Wo ist nur die Zeit geblieben? Gerade noch waren die letzten Töne des Weihnachtskonzertes von 2008 verklungen und schon saßen wir wieder in der festlich geschmückten Aula des Marion-Dönhoff-Gymnasiums, um – wie jedes Jahr um diese Zeit – einen musikalischen Abend zu erleben, der uns auf die bevorstehenden Feiertage einstimmen sollte. Doch was war das? Der Abend – bzw. das Programmheft – war mit „Das etwas andere Weihnachtskonzert“ betitelt. Was sollten wir Zuschauer uns bloß darunter vorstellen?
Nun, die erste Änderung wurde bereits am Eingang zum Aula-Vorraum sichtbar – diesmal ging es nur gegen Bares hinein, die Eintrittskarte bestand aus einem Stempel in Sternform, passend zum Anlass.
Davon ließen sich die Besucher aber anscheinend nicht abschrecken – als es um zwanzig Uhr losging, war die Aula voll. Und mit „voll“ ist auch wirklich „voll“ gemeint. Nur dadurch, dass die Mehrheit der Künstler auf dem Fußboden saß oder an die Tische angelehnt stand, (die die gesamte Woche über als Schreibunterlage für die Vorabiklausuren des dritten Semesters dienten) fand überhaupt jeder einen Sitzplatz.
Das erste Ensemble des Abends war die Gruppe Five can Groove (wobei der Name nicht ganz zutreffend ist, da rund 20 Leute an diesem Projekt beteiligt sind) unter der Leitung von Frau Fürst, die uns „Afrikanische Impressionen“ vorspielten. Zunächst musste man wirklich ganz genau hinhören, um nichts zu verpassen, da de einzelnen Instrumente nacheinander mit ihren jeweiligen Stimmen einsetzten, bis schließlich ein komplexes Ganzes da war. Zwar ist es mir ein absolutes Rätsel, wie die Schüler/-innen es schafften, bei all den unterschiedlichen Rhythmen nicht durcheinander zu kommen und den eigenen Rhythmus kontinuierlich beizubehalten, doch irgendwie schafften sie es und als der letzte Ton verklungen war (genau so wie die Stimmen aufeinander aufgebaut hatten, hörten sie auch nacheinander wieder auf), wurden sie mit wirklich verdientem Applaus der der Bühne entlassen.
Als nächstes war der erste Chor des Abends an der Reihe – Shout!, die einen Song von Michael Jackson sangen: „Heal the World“. Die Besonderheit (zumindest eine der Besonderheiten – etwas von Michael Jackson erfolgreich zu singen, ist auch nicht selbstverständlich) bestand darin dass es bei diesem Song insgesamt drei Solisten gab, die die Strophen unter sich aufgeteilt hatten und lediglich den Refrain gemeinsam mit dem restlichen Chor (insgesamt ungefähr 30 Jugendliche) sangen. Gerade dafür, dass sie noch so jung waren, war das Ergebnis ihrer Arbeit absolut beeindruckend – winzige Unsicherheiten zu Beginn waren schnell überwunden und das Lied wurde mit erstaunlicher Bühnenpräsenz und Sicherheit zu Ende gebracht.
Der zweite Song des Abends hieß „What If No One Cared“ und war ebenfalls maßgeblich von Solisten geprägt, diesmal zwei an der Zahl. Noch heute graust mir davor, dass der erste Solist jederzeit in den Stimmbruch kommen kann (und auch bald wird), weil er in diesem Lied so beeindruckend hoch (und sicher!) sang, dass sich die eine oder andere Sopranistin fast noch eine Scheibe von ihm abschneiden konnte. Doch auch die Solistin, die auf ihn folgte, hatte eine beeindruckende Stimme, die sie auch gen Ende des Stückes noch einmal unter Beweis stellen konnte. Rundum ein absolut gelungener Auftritt mit weise gewählten Solisten!
Kaum waren die Chorsänger/-innen von der Bühne abgetreten, trat ehrfürchtige Stille ein, sobald der Scheinwerfer auf das Rednerpult gerichtet wurde, an dem jetzt Frau Pfohl stand, das Quasi-Urgestein des Weihnachtskonzertes. Diesmal hatte sie die Geschichte „Wer glaubt noch an den Weihnachtsmann“ im Gepäck, die davon handelt, dass der Weihnachtsmann kurz vor Heiligabend traurig mit seinen (leicht beschwipsten) Rentieren darüber spricht, dass keiner mehr an ihn glauben würde und sein gesamtes Selbstvertrauen verloren zu haben scheint. Die Rentiere versuchen, ihm vom Gegenteil zu überzeugen, ihre Bemühungen sind aber leider zunächst nicht von Erfolg gekrönt. Am Ende ziehen die Rentiere dann auf eigene Faust los, um ein kleines Geschenk für den Weihnachtsmann von den Menschen zu erbetteln, um ihm damit zu zeigen, wie sehr er von diesen geliebt wird.
Kaum war man so richtig in diese melancholische Stimmung abgedriftet, wurde man rasch von den kleinen Krachern wieder in die rockige Realität zurückgeholt – die Band der fünften Klassen performte „Knocking On Heaven’s Door“ von Bob Dylan, was nicht unbedingt der erste Song wäre, der mir zum Thema „Weihnachten“ eingefallen wäre. Doch schließlich war es ja ein „etwas anderes Weihnachtskonzert“, womit hier nun wieder die Überschrift des Abends aufgegriffen wurde und ihre Existenzberechtigung durchaus überzeugend verteidigte. Rockige Klänge statt „Stille Nacht“, warum nicht?
Genauso untypisch für Weihnachten ging es nun mit der Band der 6. und 7. Klassen, den Schnippfischen, weiter, die die Hitballade „Who Knew“ von Pink spielten. Unterstützt wurden sie von zwei Special Guests aus den achten Klassen, die im Fast-Partnerlook die Gesangsparts des Songs übernahmen. Die beiden Mädels wirkten auf der Bühne schon wie echte Profis – natürlich hatten sie ja auch schon in den letzten Konzerten recht viel Bühnenerfahrung sammeln dürfen – und vervollständigten den Auftritt zu einer großen musikalischen Leistung.
Auf die von Gesang dominierten Auftritte folgte nun eine rein instrumentale Performance des Oberstufen-Musikkurses, der sich in der letzten Zeit mit Mauricio Kagel beschäftigt hatte und nun seine Ergebnisse anhand eines Marsches aus „10 Märsche um den Sieg zu verfehlen“ präsentierte. Doch bevor es mit diesem Marsch losging, erwartete die gespannten Zuschauer eine Weltpremiere – zwei der Schüler hatten selber einen Marsch arrangiert, der aus verschiedenen Elementen am Klavier, unter anderem selbst komponierten Tonabfolgen wie B-A-C-H oder Fis-C-H, die sie bereits im Vorjahr im Rahmen eines weiteren Musikprojektes verwendet hatten, bestand und beim Publikum großen Beifall auslöste (vollkommen zurecht).
Nun ging es aber wirklich los mit dem Kagel-Marsch, der wiederum in zwei Abschnitte eingeteilt war: im ersten wurde eine Rede vorgelesen, was zwar einfach klingt, aber nicht einfach umzusetzen ist, wen man sich näher mit dem Text auseinandersetzt, der aus vielen ähnlichen Lautabfolgen und Wiederholungen bestand und somit ein Paradies für Versprecher oder verbale Stolpersteine darstellte, und im zweiten dann dazu gespielt. Die große Vielfalt von Instrumenten, die im Rahmen dieses durchaus anspruchsvollen Marsches zum Zuge kamen, ließ nur ansatzweise darauf schließen, wie viel Arbeit wohl im Voraus von Kursleiterin Frau Carbow und den Schülern in dieses Projekt gesteckt worden war.
Der nächste Programmpunkt hieß PAUSE. Doch diese schien äußerst kurz, da man gefühlte Stunden dafür einplanen musste, vom völlig überfüllten Aularaum in den noch überfüllteren Aulavorraum zu gelangen, um eventuell ein Getränk zu kaufen, zumal man diese Strecke ja nochmal auf dem Rückweg bewältigen musste. Aber natürlich wollte auch jeder wissen, wie es denn jetzt noch weitergehen würde (und ob es jetzt noch besser werden konnte).
Wie schon am Anfang des Abends war auch jetzt wieder eine Trommelgruppe an der Reihe, Drums&Moves.; Sie spielten das Stück „Kpanlogo“, arrangiert von Frau Fürst, das ein weiteres Mal die rhythmischen Fähigkeiten unserer Schüler unter Beweis stellte. Das Stück war in mehrere Abschnitte unterteilt, die jeweils von einzelnen „Percussiongrüppchen“, wenn man diese denn so nennen kann, dominiert wurden, bevor sie dann wieder als Ganzes zusammenspielten. Es kann einfach nicht oft genug gesagt werden – was diese Schüler leisten, ist absolut beeindruckend!
Nach diesem rein instrumentalen Intermezzo kamen auch jetzt wieder mehrere Bands hintereinander, zuerst Last Try, die den wohl bekanntesten Song von Green Day performten, den diese veröffentlicht haben – Boulevard of Broken Dreams. Und obwohl der Song ursprünglich von einem Mann gesungen wird, so zeigte diese Band, dass er auch mit einer Sängerin wirklich gut klingen kann. Anders, aber gut.
Nun folgten die beiden Bands Brandt New, mit den Sängerinnen, die vorhin bei der Unterstufenband „ausgeholfen“ hatten, und anschließend die Dönuts, die einen aktuellen Song – „Gives You Hell“ von den All American Rejects – und einen selbst geschriebenen Song – „Northern Boy“ – spielten. Beide Bands bestachen durch ihre anspruchsvolle Instrumentalbegleitung und ihre guten Sängerinnen, sowie durch das Zusammenspiel dieser beiden Komponenten.
Auf dem Programmzettel neigte sich der Abend nun langsam dem Ende zu, doch Schluss war noch lange nicht. Im Gegenteil, nach ganz kurzer Umbaupause betrat die Oberstufenband Paranoise die Bühne, im Gepäck einen Hit der Red Hot Chili Peppers – „Californication“. Jeder einzelne der überwiegend männlichen Besatzung war hochkonzentriert und somit lieferten sie einen tollen Abschluss der Bandauftritte des Abends, der nicht nur auf das ungewöhnliche Outfit des Sängers – ein Bademantel – zurückzuführen war, sondern vor allem auf die künstlerische Leistung.
Jetzt kam der letzte Act des Abends, ebenfalls ein alter Bekannter auf den Weihnachtskonzerten – die Götterfunken, mit mehr Mitgliedern als je zuvor. Ihr erster Song war die wunderschöne Ballade „Wo ist Zuhause“ der Hamburger Singer/Songwriterin Regy Clasen, gesungen mit der Solistenbesetzung vom Freundschaft-macht-Schule-Konzert, das drei Wochen zuvor stattgefunden hatte. Der große Applaus am Ende des Songs war vollkommen berechtigt, waren doch die Emotionen, die durch die Sänger und Sängerinnen vermittelt wurden, denen, die man beim Original verspürt, sehr ähnlich, so dass man dann auch einen kleinen Augenblick brauchte, um aus dem Lied wieder in die Gegenwart zurückzukehren und um die nachdenkliche Stimmung wieder zu vertreiben. Dann aber waren wir bereit für den nächsten Song.
Doch was war das? Ein Weihnachtslied? Das Programm verkündete „Vom Himmel Hoch“ als nächsten Song des Chores, der wohl erste Song des Abends, der rein thematisch passte. Doch wer dachte, dass es jetzt ruhig und besinnlich liegen würde, lag völlig falsch. Aufgebaut auf einer spontanen Trommelbegleitung und einem immer wiederkehrenden „Hmmba A-Je-O“ in den einzelnen Strophen, war dieses Lied eine funkige Version des Originals, die auch beim Weihnachtskonzert 2008 schon großen Anklang gefunden hatte. Der Spaß, den die Schüler bei diesem Song hatten – und den hat man, wenn man in so einer großen Gruppe singt und sich in die richtige Stimmung hineinfühlt, ich spreche aus Erfahrung! – wurde perfekt an die Zuschauer übertragen, so dass der eine oder andere kurz davor stand, leise mitzusingen oder wenigstens im Takt mitzuwippen.
Der dritte Song des Chores war das altbekannte „Tochter Zion“, ebenfalls in einer funkigen Version, das mindestens ebenso viel gute Laune machte wie sein Vorgänger.
Als letztes Lied, mit dem die Zuschauer in die Dunkelheit und die Weihnachtszeit entlassen wurden, stand nun „Alle Jahre Wieder“ an, das im Vergleich zu den vorherigen Liedern noch recht traditionell geblieben war, so dass das Publikum beim zweiten Durchlauf auch mitsingen konnte (der Text war zur Sicherheit auf die Rückseite des Programmzettels gedruckt worden), während das eine oder andere Teelicht und/oder Feuerzeug geschwenkt wurde. Ein perfekter Abschluss eines wunderbaren Abends voller Musik, der –wie ja der Name schon versprach – alles andere als normal war, aber trotzdem wirklich schön. Und der definitiv Lust auf mehr macht.
Zwar ist die Weihnachtszeit jetzt schon wieder vorüber, aber bald ist es ja schon wieder so weit und dann wird auch das nächste Weihnachtskonzert kommen. Wir dürfen gespannt sein, was sich die musikalischen Leiter dann einfallen lassen, aber bis dahin schwelgen wir in Erinnerungen und freuen uns auf das nächste Mal. Und das es eines geben wird, ist klar – Alle Jahre wieder…
Am Schluss einen großen Dank an die gesamte musikalische Leitung für den wunderbaren Abend, auch wenn sie nicht einmal vollständig anwesend sein konnte – unsere Musixx-Dozenten sind so begehrt, dass Marcus Gnadt zum Zeitpunkt des Konzertes anderweitig unterwegs war. Zwar wurden keine Namen genannt, aber mein Tipp wäre das Anna Depenbusch & Regy Clasen – Doppelkonzert wenige Tage später in Dresden.
Insofern also ein großes Dankeschön an alle Musixx-Dozenten – unabhängig davon, ob sie anwesend waren oder nicht – und natürlich an Anneke Fürst und Kathrin Carbow für die Organisation (und Durchführung) dieses musikalischen Spektakels. Bis zum nächsten Mal!
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