Ode an die SMS

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Ich erinnere mich noch genau an meine erste SMS. Meine Freundin Nina hatte damals schon ein Handy, und zeigte mir begeistert, wie man Nachrichten vom einen aufs andere Handy schicken konnte. Also tigerte ich zu meiner Mutti und fragte sie nett, ob ich ihrs mal ausleihen dürfte. Sie hatte keine Ahnung, was auf sie zukommen würde uns sagte ja. Ab diesem Zeitpunkt schrieben Nina und ich uns SMS. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute. Ich meine mich zu erinnern, dass wir uns sogar SMS schickten, als wir uns gegenüber saßen. Wunderwerk Technik. Das Handy war ich nach der ersten Rechnung von 328 Mark und 56 Pfennigen schneller wieder los als ich kucken konnte. 1.200 SMS in einem Monat konnte Mutti nicht nachvollziehen. Wenn du heute zu jemand sagst “schick mir mal eine SMS” wirst du verständnislose Blicke ernten. Was soll das sein, dieses “SMS”? Eine SMS zu versenden ist heute in etwa so, als würde man eine Brieftaube losschicken. Macht doch keiner mehr.

What is App?

Der Durchschnittsmensch kommuniziert in der heutigen Zeit der Smartphones via WhatsApp. Macht ja auch Sinn – kostet nämlich nix. Zudem bietet WhatsApp den Vorteil der vollkommenen Überwachung. Ich möchte nicht wissen, wie viele Streits, Krisen und Beziehungsbrüche dieser Nachrichtendienst bereits ausgelöst hat. Ich erinnere mich an die Geschichte mit Andreas. Nach unserem Date sagte er mir noch, wie schön er es mit mir fand, und dann… ja dann begann das Warten auf den Haken. Hat er die Nachricht gelesen? Wenn ja: WANN hat er sie gelesen? Und warum verdammt nochmal antwortet er dann nicht? Wenn ich an Gespräche mit Freundinnen denke, fallen oft Sätze wie: “Ich habe ihm um 11:23 eine Nachricht geschickt. Seit dem war er siebzehnmal online, und hat meine Nachricht immer noch nicht beantwortet. So ein blödes Arschloch”. What is eigentlich App mit uns? Ich meine… spinnen wir denn? Und durch so einen Mist verrückt machen zu lassen? Auf einmal wird die genaue Artwortzeit ausschlaggebend dafür, ob und wie sehr uns der andere mag. Wir sitzen stundenlang vor unseren Handys, starren of das kleine Wort “online” und hoffen, dass es sich doch endlich in ein “schreibt…” verwandeln möge. Wenn das nicht passiert sind wir frustriert, und die Welt geht quasi unter. Der ein oder andere therapiert sich selber von dieser kaum in den Griff zu bekommenden Krankheit, und verbirgt seinen online-Status. So kann er auch den der anderen nicht mehr sehen und eine große Last fällt von seinen Schultern. Nun werden wir alle diesen Absatz nochmals lesen, und JEDER, dem das auch nur annähernd bekannt vorkommt sollte sich dringend darüber im Klaren werden, dass er nicht ganz dicht ist. Wir machen uns und unsere Beziehungen zu anderen Menschen abhängig von einem blöden Haken. Ich wiederhole: Ein Haken!

Gib mir ein S – gib mir ein M – gibt mir ein S

Als ich mir vor ein paar Wochen Tim’s Nummer von meiner Freundin besorgte, sagte sie folgendes: “Schick ihm lieber eine SMS. Der kann kein WhatsApp. Auf meine letzte Nachricht habe ich ganze drei Wochen später eine Antwort erhalten!”. Wie kann man das denn nicht können? Vollkommenes Unverständnis meinerseits. Die Vorteile dieser Tatsache bekomme ich sehr schnell geliefert. Ich schreibe Tim eine SMS, frage ihn, wie es ihm geht und wünsche ihm eine gute Nacht. Ob er es gelesen hat, weiß ich nicht. Und tatsächlich ist es mir auch vollkommen schnuppe. Ich mache mir nicht einen einzigen Mükrogedanken darüber, ob er nun nicht gleich zurückschreibt weil er keine Lust hat, oder weil er auf dem Klo ist, oder weil er sein Handy vom Balkon geschmissen hat. Ich schicke eine SMS und bin vollkommen entspannt. Ich habe keine Ahnung, on tim meine Nachricht gelesen hat, und seitdem noch diverse Male online war (und anderen Menschen geschrieben hat NUR MIR NICHT). Ich sag’s euch Leute: Das ist wahre Lebensfreude. Echt mal. Am nächsten Morgen sehe ich eine kleine eins am Briefchensymbol meines Handys und muss unwillkürlich grinsen, weil ich weiß, dass die Nachricht von ihm ist. Aufgeregt öffne ich sie und lese, wie er mir einen schönen Tag wünscht. Seine Nachricht umfasst tatsächlich mehr als drei Worte (denn viel zu schreiben haben wir uns mit WhatsApp auch irgendwie abgewöhnt) und enthält sogar eine gruß- und Abschiedsformel. Ich bin beeindruckt, das ist fast wie ein kleiner, digitaler Brief.

Die SMS hat mir einen Teil meiner Gelassenheit zurückgegeben, und dafür möchte ich ihr danken. danke SMS für keine haken. danke SMS für keinen online-Status. Danke SMS, dass du den Menschen das Gefühl gibst, sie könnten mehr als nur “na du” schreiben. Bleib so wie du bist liebe SMS, und lass dich nicht unterkriegen, weil die Menschen dich verschmähen. Du bist wunderbar, genauso wie du bist: Unkompliziert.

Macht euch frei! Schreibt SMS!

xoxo_Carrie_2

photo credit: andreskrey via photopin cc


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