Ohne jeden Zweifel
Tom Rob Smith
Manhattan, 2013
978-3442546787
19,99 €
Daniel weiß nicht, was er glauben soll. Seine Mutter, die eigentlich mit seinem Vater auf einer Farm in Schweden lebt, sitzt vor ihm und erzählt vom Verschwinden einer jungen Frau. Aber sein Vater sagt, sie hätte Wahnvorstellungen und müsste in die Psychiatrie. Wem soll er glauben, wenn doch die Beweise in einer Tasche verborgen sind und sich so manches plausibel anhört?
Daniel ist für mich am Anfang ein alter, verwirrter Mensch, der noch nicht wirklich aus seiner Jugendzeit herausgebrochen ist. Dabei ist er noch gar nicht so alt, benimmt sich manchmal aber ähnlich wie seine Mutter. Er ist immer hin und her gerissen zwischen der Geschichte, die ihm erzählt wird und seinem Vater, der in kurzen Schlaglichtern auf das Geschehen einwirkt.
Seine Mutter hat mir sehr gut gefallen. Sie wirkte nie sehr verrückt, also überzeichnet. Der Autor trug eigentlich nie zu dick auf, obwohl das Ende nicht ganz meinen Geschmack getroffen hat. Tilde ist eine ruhige Erzählerin, die sich gut überlegt, was sie wann erzählt.
Ich bin überrascht gewesen, wie klein eine Gesprächskulisse sein kann und das man mehr nicht braucht, viel wird in Rückblicken erzählt. Manchmal erinnert sich Daniel, oft aber seine Mutter, die ihr Leben vor ihm ausbreitet. Tom Rob Smith greift zu immer neuen Dingen, die Daniel tut oder sagt, damit seine Mutter weitererzählt.
Die Handlung basiert auf diesem Gespräch zwischen Mutter und Sohn. Von Außen wirkt sehr wenig auf das Geschehen ein. Ein paar Mal kommt ein Freund vorbei, der Vater ruft an – aber sonst konzentriert sich alles auf Tildes Geschichte. Ihr fast unaufgeregtes Erzähltempo war sehr angenehm. Sie hat mich oft verwirrt und ich wusste oft nicht, ob ihre Geschichte stimmt oder ob sie tatsächlich krank ist.
Die Geschichte selbst, um ein verschwundenes Mädchen, einen Mann, der im Dorf das Sagen hat und einen Selbstmord, verstrickt sich zum Ende hin immer mehr und ich hielt alles für möglich. Deswegen habe ich nicht erwartet, dass das Ende tatsächlich so ausfällt.
Nebenher gibt es noch einige Dinge, die sich mit Daniel beschäftigen. Dadurch bekommt der junge/alte Mann noch einige Ecken und Kanten. Ich mag es, wie er später einige Dinge selber in die Hand nimmt. Seine Ruhe während die Mutter erzählt, hilft ihr und trotzdem erfährt der Leser immer wieder, was Daniel denkt und fühlt.
Ich darf es euch nicht verraten, aber mir hätte ein anderes Ende besser gefallen. Eines, dass etwas sanfter für alle beteiligten ausfällt. Das hört sich jetzt sehr seltsam an, aber vielleicht könnt ihr es verstehen, wenn ihr den Thriller gelesen habt.
Ich bin als Leser sehr zufrieden, denn sie haben in etwa die Farben der Tom Rob Smith Bücher beibehalten. Weiß und Rot sind wieder dabei, ich freue mich, dass es zu den anderen Romanen passt.
Tom Rob Smith hat mich erst etwas enttäuscht zurückgelassen, als er beschloss, seinen Ermittler nicht mehr auf die Reise zu schicken. Erst fragte ich mich, ob “Ohne jeden Zweifel” etwas für mich wäre, aber dieses Psychogramm einer Frau, in dem Gespräch mit ihrem Sohn hat mich mitgerissen. Ein Thriller, der nicht alltäglich ist und hinter dem eine raffinierte Idee steckt.