Ihr Lieben,
heute Abend möchte ich Euch eine humorvolle Geschichte von Hermann Holthaus aus den 1960er Jahren erzählen, über die wir heute schmunzeln können, die uns aber auch sehr zum Nachdenken anregen kann:
„Aus dem Tagebuch eines Zweijährigen“
„Donnerstag, 8.10 Uhr: Ich habe Kölnisch Wasser auf den Teppich gespritzt. Riecht fein! Mama böse. Kölnisch Wasser ist verboten.
8.45 Uhr: Ich habe ein Feuerzeug in den Kaffee geworfen. Haue gekriegt.
9.00 Uhr: Ich bin in der Küche gewesen, bin rausgeflogen, Küche ist verboten.
9.15 Uhr: Bin in Papas Arbeitszimmer gewesen. Rausgeflogen. Arbeitszimmer auch verboten.9.30 Uhr: Schrankschlüssel abgezogen. Damit gespielt. Mama wusste nicht, wo er war. Ich auch nicht. Mama geschimpft.
10.00 Uhr: Rotstift gefunden, wunderschöne Farbe, habe damit Tapete bemalt. Ist verboten.
10.20 Uhr: Stricknadeln aus Strickzeug gezogen und krumm gebogen. Zweite Nadel in Sofa gesteckt. Stricknadeln sind verboten.11.00 Uhr: Sollte Milch trinken, wollte aber Wasser! Wutgebrüll ausgestoßen. Haue gekriegt.
11.10 Uhr: Hose nass gemacht. Haue gekriegt. Nassmachen ist verboten.
11.30 Uhr: Zigarette zerbrochen, Tabak drin, schmeckt nicht gut, Mama schimpft, Zigarette verboten. 11.45 Uhr: Tausendfüßler bis unter Mauer verfolgt. Dort Mauerassel gefunden. Sehr interessant, aber verboten.
12.15 Uhr: Dreck gegessen. Aparter Geschmack, aber verboten.
12.30 Uhr: Salat ausgespuckt. Nach meiner Meinung ungenießbar. Ausspucken strengstens verboten.13.15 Uhr: Mittagsruhe im Bett. Nicht geschlafen. Aufgestanden und auf Deckbett gesessen. Gefroren. Frieren ist verboten.
14.00 Uhr: Nachgedacht. Festgestellt, dass alles verboten ist. Wozu ist man überhaupt auf der Welt?
Ihr Lieben,
als Vater zweier Söhne weiß ich, wovon ich rede.
Kindererziehung ist eine ganz schwierige Sache und alle Eltern, die mit ihren Kindern die Kindheit, die Jugend und die Pubertät gut durchschifft haben, sollten sich glücklich preisen.
Denn, ob aus den Kindern etwas wird, hängt nicht nur von den Eltern und Großeltern ab, sondern auch zu einem großen Maße von den Freunden der Kinder und dem schulischen Umfeld.
Aber mir geht mit dieser Geschichte weniger darum, auf Einzelheiten der Erziehung einzugehen, sondern es geht mir vor allem darum, dass wir erkennen, wie wir unsere Kinder und unsere Enkelkinder am besten zu starken, selbstbewussten und glücklichen Erwachsenen heranreifen lassen können.
Eine letzte Gewähr, dass das gelingt, hat kein Mensch, aber unsere Chance, es zu schaffen, ist unendlich viel größer, wenn wir ein kleines Geheimnis des Umgangs mit Menschen beachten:Noch niemals wurde ein Mensch stark, selbstbewusst und glücklich,
dem alles verboten wurde.
Ein Mensch kann nur dann stark, selbstbewusst und glücklich werden, wenn drei Dinge gegeben sind:
Er braucht Eltern bzw. Großeltern, von denen er sich geliebt weiß
und die zu ihm stehen, mag das kommen, was da will.
Statt einem jungen Menschen Verbote zu erteilen,
ist es besser, ihm andere Freuden zu vermitteln.
Wenn ich möchte, dass mein Kind oder Enkelkind nicht so viel vor dem Computer oder Fernsehen sitzt, dann muss ich bereit sein, mit ihm etwas zu unternehmen, damit er etwas erlebt, über das er sich freuen kann.
Einem jungen Menschen hilft man am besten nach dem Motto von Maria Montessori:
„Hilf mir, es selbst zu tun.“
In meiner Jugend war ich ein glühender Anhänger des damaligen Präsidenten John F. Kennedy. Noch heute schmücken mehrere Fotos von ihm eine Wand in meinem Wohnzimmer.
Mein Lieblingsfoto von ihm ist dasjenige, das ihr hier seht:
www.welt.de
Diese Foto erregte damals Aufsehen. Der mächtigste Mann der Welt ließ seinen kleinen Sohn mitten in seinem Arbeitszimmer spielen, während wichtige Berater und Diplomaten, ja sogar Staatsmänner ihn besuchten.In einer Zeit wie den 1960er Jahren, in denen ein Kind vor allem still und artig zu sein hatte, möglichst so wenig aufzufallen hatte, als wäre es gar nicht vorhanden, und Verbote und Schläge ein beliebtes Mittel waren, um Kinder zu erziehen, war das Verhalten von Kennedy außergewöhnlich, ja in den Augen mancher Menschen sogar ungeheuerlich.
Es zeigt in aller Deutlichkeit, wie wichtig ihm sein Sohn war und welchen Stellenwert er in seinem Leben einnahm.
Ihr Lieben,
wenn Ihr leichter durch das Leben kommen wollt, wenn Ihr weniger Schwierigkeiten mit Euren Kindern und Enkelkindern und mit allen anderen Menschen haben wollt, dann versucht doch einmal, Eure Kinder und Enkelkinder und alle anderen Menschen weniger zu kritisieren und mehr zu ermutigen und zu motivieren.
„Liebe + Freude + Ermutigung = Diese Drei
und Deine Kinder und Enkelkinder sind im Leben voll dabei“
Ich grüße Euch herzlich aus dem abendlichen Bremen und wünsche Euch einen erholsamen Abend und eine gute Nacht
Euer fröhlicher Werner
Quelle: Karin Heringshausen