Der EuGH hat entschieden, dass die Vergabe von öffentlichen Aufträgen von der Zahlung eines bestimmten Mindestlohnes des Auftragnehmers abhängig gemacht werden darf. Die Stadt Landau hatte die Vergabe von Postdienstleistungen ausgeschrieben. Bei der Ausschreibung wurde nominiert, dass nur Firmen bei der Ausschreibung berücksichtigt werden, die zu sichern eine bestimmten Mindestlohn (damals war die €8,70) zu zahlen. Eine Firma, die die entsprechende Erklärung, die Mindestlohn zu zahlen, nicht abgab, wurde vom Vergabeverfahren ausgeschlossen. Diese Firma klagte und das OLG Koblenz legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob diese Rechtsvorschriften des Landes Rheinland-Pfalz mit dem Unionsrecht vereinbar sind.
Der EuGH bejahte dies und entschied hier zu Gunsten der Stadt Landau.
Der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 17.11.2015- C 115/14 ) führte dazu aus:
Im vorliegenden Fall wurde RegioPost von der Beteiligung am Verfahren zur Vergabe des fraglichen öffentlichen Auftrags ausgeschlossen, nachdem sie sich geweigert hatte, ein ordnungsgemäßes, ihre schriftliche Erklärung, dass sie die Verpflichtung zur Zahlung des in § 3 Abs. 1 LTTG vorgesehenen Mindestentgelts einhalten werde, enthaltendes Angebot abzugeben.
Der Ausschluss von der Beteiligung an dieser Auftragsvergabe lässt sich indessen nicht als Sanktion qualifizieren. Er ist lediglich die Folge des Versäumnisses, dem Angebot die nach § 3 Abs. 1 LTTG erforderliche schriftliche Verpflichtungserklärung beizufügen. Dieses Erfordernis wird in äußerst transparenter Weise in der betreffenden Vergabebekanntmachung formuliert und soll die Bedeutung der Einhaltung einer durch Art. 26 der Richtlinie 2004/18 ausdrücklich zugelassenen zwingenden Bestimmung über ein Mindestmaß an Schutz von vornherein hervorheben.
Ebenso wie dieser Artikel dem Erfordernis der Abgabe einer schriftlichen Erklärung über die Einhaltung der genannten Bestimmung nicht entgegensteht, gestattet er daher auch einen solchen Ausschluss.
Die Bedeutung der Einhaltung dieser zwingenden Bestimmung über ein Mindestmaß an Schutz ergibt sich überdies explizit aus dem 34. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18; darin heißt es nämlich, dass die Mitgliedstaaten die Nichteinhaltung der im einschlägigen nationalen Recht vorgeschriebenen Verpflichtungen als schwere Verfehlung oder als Delikt betrachten können, das die berufliche Zuverlässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers in Frage stellt und dessen Ausschluss vom Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags zur Folge haben kann.
Im Übrigen ist der den Bietern und gegebenenfalls deren Nachunternehmern durch die Verpflichtung, eine Erklärung über die Einhaltung eines Mindestlohns wie die in § 3 Abs. 1 LTTG vorgesehene beizufügen, auferlegte Zwang zu vernachlässigen, zumal sie sich darauf beschränken können, vorbereitete Formulare auszufüllen.
Die Erforderlichkeit und Angemessenheit des Ausschlusses eines Wirtschaftsteilnehmers von der Beteiligung an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags, wie ihn § 3 Abs. 1 LTTG vorsieht, ergibt sich auch daraus, dass der Ausschluss, wie diese Bestimmung ausdrücklich vorsieht, nur dann erfolgen kann, wenn sich der betreffende Wirtschaftsteilnehmer, nachdem er zur Vervollständigung seines Angebots durch Beifügung der genannten Erklärung aufgefordert wurde, wie im Ausgangsverfahren weigert, der Aufforderung nachzukommen.
Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 26 der Richtlinie 2004/18 dahin auszulegen ist, dass er Rechtsvorschriften einer regionalen Einheit eines Mitgliedstaats wie den im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, die vorsehen, dass Bieter und deren Nachunternehmer von der Beteiligung an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossen werden, wenn sie sich weigern, sich durch eine schriftliche, ihrem Angebot beizufügende Erklärung zu verpflichten, den Beschäftigten, die zur Ausführung von Leistungen, die Gegenstand des öffentlichen Auftrags sind, eingesetzt werden sollen, einen in den betreffenden Rechtsvorschriften festgelegten Mindestlohn zu zahlen.
Rechtsanwalt Andreas Martin