OECD-Studie: Erhebliche Kluft zwischen Arm und Reich

6.12.2011 – Eine aktuelle Studie der OECD analysiert die Ungleichheit der Einkommen in den führenden Industrienationen. Die Untersuchung, die gestern unter dem Titel „Devided we stand“ veröffentlicht wurde, kommt zu dem Schluss, dass die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland seit 1990 deutlich stärker gewachsen ist als in den meisten anderen OECD-Ländern.

OECD-Studie: Erhebliche Kluft zwischen Arm und Reich

OECD-Generalsekretär Angel Gurria warnt davor, dass eine zunehmende Ungleichheit nicht nur die Wirtschaftskraft eines Landes schwächt sondern auch den sozialen Zusammenhalt gefährdet und politische Instabilität schafft.

Die Studie widerlegt die weit verbreitete Annahme, dass Wirtschaftswachstum automatisch allen Gruppen innerhalb der Bevölkerung gleichermaßen zugute kommt.

OECD-Studie: Erhebliche Kluft zwischen Arm und Reich

Sozialer Wandel seit 1990

Seit 1990 ist die Einkommensungleichheit in Deutschland erheblich gewachsen. Im Jahr 2008 verdienten die obersten 10 Prozent der Bezieher von Einkommen mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 57.300 Euro rund achtmal so viel, wie die untersten 10 Prozent, die es lediglich auf 7.400 Euro pro Jahr brachten. In den 1990er Jahren lag dieses Verhältnis noch bei sechs zu eins.

Seit 1990 stieg das verfügbare Haushaltseinkommen in Deutschland pro Jahr um 0,9 Prozent. In der untersten Einkommensklasse kamen hiervon allerdings lediglich 0,1 Prozent an, während die oberste Einkommensklasse von einer jährlichen Steigerung von 1,6 Prozent profitierte.

Die Haushaltseinkommen basieren zu 75 Prozent auf Löhnen und Gehältern. Alleine in den letzten 15 Jahren ist, bezogen auf die Vollzeitbeschäftigten, der Abstand zwischen den untersten und den obersten Einkommen um rund 20 Prozent gewachsen.

Darüber hinaus ist der Anteil der Teilzeitbeschäftigten seit 1984 um 11 Prozent auf 22 Prozent gestiegen. Während 1984 knapp drei Millionen Menschen in Teilzeit beschäftigt waren, sind es heute mehr als acht Millionen. Geringverdiener kamen vor 20 Jahren im Durchschnitt noch auf 1000 Arbeitsstunden pro Jahr. Heute sind es lediglich 900 Stunden.

Die bedenkliche Entwicklung wird durch den sozialen Wandel verstärkt. Während es auf der einen Seite immer mehr Single- und Alleinerzieher-Haushalte gibt, finden auf der anderen Seite immer mehr Paare in der gleichen Einkommensgruppe zueinander, so dass sich die Einkünfte dort potenzieren.

Bereits im Juli 2011 hatte die UNO das deutsche Sozialsystem hart kritisiert und hierbei vor allem auf die bedrohlich wachsende Kinderarmut hingewiesen. Der zuständige Ausschuss der Vereinten Nationen zeigte sich tief besorgt und bemängelte vor allem die Ungerechtigkeiten auf dem deutschen Arbeitsmarkt, im Gesundheits- und im Sozialwesen.

OECD-Studie: Erhebliche Kluft zwischen Arm und Reich

Notwendige Gegenmaßnahmen

Der Staat hat die Möglichkeit, die Einkommensunterschiede in der Bevölkerung durch Steuern und Transferleistungen zu reduzieren. In Deutschland wurde der entsprechende Umverteilungseffekt allerdings seit 2000 um vier Prozent reduziert. Zusätzlich wurde die Höhe von Unterstützungsleistungen im gleichen Zeitraum deutlich zurückgefahren.

Die OECD Studie empfiehlt verschiedene Maßnahmen, um den wachsenden Trend zu immer größerer Ungleichheit zu stoppen. Zum einen müssen Investitionen in hochwertigere Arbeitsplätze mit echten Entwicklungs- und Karrierechancen und eine bessere Bildung und Ausbildung getätigt werden. Zum anderen müssen Einkommenssteuern progressiver gestaltet, Steuererleichterungen für Besserverdiener abgeschafft und Steuern auf Vermögen und Grundbesitz eingeführt bzw. ausgebaut werden. Zusätzlich spielen staatliche Transferleistungen eine immer wichtigere Rolle, da sie die Verluste für Menschen mit niedrigem Einkommen ausgleichen.

Es ist beschämend, in welch geringem Ausmaß die bedenkliche Entwicklung durch die Politik wahr- und ernstgenommen wird. Wiederholte Untersuchungen und Warnungen von UNO und OECD verhallen unbeachtet.

Während Union und FDP weiterhin alles dafür tun, die soziale Lage in Deutschland einem möglichst wirtschaftsfreundlichen Klima unterzuordnen, fordert Altkanzler Gerhard Schröder unwidersprochen die Anerkennung und Würdigung seiner „Agenda 2010“, die eine der Hauptursachen für die derzeitige Situation bildet. Die Grünen stellen mittlerweile ausschließlich die Förderung der Öko-Eliten in den Mittelpunkt ihrer Programme und die PIRATEN erkennen zwar die Missstände in der Gesellschaft, trauen sich aber (noch) nicht, die Notwendigkeit zur Umverteilung deutlich zum Thema zu machen.

Als einzige politische Kraft in Deutschland setzt sich DIE LINKE konsequent für eine Umverteilung des Vermögens von Oben nach Unten ein, tritt gegen prekäre Arbeitsverhältnisse und die Abschaffung von Hartz IV an und zeichnet den Entwurf einer Gesellschaft, in der Mittel, Ressourcen und Chancen gerecht verteilt werden. Die von der OECD geforderten Maßnahmen finden sich bereits seit Jahren im Programm der Linkspartei.

Armut in Deutschland (Bundeszentrale für politische Bildung)

Programm der Partei DIE LINKE



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