Der Nebel umwallte natürlich auch die "Wallfahrtskirche zum Gegeißelten Heiland auf der Wies", alias Wieskirche.
Meine regelmäßigen Leserinnen und Leser kennen sie bereits, aber diese Rokoko-Kirche ist schön genug, um sie sich öfter anzuschauen (hier habe ich Aufnahmen von beiden Trips zusammengefasst), und jeweils andere Details wahrzunehmen - wie z. B. dieses Monsterchen an der Kanzel:
In früheren Zeiten war die Kirche randvoll mit Votivgaben (Bildern, Skulpturen usw.) behängt (5.000 sollen es, glaube ich, gewesen sein). Die hat man irgendwann entfernt, aber in einem Seitengang links vom Chor hängen noch heute eine ganze Reihe. Beim Anblick dieses frommen Wunschgemäldes würde sicherlich jedem bayerischen Fremdenverkehrschef das Herz höher hüpfen: "Lieber Gott, in Bayern viele und schöne Sachen gelernt, hilf mir bitte, dass ich wiederkomme":
Viele Bilder und Skulpturen danke für die Errettung aus irgendeiner Not oder die Heilung von einer Krankheit oder glücklich überstandene Operationen. Insofern fällt das folgende Exvoto etwas aus der Reihe (meine Hervorhebung): "Danke für die Abwendung einer Operation".
Diese Darstellung interpretiere ich als besorgten Blick eines Vogels in das Gesicht eines Menschen, zu verbalisieren etwa in der Frage: "Der wird doch nicht etwa einen Vogel haben?":
Mit einem Vogel haben wir es auch hier zu tun; aber wenn Sie jetzt sagen "Ach ja, ein Schwan", dann werde ich Sie leider beim Papst zwecks Exkommunikation denunzieren müssen!
Ein Mirakel haben wir natürlich auch erlebt: High Noon in der Wieskirche. An diesem trüben November-Montag war die Kirche um 12 Uhr mittags absolut menschenleer. Wenn das kein Wunder ist!
Im Mittelpunkt der kultischen Verehrung steht eine Statue von Jesus Christus, angekettet an die Geißelsäule. Weil diese Statue weiland mal geweint hat (und viele Gläubige das geglaubt haben) konnte das Kloster Steingaden u. a. aus den Einnahmen der Wallfahrt in der Mitte des 18. Jahrhunderts von Domenikus (oder Dominikus) Zimmermann diese prächtige Kirche erbauen lassen (sehr ausführliche Informationen darüber auf der Webseite goruma.de).
Und weil die Figur so wichtig ist, habe ich sie hier gleich in drei (Zoom-)Aufnahmen aus unterschiedlichen Perspektiven abgebildet:
Jesses, wie die Zeit vergeht über der ganzen Knipserei!
Jetzt haben wir Hunger, also essen wir Krustenbraten. Zufrieden stellen wir am Ende fest: Über den Gasthof (das Gasthaus, Restaurant) Moser kann man nicht mosern - weder über die Qualität, noch über den Preis (7,80 € mit Knödeln). (Die Konkurrenz Schweiger, direkt vor der Kirche, bietet aber ebenfalls gutes und preiswertes Essen.)
Glücklicher Weise stellt der ebene Weg durch das Wiesfilz auch für Menschen mit gut gefüllten Mägen keine sportliche Herausforderung dar, also rein in die Sümpfe!
Der Zugang liegt für die Kirchenbesucher etwas versteckt und ist auf dem Platz vor dem Gasthof nicht ausgeschildert. Man geht den Weg vom Gasthaus Moser herunter (d. h. auf dem obigen Bild nach links), dann zwischen zwei Gebäuden hindurch und sieht links einen Durchgang durch einen Weidezaun (alternativ kann man auch hinter dem Gasthof laufen).
"Oh schaurig ist's, über's Moor zu gehn" - bei Nebel. Zu meiner Zeit lernten wir das suggestive Gedicht der westfälischen Dichterin Annette von Droste-Hülshoff noch in der Schule; heute ist das vermutlich nicht mehr der Fall. Nachlesen kann man es auf vielen Seiten im Internet, aber hier ist der Text sogar mit Moorfotos bebildert und mit Erklärungen des älteren Wortschatzes versehen.
Wir jedenfalls wollten uns ein wenig durchschauern lassen und wanderten also am vorigen Freitag ganz bewusst bei nebligem Wetter von der Wieskirche nach Steingaden.
Der längste Teil dieser Wanderung geht durch Wald (vgl. dieses Luftbild mit eingezeichnetem Wanderweg), auf dem sog. "Prälatenweg" (hier auf der Homepage der Wieskirche auf einer für Pilger eingestellten Karte zu erkennen). Der schönste Teil des Weges ist aber ein ein ganz kurzes Stück ziemlich am Anfang (von der Pilgerkirche her gesehen).
Man geht zunächst über eine Viehweide, dann ein kurzes Stück durch Wald und steht schließlich vor einem Bretterweg:
Dieser sogenannte "Brettlesweg" ermöglicht es, trockenen Fußes das Wiesfilz zu durchqueren, ein Hochmoor und Überrest jener Moore, die vor der Kultivierung des Landes im Mittelalter in dieser Gegend sehr viel zahlreicher und ausgedehnter gewesen sein müssen.
Einfühlsam beschrieben wird dieser Wegteil auf einer Webseite "Mystische Orte - Orte der Kraft in Deutschland und anderswo": "Im Wiesfilz – irdische Tiefen neben lichten Höhen"
Bei unserem Besuch sah der Sumpf anders aus als auf jenen Sonnenfotos, die man z. B. bei dem "augschburger" bewundern kann, bei "mike-on-air" oder auf gleich zwei Webseiten eines gewissen Willibald Schneider (hier ab Wieskirche, dort in der Gegenrichtung zur Kirche hin).
Ich lasse meine Nebelbilder für sich sprechen (mich erinnert das Gesamtbild der Vegetation an Aufnahmen, die ich von afrikanischen Savannenlandschaften gesehen habe):
Durch unsere Knipserei haben wir für die paar hundert Meter Brettersteg ziemlich lange gebraucht. Ich habe nicht auf die Uhr geschaut, aber es dürfte länger als eine Stunde gedauert haben, bis wir einigermaßen durchgefroren und vor allem mit eiskalten Fingern leicht bergauf in den Wald wanderten.
Dort gab es nicht mehr viel zu fotografieren; diesen Wegweiser für die im Wald zeitweise gemeinsam verlaufenden Wanderwege König-Ludwig-Weg und Prälatenweg habe ich nur zur Erinnerung geknipst. Jedenfalls ist er Weg gut ausgeschildert.
Es gibt auch eine alternative Route über den Ortsteil Hiebler; die gehen wir vielleicht ein andermal ab.
Textstand vom 13.11.2011