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Wer kennt ihn nicht, Vicco von Bühlows (1923 – 22. 8. 2011, alias Loriot) berühmten Satz, “die Ente bleibt draußen“, aus der Geschichte Zwei Herren im Bad. Das Loriot hierzulande zum kollektiven Gedächtnis gehört, kann man ohne jede Übertreibung behaupten und kaum ein Erwachsener, welcher bei den bisweilen abenteuerlichen Studienwünschen der Kinder nicht denkt, “da hab´ ich was Eigenes, da hab´ ich mein Jodeldiplom”. Und an dieser Stelle verspüre ich durchaus etwas Lust, hier im Blog einen kleinen Nachruf auf Vicco von Bühlow zu schreiben. Warum eigentlich nicht? Schließlich bin ich mit vielen Dingen so schrecklich spät dran und unsagbar langsam, daß ich damit fast schon wieder modern sein könnte. Aber im Grunde genommen geht es nicht um Loriot selber, sondern um das gelbe, quitschende Stückchen Plastik, welches irgendwie in direkter Verbindung zu ihm steht: “ich bade immer mit dieser Ente“.
Fast möchte ich “nicht mit mir rufen“, doch genau in diesem Moment wird mir die Unmöglichkeit einer Entchenbetrachtung ohne Loriot bewußt. “Sie lassen jetzt sofort die Ente zu Wasser.” Also gut, von mir aus. Schließlich gehört eine kleine, gelbe, quitschende Ente ins Bad, das weiß jedes Kind, und bei einigen Zeitgenossen wurde daraus eine Leidenschaft – eine Sammlung aus Leidenschaft. Entchen in allen Größen und Farben, verkleidet in Uniform und Arztkittel, als Maurer, Polizist, Schiedsrichter, Krankenschwester, Weihnachtsmann und natürlich auch als Kellnerin. Die Entchen stellen die logische Verbindung zum Alltäglichen her und verhohnepiepeln damit ihre Besitzer. Zum Glück nehmen die Deutschen sich nicht mehr so ernst und ein Entchen ist der Beweis für diese Theorie. Wer könnte da schon was dagegen sagen, wo doch selbst Loriot … ? Kein Wunder, daß es auch Politikerentchen gibt und mit Blick auf Wowereit und Merkel ist man fast geneigt zu sagen, nun haltet doch mal den Schnabel. Vielleicht als Ausdruck mangelnder Obrigkeitshörigkeit? So ist`s schon schön und gesamtdeutsch außerdem. Loriot einte mit seinem grenzübergreifenden Humor (Ödipussi startete 1988 in Ostberlin einige Stunden früher als im Westteil der Stadt) und dem Gespür für jene so charakteristischen Mentalitäten, über die zu lachen wir erst lernen mußten. Selbstironie, fast ein Fremdwort im Deutschland der 50er Jahre – satt, selbstzufrieden und zielgerichtet -, mußten wir erst lernen, im Laufe einer langen Behandlung. Nehmen wir mal ruhig Platz auf der grünen Couch des Herrn von Bühlow. Alle, die so praktisch und wertorientiert sind, die Baumärkte lieben und denen das Wort Bestädigkeit ein Gefühl von Heimat gibt – niemals daran zweifeln war die trügerische Devise einer ganzen Generation -, und die vorgeben, nur die notwendigsten Dinge für das Leben zu benötigen. Keinen Kitsch, keinen Schnickschnack, schnörkel- und kompromisslos, hart aber fair, zu anderen und sich selber. Wir kaufen nichts, was keinen Nutzen hat und ich sehe hier nur lauter Dinge, die man nicht zum Leben braucht, steht uns groß auf der Stirn geschrieben wenn wir ein Geschäft betreten. Was brauchen wir denn schon zum Leben und wir lassen uns doch von einem kaputten Fernseher nicht vorschreiben, wann wir ins Bett zu gehen haben. Ein kleines gelbes Quitscheentchen gilt als Hinweis für alle Gäste die unser Bad betreten und als Spiegel für uns selbst: Seht her, so ernst nehme ich das Leben nicht. So wird das Unnütze nützlich, wenn es nur niedlich genug ist. Das Entchen als Symbol und dabei nicht mal kitschig – keine Material- und Inhaltslügen (sichere Kriterien zur Bestimmung von Kitsch) – das Entchen ist was es ist. Teil dieser Geschichte, die uns an all diese Dinge erinnert. Mein Gott sind wir heut wieder witzig.
Quietsche-Entchen, nur mit Dir plantsche ich so gerne hier Quietsche-Entchen, ich hab Dich so furchtbar lieb.
(…)
Du willst? Dann los! Schön so? Krrchrchkrrrr Du, die Ohren müssen wir aber auch waschen – ach sooo richtig, Du hast ja gar keine Ohren, Entchen Krrchrchkrrrr Und was ist mit Deinem Bauch? Deinen Quietsche-Bauch müssen wir auch waschen! Du bist ja kitzelig!! Krrchrchkrrrrkrrchrchkrrrr
(…)
Jeden Tag wenn ich baden mag oder spritzen, seh ich auf meinem Lieblingsplatz meinen kleinen Schatz sitzen(pitsche pitsche patsch pitsch) Quietsche-Entchen, Du bist mein, und gehörst nur mir allein Quietsche-Entchen, ich habe Dich lieb Quietsche-Entchen, ich hab Dich so fuuuuurchtbar liiiiiieeeeeeb
Krrchrchkrrrr
Ernie als Vorbild für ungezügelte Badefreude, für Spiel und Spaß in der Wanne. Im Bad und unter der Dusche wird so manch gebremste Seele zum Operntenor und Ernie macht vor wie es geht. Einfach so, aus sich heraus und völlig ohne Grund. Ja, das geht und es ist auf jeden Fall komischer als jede Präsidiumssitzung eines Karnevalvereins – es ist sich nämlich selber genug und hier wird nicht aus Hohn und Spott gelacht, sondern aus Freude. Mit anderen zusammen lachen ist viel schwerer, als über einen anderen zu lachen. Letzteres hat bei uns Tradition (leider) und Ernie im Bad, zusammen mit seinem Quitsche-Entchen, erinnert uns genau daran. Vergessen sie das Entchen nicht!
1992 über Board gegangen, als ein Containerschiff einen Teil seiner Ladung verlor, und seitdem auf großer Reise rund um den Globus, was US-Amerikanische Forscher freute, weil sich Vorhersagen zu Meeresströmungen auf diese Weise leicht überprüfen lassen würden.
Der US-Ozeanograph Curtis Ebbesmeyer hat nach einem Anwendungsgebiet des Ozeanströmungs-Computermodells OSCURS (Ocean Surface CURrent Simulator), das gemeinsam mit dem NOAA-Forscher Jim Ingraham entwickelt wurde, gesucht. Seit dem Zeitpunkt des Unfalles am 10. Januar 1992 sind tausende der Entchen an den verschiedenen pazifischen Küsten angeschwemmt worden. Mithilfe von OSCURS ist es Ebbesmeyer gelungen, den Weg der kleinen Spielzeugtiere ziemlich genau vorherzusagen. Jedes Mal, wenn ein Fund gemeldet wird, scheint sich das Modell des Forschers zu bestätigen. In den vergangenen 15 Jahren sind die Spielzeugentchen in Indonesien, Australien und in Südamerika angeschwemmt worden. Im Sommer Ende Juli 2004 meldeten Dean Orbison und sein Sohn Tyler den Fund von 111 Plastiktieren in Sitka/Alaska. Nun soll die Reise der Plastiktiere allerdings bald zu einem Ende kommen. Allerdings sagen die Forscher noch eine Landung an den Stränden Großbritanniens voraus. (aus WELT ONLINE, vom 3. 7. 2007, Link zum Artikel)
So steht die Nützlichkeit des Quitsche-Entchen zum Ende dieses Artikels hier wohl hoffentlich außer Frage. Wir wünschen viel Spaß in der Wanne.