plantagen nicht verließen. Die Tore standen offen und sie blieben stehen, wo sie waren. Sie wagten keinen Schritt hinaus in die ungewisse Welt. Die Arbeit, die Demütigung, die Schläge – das kannten sie. Aber die Freiheit – die fürchteten sie.

Und so blieben viele als von diesem Zeitpunkt an bezahlte Arbeiter einfach dort, wo sie waren und taten das, was sie kannten.

Und das trifft mich im Kern.

Käfigtür offen, zitternder Vogel hockt auf der Stange.

Oh, bekommen Vögel nicht so superschnell einen Herzinfarkt? Argh! Schnell wieder Angst bekommen …



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